Montag, 7. Januar 2008

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Heute habe ich bis um 6 Uhr gut durchgeschlafen, aber beim Aufstehen schaut mich aus dem Spiegel etwas Komisches an. Rote Nase und Augendeckel und ein purpurnes Halsband.
Sogar das Morgenlicht scheint rötlich, aber ich will die Wolken über dem Sombrero nicht sehen, ich konzentriere mich aufs Blau. Der See draussen ist jetzt voll und spiegelt Häuser und Wald wider. Diese Örtlichkeit erinnert mich wieder stark an Sanibel Island in Florida. Sogar mit Kakerlake, welche beim Zusammenräumen aus dem zusammengefalteten Bettüberwurf huscht. In Florida war es meine erste, die ich gesehen habe, allerdings war diese tot.

Morgen in Tairua Adé Sombrero
Possum Waihi

Die Gegend, die wir zuerst durchfahren, könnte man hügelig nennen. Oder doch gebirgig? Die Hügel sind nämlich eher spitzig, so wie der Sombrero und nicht sehr hoch. Man sieht hier Waldrodungen, wo ganze Hügel kahlgeschlagen sind. Bewaldete und Weidehügel halten sich etwa die Stange. Vereinzelt sieht man hier auch die Jim Jims, welche ich von Australien kenne. Hier sagt man ihnen Cabbage Trees. Bald sieht man auch auf den ersten Plantagen Zitrusfrüchte durch das grüne Laub schimmern. Und immer wieder auf der Strasse plattgewalzte Possums. Da diese nachtaktiv sind, müssen wir weniger befürchten, eins zu erwischen. Diese Beuteltiere wurden vor 150 Jahren zur Pelzzucht von Australien eingeführt. Viele davon entkamen und vermehrten sich in Neuseelands Wäldern prächtig, so dass sie nun richtig zur Plage geworden sind, denn es sind sehr gefrässige Nager.
Es wäre Zeit für einen Kaffee. Waihi scheint uns mit seinen diversen roten Eintragungen im Atlas auch interessant zu sein. Hier wurde die reichste Goldader Neuseelands entdeckt und die Martha Mine soll immer noch, oder vielmehr nach dreissig Jahren Stilllegung, 1988 wieder eröffnet worden sein. Die Ortschaft besteht hauptsächlich aus zwei Strassen, dem Highway 25 und dem hier abzweigenden HW2, links und rechts eskortiert von den einstöckigen Häusern, in welchen Banken, Läden, die Bibliothek, aber auch schön restaurierte Hotels im Kolonialstil aus der Glanzzeit der Ortschaft bezaubern. Grosse Bildtafeln, auf denen die bewegte Geschichte der Stadt erzählt wird, erwecken einen musealen Eindruck. Ich entdecke sogar ein Plakat, wo für Pinguine geworben wird. Nun muss aber René lachen, was habe ich da wieder gelesen - es heisst painting!

museale Plakate in Waihi der neue Hut Wunder-Cappuccino endlose Weiden

Nicht beim Maler, aber in einem kleinen Laden ersteht er für 10 $ einen Hut gegen weitere Sonneneinwirkungen und anschliessend platzieren wir uns an einem Bistrotischchen vor einem Café. Nur warten nützt nichts, man muss selber handeln. Das Servicepersonal ist hier nur zuständig fürs Abräumen und jene Sachen zu servieren, welche man nicht beim Bezahlen an der Kasse gleich mitnehmen kann, wie zum Beispiel einen Cappuccino. Der erfordert einen speziellen Arbeitsaufwand, bis sein Schäumchen das ist, was es sein muss. Dekorativ und künstlerisch gestaltet, und halten muss es, bis der Kaffee ausgetrunken ist und man den Rest mit dem Löffel geniesserisch ausputzen kann. So ergattern wir uns also zuerst zwei supersüsse Kuchenschnitten, eine Art Cornet und ein Cola und platzieren das gut sichtbare Nummernschild auf unserem Tischchen, damit die Servierdüse weiss, wohin der Cappuccino gehört.
Weiter geht's wieder dem Meer entgegen und mehr oder weniger der Küste entlang, sogar bei Bethlehem vorbei, über Tauranga mit zur Neige gehendem Tankinhalt bis Te Puke. Es ist hier ein sehr fruchtbares Gebiet, wo zwischen vielen Thermalquellen Zitrusfrüchte und Kiswis hervorragend gedeihen. Ein Viertel der Neuseeländischen Kiwiproduktion wächst hier um die Bay of Plenty, des Überflusses, wie sie Kapitän Cook genannt hat.

Kiwi360 in Te Puke Kiwi - das Gefährt Kiwi - der Riesen-Laufvogel Kiwi - die Frucht

Also legen wir bei Kiwi360 einen Stopp ein. Hier kann man alles über die Kiwifrucht erfahren. In einem kleinen Zug aus kiwiförmigen Wägelchen kann man die ganze Plantage besichtigen. Ausser hauptsächlich Kiwifrüchte, werden auch Zitrusfrüchte, Apfelbäume, Macadamia, Avocados und anderes Obst gehegt. Die Kiwibäume und deren Äste oder Ranken, werden an starken Drähten getrimmt und bilden eine riesige Pergola, an deren Himmel Millionen von Kiwifrüchten hangen. Die einzelnen Plantagen sind immer eingerahmt von Hecken aus hohen Thuja oder andern zypressenartigen Bäumen. Man darf aussteigen und von Kiwis beschattet, erklärt uns Simon, der Führer, alles über die Produktion dieser Gross-Beeren.

Kiwi-Pergola Simon blühende Bäume 30km durch den Wald

Nachdem wir im Restaurant noch eine Kiwi-Glacé probiert haben - sehr gut - im Souvenirladen zu Neuseeland-Socken gekommen sind und draussen auf dem Aussichtsturm die ganze Plantage überblickt haben, machen wir uns auf den Weg und halten Ausschau nach einer Shell Tankstelle. Es sollte Shell sein, denn bei unserem Einkauf in der "Migros" haben wir mit dem Kassenzettel auch einen Gutschein erhalten, um beim nächsten Tanken bei Shell vier Cents Rabatt pro Liter zu bekommen. Schon kommt die Abzweigung zum HW33 und mit Schrecken stelle ich fest, dass es nach der Karte nun mehr als 30 Kilometer durch den Wald geht und keine Ortschaft mehr kommt. Dabei leuchtet die Benzinuhr schon ein Weilchen. Jetzt bimmelt sie sogar noch und ich kann nun den malerischen Wald gar nicht geniessen, den wir durchfahren. Vor Rotorua, unserem heutigen Ziel, können sich meine Nerven jedenfalls bei einer Shell Tankstelle beruhigen. Wie wir später herausfinden, zeigt sogar ein spezieller Zähler immer an, wie weit man mit dem Tankinhalt noch fahren kann. Wenn es bimmelt, hat man immer noch für 80 Kilometer Reserve.
Dank meinem Super-Handy-Atlas, welcher auch von Rotorua einen Stadtplan beinhaltet, finden wir das Rydges an der Fenton Street auf Anhieb. Zur Begrüssung weht einem beim Aussteigen ein penetranter Schwefelgestank entgegen. Wir sind hier, wo viele Thermalbäder und Spa's zum Besuch einladen. Hier kommt vulkanische Hitze nahe an die Erdoberfläche und Geysire und heisse Schlamm-Blubber-Löcher hoffe ich da zu Gesicht zu bekommen.
Unser grosses Zimmer hat wieder zwei Doppelbetten, eine Kücheneinrichtung, zwar ohne Kochplatte, aber mit Spültrog, Kühlschrank und dem obligaten Wasserkocher für Tee und Kaffee. Ausserdem einen Balkon mit Blick auf die Pferderennbahn und man kommt von da direkt in ein Badezimmer mit Sprudelbadewanne.
Zuerst machen wir mal einen Spaziergang in die Stadt, um uns beim Visitor-Center über hiesige Attraktionen und "Must's" zu informieren. Rundflüge zu Neuseelands aktivstem Vulkan White Island mit Helikopter und Wasserflugzeug, oder Carfahrten zu Waio-tapu und den Glühwürmchenhöhlen werden angeboten. Letztere stehen sowieso noch auf unserem Programm und den Geysir im Thermal-Wonderland hätte ich schon gern gesehen. Jedoch wenn man bedenkt, dass er täglich um punkt 10.15 ausbricht - wegen den Touristen verhilft man ihm mit Waschpulver zum pünktlichen Erscheinen - und die Leute per Bus angekarrt werden, kann ich mich fassen. In Te Puia, gerade am Ende der Fenton Street, hat's auch einen Geysir und Schlammlöcher. Es ist eher unfreundliches Wetter, ziemlich bedeckt und recht kühl. Wir flanieren trotzdem noch etwas dem See entlang mit seinen schwarzen Schwänen und probieren die auf dem Wasser parkierten Flugzeuge fotografisch festzuhalten. Unter einem schützenden Dach entdecken wir auch ein reich mit Maorischnitzereien verziertes Langboot oder Kriegskanu, ein Whaka. Rotorua ist die Maoristadt schlechthin. Es gibt nicht nur ein Museum, sondern auch ein rekonstruiertes Maoridorf mit lebendigen Demonstrationen von Brauchtum, Webkunst und Esskultur. A propos Essen, auch wir halten Ausschau auf dem Heimweg, sind aber ein klein wenig zu früh. Vielleicht finden wir im Einkaufsladen Pack n' Save Brot! Das Fleisch sieht hier aber eher unappetitlich aus. Es ist zwar abgepackt, aber der Blutsaft läuft durch den Kühler und seine Wände sind richtig verkleckert. Deshalb ist wohl fotografieren im Laden verboten. Im Countdown nebenan sieht's sauberer aus. Es gibt aber auch hier Käse für 63$ das Kilo. Wir decken uns mit einem Stück Swiss Cheese für 12$/kg und einer Portion spicy Beef ein. So können wir uns im Hotel selbst verpflegen.

Wasser-Flugplatz schwarze Schwäne in Rotorua Whaka - Kriegsboot der Maori im Balkon-Spa

An der Kasse fallen wir wegen Verständigungsschwierigkeiten natürlich wieder als fremde Fötzel auf, sodass die Kassiererin fragt woher wir kommen. Switzerland ist meist ein Zauberwort, aber nach einem nur kurzen Aufleuchten in ihren Augen besinnt sie sich und faucht und will uns gerade die Augen auskratzen. Ich verstehe nur was von sail. Aha - Alinghi!
Der Wind hat inzwischen gedreht und es stinkt nicht mehr so sehr, also essen wir auf dem Balkon unseren mitgebrachten Food. Natürlich müssen wir noch das Spa-Bad ausprobieren. Mit der Selbstauslösefunktion kann ich den Spass festhalten und dokumentiere gleichzeitig unsere korallenroten Halsbänder, welche wir gestern an der Sonne gefasst haben. Etwa eine Viertelstunde, nachdem sich das Wasser mit einem Didgeridoo-Gesang durch den Ablauf verabschiedet hat, beginnt draussen nochmals ein Getöse in der Wanne. Es sind die sich selbst reinigenden Düsen.

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