Donnerstag, 24. Januar 2008

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Wir verlassen Christchurch Richtung Süden auf einer langen, ebenen Geradeaus-Strecke. Die riesige Ebene haben wohl die unzähligen, vielarmigen Wasserläufe geschaffen, welche von den Bergen her dem Meer zustreben und deren breite Flussbetten wir überqueren müssen. Trotz des vielen Wassers scheint die Gegend auch hier nicht grün. Riesige Bewässerungsanlagen, deren Beregnungsarme weite Felder überspannen, (einmal zählen wir 28 Bogen an einer Anlage) sind allerorten in Betrieb und trotzdem herrscht ein dürres Gelb vor. Lange Hecken aus Tannen, welche die grossen Felder der Grenze entlang einrahmen, bieten dem Auge das kontrastreiche Grün. Manchmal sind die Tannen- oder auch Eukalyptuszeilen vier oder fünf Bäume breit. Warum sie aber auf einer Höhe von drei bis vier Metern wie eine Hecke geköpft werden, ist mir schleierhaft. Vielleicht reicht es so schon, dem Föhn, der das Land austrocknet, etwas Paroli zu bieten.
Parallel zur Strasse begleitet uns eine Eisenbahnlinie durch die ganze Ebene. Auf dieser herrscht wohl regerer Verkehr als auf der Nordinsel, denn bis wir nach 120 Kilometern Richtung Geraldine gegen das Gebirge abbiegen, sind uns schon zwei Güterzüge und ein gleisfahrendes Auto begegnet.

reger Zugsverkehr hohe Feuergefahr
die 28-Bogen-Anlage nun geht's in die Berge

Nun ist auch schon wieder Zeit für meinen Kaffee. Neben den für mich viel zu süssen Schnitten oder den Sandwichs, bietet man hier auch an zwei Maschinen Internetzugang an. Diese Gelegenheit hat man sowieso in sehr vielen Cafés und Restaurants. Hier funktioniert es sogar mit einem Münzautomat. Solches wäre bei uns doch auch noch eine Marktlücke!
Die Gegend wird nun zusehends hügeliger und die Felder grüner. Es heimelt direkt an, denn man könnte sich im Baselbiet wähnen, vom Regen frisch gewaschen, aber auch sonst sauber. Eine Putzequipe ist damit beschäftigt, sogar Überlandstrassen von Papierfetzen frei zu räumen. Mackenzie will sauber sein und Recycling wichtig machen. Man hat sich verpflichtet, bis 2014 der Null-VerschwendungsDistrikt zu sein. Man wird auf Tafeln aufgefordert, den Abfall zu separieren und in den Recycling-Stationen der Stadt zu deponieren.
Zum Burke-Pass steigt die Strasse nun ziemlich an und oben öffnet sich eine sagenhafte Weite, zwar karg und trocken. Höchstens golden dürres Gras, durchzogen von grünen Tannenstreifen, welche die Strasse säumen. Das Ganze ist eingerahmt von einem Kranz aus zum Teil mit Schnee bedeckten Zwei- bis Dreieinhalbtausender. Der höchste davon, der Mount Cook ist 3754 Meter.

Ebene am Burkes Pass auch gemietet unterwegs Lake Tekapo die Kirche des Guten Hirten

Das düstere Wetter ist hinter dem Baselbieter Hügelzug geblieben und über uns spannt sich ein wolkenlos blauer Himmel. Die Strasse führt immer noch ziemlich geradeaus, bis sie in ein paar Kurven hinunter zum Lake Tekapo sticht. War vorhin die Szenerie schon atemberaubend, jetzt bleibt mir die Luft ganz weg. Diese unglaublich türkisblaue Farbe des Wassers, dann der Hügelzug, von dem wir heruntergekommen sind und über welchen sich eine grosse, weisse Wolke vergeblich hinüberzuwälzen bemüht - einfach umwerfend.

Denkmal für die Hirtenhunde hinunter zum Lake Pukaki auch hellblaues Gletscherwasser Lake Pukaki mit Mount Cook

Bei der kleinen Kirche des guten Hirten hat man die Möglichkeit zu parkieren und das Bild auf sich einwirken zu lassen, bis man wieder atmen kann. Farmer haben hier auch ein Denkmal errichtet. Ein Denkmal für die Hirtenhunde, denn ohne diese wäre die weite, trockene Hochebene nie zur Schafweide geworden. Auch die Hirtenkapelle wird mir unvergesslich bleiben. Ein grosses Fenster hinter dem Altar erschliesst die ganze Sicht auf das sagenhafte Panorama und das blaue Wasser. Das Bild zusammen mit dem Kreuz davor auf dem Altar wird mir auch ohne Foto wohl immer in Erinnerung bleiben.
50 Kilometer weiter in Twizel deponieren wir im Mackenzie Inn Gepäck und Kühlschranksachen und machen uns gerade weiter auf den Weg nach Mount Cook Village. Die Strasse führt 55 Kilometer lang, breit und eben einem zweiten so wunderbar blauen See, dem Lake Pukaki entlang. Die mit goldenem Tussock-Gras überzogenen Hügel, unterbrochen manchmal vom dunklen Grün einzelner Baumbestände, zusammen mit dem Türkis des Wassers und im Hintergrund das majestätische Gebirge mit seinen Gletschern bis hinunter ins Tal - unbeschreiblich und hühnerhäutig. Dani hat recht, als er mir letzte Woche auf mein Schwärmen über die Landschaft zurück mailte: "wart noch, bis du auf die Südinsel kommst!"
Vom Mount Cook, oder wie er bei den Maori heisst, vom Aoraki her, was 'Wolkendurchstosser' heisst, strebt das Wasser des Tasman- und Hooker-Gletschers in tausend Rinnsalen in einer breiten, kiesigen Ebene mäandrierend dem See entgegen. Für unseren heutigen Besuch haben sie alle Wolken weggeräumt. Blau des Himmels, Eisblau der Gletscher, Türkisblau des Sees und glänzendes Gold des Tussok Grases in der Sonne - mit was haben wir ein solches Geschenk verdient?

am Weg nach Aoraki die Ebene des Tasman für uns ist schönes Wetter der Tasman in tausend Rinnsalen

Mit 100 Sachen kann man auf der einsamen, breiten Strasse bis ganz zum Visitor Center des Mount Cook Nationalparks fahren und man ist gerade am Fusse der Gletscher. Hier trainierte Sir Edmund Hillary, der Erstbesteiger des Mount Everest. Im Garten vor dem Haus des Infozentrums steht er überlebensgross mit Knickebocker, Pickel, Rucksack und Seil in Bronze gegossen. Im Museum, welches auch von seinen Expeditionen berichtet, löst die angebrachte Notiz, dass er vor vierzehn Tagen, am 11. Januar gestorben sei, ein eigenartiges Gefühl aus.
Bei einem erfrischenden Joghurtdrink im Restaurant, fällt mir ein Reklamehinweis für einen 3-D Film hier im Center ins Auge. Natürlich müssen wir das haben und sitzen eine Viertelstunde später schon bei der nächsten Vorführung als die beiden einzigen Gäste im winzigen Kino. Die Super-Bilder, zum Greifen nah - kommen fast an einen Rundflug über diese herrliche Gletscherwelt heran.

Gletscherwelten Mount Cook oder Aoraki Sir Edmund Hillary Gletscherwasser

Für die Heimfahrt nehme ich mir ein Herz und gebe mir einen grossen Schupf und fahre den Weg zurück. Das gibt mir hoffentlich etwas Training. Ich weiss ja selbst nicht, warum ich einen solchen Horror habe, als wäre ich noch nie Auto gefahren. Dabei begegnen wir auf dieser fast kurvenlosen Strasse keiner Menschenseele.
Unser Hotelrestaurant bietet von seinen fünf oder sechs Menüs wiederum kein einziges ohne Fleisch an. Auch im Örtchen finden wir nirgends was, nicht mal eine Glacé. In einem kleinen Laden kaufen wir halt was Kleines ein und Partybrot mit Philadelphia mit caramelisierter Zwiebel an Balsamico ist für heute unser Znacht.

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Donnerstag, 24. Januar 2008