Australien-Rundreise 2004
Montag 19. Januar 2004
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Packen am Morgen Murray River Chateau Yaldara Barossa Valley Weinfass
Degustation Ian William Light Internet-Bibliothek Ayers House Nostalgietram im Tram Rob

Man stelle sich vor, ich habe heute 7 1/2 Stunden geschlafen! Gestern habe ich mal zusammengezählt und bin auf total acht Stunden Schlaf gekommen, seit ich am Mittwoch abgereist bin und heute ist Montag. Ian hat gemeint, man müsse pro Stunde Zeitverschiebung einen Tag Jetlag rechnen. Na prost... dann sind das 10 Tage! Im Bus will und kann ich jedenfalls nicht schlafen, ich hätte immer das Gefühl, ich verpasse da etwas. Im Moment wären es ausgedehnte Weinberge. Auf unserem Programm steht der Besuch eines Weingutes im Barossa Valey. Es sind ursprünglich Deutsche Siedler, die dieses Tal "erobert" haben und es langsam in ein Weinparadies verwandelten. Man sieht das Deutsche hier manchmal sogar am speziellen Baustil der Häuser. Die geschichtlichen Hintergründe und das langsame Werden des Australischen Weins im vergangenen Jahrhundert wird uns in einem Video nähergebracht. Das Ziel unserer Exkursion ist im Hof des Chateau Yaldara. Mit Zinnen und Türmchen sieht dieses Weingut auch richtig aus wie ein Schloss. Von dort werden wir von einer netten Dame abgeholt, die uns nun durch den ganzen Betrieb führt. Angefangen bei den wunderschön geschnitzten Eichenfässern, dann geht's in ein anderes Lager, wo auch Wein in Eichenfässern lagert und die andern wissen jetzt alle über das Lagern des Weins in Fässern Bescheid. Wie lange diese im Einsatz sind, wer sie macht und sicher noch vieles andere mehr, was mir leider verborgen bleibt. Ich erfreue mich über die Fass- und Flaschenperspektiven und im Nu sind wir auch schon im Degustationsraum angelangt. Da geht's jetzt ans probieren von Schaumwein, weissen und roten Erzeugnissen dieser Gegend. Der Shiraz schmeckt mir sehr gut. Zum Schluss, als Dessert gibt's noch einen Schluck Port und Ian neben mir kommt ins Schwärmen. Er erzählt von den englischen Clubs (eben dort, wo ja die Frauen nichts zu suchen haben, wie ich nicht verkneifen kann, einzuwerfen). Da giesse man den Port in einen Laib Bluecheese und das trinke man dann. Er verdreht beim Wort Bluecheese förmlich die Augen und ich stelle mir das wieder mal so lebhaft vor, dass ich mir fest vornehme, das zuhause auszuprobieren. Also muss neben dem Shiraz auch noch eine so schöne schlanke, versiegelte Flasche Yaldarischer Port mitkommen (dabei habe ich letzten Monat eine ganze neue Flasche feinen Pousada Port bekommen.)
Lustig geht's weiter über Gawler und schon bald erreichen wir Adelaide. In der Peripherie scheinen sämtliche Autohändler von ganz Australien angesiedelt zu sein. Auch hier sind die mit bunten Wimpeln bekränzten Ausstellungsplätze in Mode.
Damit wir einen ersten Eindruck dieser Stadt erhalten, gibt's einen kurzen Fotostop beim Denkmals des Stadtgründers Light, wo man den besten Blick auf die Skyline der Stadt hat. Dann geht's als kleine private Sightseeing Tour hinein in die Hauptstrassen, vorbei an wichtigen und markanten Punkten, mit Hinweisen wo man die Endstation des Trams zum Strand findet, wo's die weltbeste Glacé gibt und wo man gratis im Internet surfen kann. Das ist für die Orientierung recht hilfreich, auch heute Nachmittag beim freien Ausgang, um das Hotel wieder besser zu finden.
Ja, wir haben für heute nämlich ein Hotel und können den Komfort einer käferfreien Dusche und einer funktionierenden Klimaanlage geniessen. Ein Problem hat nun Frances. Die Zimmerschlüssel sind vorbestellt und nach Namen eingeteilt. Da ich unter "share" figuriere, habe ich zusammen mit Kanada Hilda ein Zimmer. Falls ich auf ein Einzelzimmer bestehe, müsste ich und natürlich auch Hilda einen Aufpreis zahlen. Ich habe da jetzt kein Problem, wenn Hilda mich trotz eventuellem Schnarchen akzeptiert..... Sie besorgt sich jetzt einfach eine zweite Schlüsselkarte, dann ist jede unabhängig. Hilda möchte zuerst mal in der Laundry nachschauen, ob die Möglichkeit besteht, eine Trommel voll zu waschen. Doch andere waren schneller. Nur eine Maschine können wir für unsere Buntwäsche, die von uns beiden gerade eine Charge gibt, füllen. Für etwa drei Viertelstunden haben wir jetzt gerade Zeit, etwas zwischen die Zähne zu kriegen. Wir finden ein ansprechendes Lokal, wo wir uns bei Sandwich und Salat ein bisschen austauschen können. Hilda ist anfangs vierzig, Lehrerin und sie unterrichtet Primarschüler. Schade, dass ich mich nie recht getraue, auch Fragen zu stellen. Jetzt, wo ich den Bericht schreibe, weiss ich nämlich nicht genau, warum sie eine so lange Auszeit für ihren Australien Aufenthalt nehmen konnte, dass sie erst wieder mit dem neuen Schuljahr mit der Arbeit beginnen muss. Vielleicht hat sie es mir ja gesagt und ich habe es einfach nicht richtig verstanden. Dafür ist sie bereit, mich ins Internetkaffee mitzunehmen und erklärt mir in etwa, wie es dort so funktioniert. An einem fremden Compi bin ich nämlich noch nie gesessen, ausser am letzten Freitag im Hotel. Zuerst jedoch zurück zur Waschmaschine. Wir kommen gerade rechtzeitig um den Tumbler zu laden. Und Emma hat schon die Maschine wieder in Beschlag. Doch sie ist bereit, auch noch Hildas weisse Sachen mitzuwaschen. Ungeniert schmeisst sie am Schluss noch ihre dunkelblauen langen Hosen in die Maschine - zur Weisswäsche. Ob das gut kommt? Wieder haben wir eine knappe Stunde Zeit, um diesmal die Bibliothek aufzusuchen. In Bibliotheken ist surfen mancherorts gratis. Das merkt man auch, denn in dem grossen Computerraum, wo sicher 20 bis 25 Maschinen stehen, ist alles besetzt. Nicht alle sind gratis, hiefür sind zwei Maschinen reserviert und man muss den Platz nach zwanzig Minuten wieder räumen. Man kann sich auch einschreiben auf einen bestimmten Termin und dort bezahlt man dann einfach die Zeit, die man im Netz ist. Im ersten Stock hat es nochmals einen Raum, aber auch dort ist alles belegt. Um fünf Uhr könnten wir uns einschreiben, oder man wartet einfach bei den Gratismaschinen bis eine frei wird. Weil dort niemand in der Schlange wartet, entschliessen wir uns, es dort zu probieren und haben schon bald Erfolg. Ich habe mir ein Mail zurechtgelegt und aufgeschrieben, welches ich an neun Adressen gleichzeitig senden will. Nur scheitere ich da jetzt schon bei den Adressen. Muss ich jetzt ein Komma, einen Leerschlag oder ein Semikolon machen zwischen den einzelnen Adressen? Daheim macht's der Compi selber, weil ich die Adressen aus dem Adressbuch nehme und nicht mühsam eintöggeln muss. Also, bekommt halt nur Margrit eins mit einer Kopie an Marei. Dass in meiner Mailbox sechs Mails auf mich warten sehe ich schon, doch die getraue ich mich jetzt nicht zu öffnen. Nur schon, weil ich die Zeit fast aufbrauche, bis ich mein Mail geschrieben habe. Vielleicht habe ich das nächste mal mehr Mut. Es würde mich ja schon wunder nehmen. Ich weiss genau, dass es Geburtstagsgrüsse sind.
Inzwischen hat Hilda schon die zweite Maschine voll in den Tumbler gegeben. Die blauen Hosen waren doch nicht so gut und sie ist schon etwas enttäuscht über ihre nun nicht mehr ganz blütenweissen T-Shirts. Sie nützt die Wartezeit jetzt noch, um ihren Koffer umzupacken. Man bringt schon ein Durcheinander da hinein, wenn man jeden Tag ein- und auspacken muss. Zudem hat ihr eine Freundin zum Abschied noch ein Geschenk mitgegeben. Lieb ja schon, aber auch etwas voluminös und das muss jetzt auch einfach die ganze Reise mit dabei sein.
Meine Batterien sind in der Zwischenzeit wieder aufgeladen und auch ich probiere, in meiner Reisetasche mehr Platz zu schaffen - ein schwieriges Unterfangen. Jetzt sind nämlich dort noch zwei Flaschen, die gut gepolstert einfach ihren Platzanteil beanspruchen. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Alles wegen der Vorstellung von Portwein in einem Bluecheese! Ich nehme mir vor, dass jedenfalls der Shiraz nicht sehr viel älter werden soll. Geschüttelt wird der ja auch den ganzen Tag. Da Hilda noch auf ihre Wäsche wartet, mache ich mich schon mal allein auf die Socken, die Stadt zu erkunden. Es hat einen botanischen Garten, welcher mich für einen Besuch locken würde. Vorbei an Universität und Spital, kann ich auch ein Foto vom Ayers House machen, wo einst Henry Ayer, nach dem auch der Ayers Rock benannt wurde, gewohnt hat. Heute ist es ein Museum und Restaurant. Das Haus aus der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts erinnert einem fast eher an eine mehrstöckige viereckige Torte. Eine friedliche Ruhe empfängt mich im botanischen Garten. Zwei, drei Leute treffe ich dort an, jedoch ist das Glashaus mit dem tropischen Regenwald schon geschlossen. Vielleicht erlebe ich ja auf meiner Reise noch Regenwald. Ich habe jedenfalls so etwas im Programm gesehen. So erfreue ich mich eben vorerst an den schönen, grossen, fremdländischen Bäumen und Palmen und bin auch schon bald wieder draussen. Die Bundle Mall, die Einkaufsstrasse in der Fussgängerzone will ich noch inspizieren. Doch ich komme auch hier bereits zu spät, überall wird eben dicht gemacht. Es ist sechs Uhr, Feierabend.
Nachtessen ist heute auch individuell. Haben sie jetzt nicht gesagt, dass draussen am Strand viele gemütliche Beizlein zu finden seien? Man komme mit dem nostalgischen Tram dorthin. Vielleicht treffe ich dort noch jemanden von unserer Gruppe. Die Endstation finde ich dank der Informationstour gut und schon bald kommt das nächste Rütteltram angefahren. Das Billet kann man beim Schaffner lösen und los geht eine fast abenteuerliche Fahrt geradeaus, Richtung untergehende Sonne. Ich habe mir gedacht, dass diese Tramfahrt so eine Art Nostalgiegag sei, die einfach zu einem Besuch von Adelaide gehört. Zum Strand, das kann doch nicht so weit sein. Doch die alte Tante Schuggi fährt und rüttelt und pustet und bimmelt nun schon eine ganze Viertelstunde und noch immer ist kein Meer in Sicht. Endlich, nach fast einer halben Stunde habe ich's erlebt. Ich bin am Strand. Bei der Haltestelle eine Kirche, ein Denkmal für die ersten Siedler die hier gelandet sind, Hotelkästen und ein langer Pier. Gemütliche Beizlein? Wenn die diesen Hamburger- McDonald- und Pizza-take-away-Läden hier mit den paar Bistrotischchen auf dem Trottoir und dem Saulärm gemütlich sagen.... Ich irre einmal um den nächsten Block und gelange total ins Abseits. In der ersten Querstrasse gerade bei der Tramstation gibt's nicht Hamburger, sondern etwas Mexikanisches. Saulärm auch hier, aber schliesslich will ich etwas essen. Also setze ich mich halt hier inmitten pulsierendem Kommen und Gehen, eingequetscht von vorn und hinten, an ein Bistrotischchen und führe mir eine spicy bis hote gerollte mexikanische Spezialität zu Gemüte.
Noch scheint die Sonne mit ihren letzten goldenen Strahlen und dem Tram, welches ich Richtung Stadt nehmen will, entsteigen sie nun, die Kameraden, die ich vorher gebraucht hätte. Vielleicht enjoyen die sich mehr als ich. Na ja, sie sind auch noch jung und nicht schon sechzig!
Hilda kommt nicht sehr viel später heim als ich. Wir schwatzen noch eine kleine Runde, aber noch bevor sie wieder aus dem Badezimmer kommt, bin ich trotz des Lärms der Airconditon schon im Reich der Träume.

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