Australien-Rundreise 2004
Sonntag 18. Januar 2004
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Roadtrain Schafschur bewässerte Ebene Mittagsrast
Reben Kissenkauf Border Border Wasserskifahrer

Langsam verliert der Himmel seine Schwärze, dafür verschwindet der feine Glanz auf den Blättern, welcher vom Widerschein des brennenden Lichts drüben am Trailer herrührt. Ihre Silhouetten beginnen sich wie ein Scherenschnitt auf dem immer heller werdenden Hintergrund abzuzeichnen. Um sechs Uhr ist Tagwache und prompt schlafe ich vorher noch für eine halbe Stunde endlich ein. Dies nur, damit ich die Weckfunktion an meiner neuen Armbanduhr austesten kann.
Der Aufbruch-Stundenplan zum Weiterziehen ist 6-7-8. Das heisst: um 6 Uhr ist Aufstehen, Zelte zusammenräumen und Gepäck einladen, 7 ist Frühstück und Küche, Tisch und Stühle zusammenpacken und 8 ist Abfahrt. Ein paar weisse Kakadus beobachten uns beim Abwaschen und wünschen uns krächzend eine gute Reise. Diese geht weiter über nun ziemlich ebene Weiten mit dürrem, gelbem Gras, gespickt mit olivfarbigen Bäumen. In einem lichten Eukalyptuswäldchen huschen die ersten Emus davon.
Ein Kaffeestop ist fällig und wir halten an einem Schafscherer-Museum. Wir können sogar einer solchen Schur beiwohnen. In einem Schuppen warten ein paar Schafe mit dickem Pelz auf Zuschauer, um die Prozedur vor aller Augen über sich ergehen zu lassen. Der Scherer demonstriert verschiedene Methoden mit elektrischer Rasur, sowie mit der guten alten Schere. Mit der Elektrorasur rückt man dem armen Schaf schon näher auf den Pelz. Von meiner Position aus sehe ich, dass der Scherer das arme Tier sogar zu tief erwischt hat, sodass es blutet. Trotzdem hält es mäuschenstill. Der Typ schafft es aber hervorragend, das Missgeschick immer irgendwie hinter seinem Bein zu verstecken, damit man es nicht sehen sollte. Die ganze Prozedur erinnert mich sehr an jene Szenen im Film der Dornenvögel.
Beim Weiterfahren verändert sich die Kulisse wieder langsam. Wohl ist es die Nähe des Murray Rivers, von welchem das ganze Gebiet profitiert. überall reichen Bewässerungskanäle weit ins Land hinein und entsprechend grün sieht auch die Landschaft aus. Immense Maisfelder erstrecken sich am Horizont und überdimensionierte Bewässerungsarme auf Rollen, die sicher 200 Meter lang sind, sorgen für flächendeckenden Regen. Ab und zu verrät ein markantes Eingangstor oder eine Abzweigung, dass man hier zu einer Farm gelangt. Hells Gate oder Ernas Waterhole heisst es dann so auf einer grossen Tafel und wenn man weit übers Land blickt, kann man in der Ferne vielleicht ein Dach erkennen, das sich im Schutz von einer Gruppe von Bäumen im Schatten versteckt.
Um die Mittagszeit fährt Peter auf einen Rastplatz. Man kann nicht sagen, ob ein Dorf anfängt, oder ob einfach zwei, drei Häuser irgendwo in der Landschaft stehen. Der Ort ist irgendwie bekannt für seine Frösche und darum hat es auch einen Ausstellungs- oder Informationsraum hier. Wichtiger für uns sind neben öffentlichen Toiletten, auch zwei gedeckte Sitzplätze. Auf einem Tisch im Schatten hat Kim im Nu ein Buffet aufgebaut. Eine grosse Kühltruhe aus dem Trailer birgt erfrischende Herrlichkeiten, frischen, saftigen Schinken, vier verschiedene Salate und die schwammigen, amerikanischen Brötchen. Der Kanister mit gekühltem Wasser steht bereit und damit es nicht so langweilig schmeckt, kann man einen grünen Sirup beimischen.
Nach einer Stunde Ausruhen im gepflegten Rasen am Schatten oder beim Füttern der Rabenvögel (eine Elstern-Art), geht's frisch gestärkt wieder weiter. Der Abfallsack mit dem Einweggeschirr und den Salatresten bereichert nun den grossen Abfallcontainer.
Unternehmungslustig will Fran uns herausfordern. Sie stellt sich vor und erzählt uns in etwa ihren Lebenslauf, wie man ihn eben in einem Bewerbungsschreiben machen würde. Dann drückt sie dem Nächstsitzenden das Mikro in die Hand. Dieser fühlt sich gerade etwas überrumpelt und sagt schnell seinen Namen und von wo er kommt und gibt weiter. Alle, in Reichweite geben so gerade nicht mehr als ihren Namen übers Mikrofon bekannt. Fran sieht ziemlich beleidigt aus, als sie das Kabel wieder einrollt, sich auf ihren Klappsitz vorn links neben dem Fahrer zurückzieht und eine gute Stunde schmollt. Jedenfalls ist nichts mehr von ihr zu hören. Sie hätte im Moment vielleicht auch nicht viel über den buschigen Eukalyptuswald zu erzählen, der draussen vorbeizieht.
Dann kommen schon die ersten Reben. Man kann gut die langen, gelben Trauben sehen. Auf Eisenprofilen befestigte Plastikfolie deckt die langen Reihen ab. Jetzt greift Fran wieder zum Mikrofon und erzählt etwas über das Rebbaugebiet und behauptet, der Plastik schütze vor der nächtlichen Feuchtigkeit. (?) Dabei dachte ich, dass hier schon bald die Wüste beginnt, worauf auch grosse Zitrusplantagen hindeuten.
Mildura ist ein grösserer Ort, dessen bemerkenswerte Hauptstrasse im breiten Mittelstreifen mit blühenden Bäumen und Büschen bepflanzt ist. An seiner Peripherie biegen wir auf den Parkplatz eines grossen Einkaufszentrums vor einem "Woolworths" ein. Der Wunsch, irgendwo ein Kopfkissen einkaufen zu können, ist nicht nur einmal kundgeworden. Obwohl heute Sonntag ist, herrscht hier ein Betrieb wie in einem Bienenhaus.
Mein Deo ist schnell gepostet und so warte ich mit einer Glace am Schatten das Ende der halben Stunde ab. Der Mann mit dem Werner-Bart hat wohl seine Sachen auch schon und ich frage ihn nach seinem Namen. Frank kommt aus Kanada. Er bleibt nur bis Darwin. Bei der Frage, wie er von dort heim fliegt, wird mir bewusst, dass wir uns ja am andern Ende der Welt befinden und dass sein Heimweg in der anderen Richtung über den Pazifik näher ist. Ich habe mir vorgenommen, mir jeden Tag zwei oder drei Namen aufzuschreiben mit dem Vermerk, von wo die betreffende Person kommt. Dabei habe ich gemerkt, dass ich nicht nur den Namen aufschreiben darf. Das hat bei Mike nicht geklappt. Jetzt weiss ich nämlich nicht mehr, wer der Mike ist. Also schreibe ich bei Frank noch Bart hin, dass er Kanadier ist und in Darwin aussteigt. Alan ist Brillenträger und hat Tattoos an den Armen, Rob ist der Dickste, Maurice der Grösste. So hoffe ich, mir die Namen Aller bis Sydney merken zu können.
Von der Einkaufstour kommt nicht nur Kim mit einem vollen Einkaufswagen zum Bus zurück. Ein Bild für Götter: fast alle Männer kommen mit einem Kissen unter dem Arm daher!
Wir nähern uns schon der Grenze zu South Australia. Gelbe Korn- oder sind es schon Stoppelfelder? haben die Maisanbauflächen abgelöst. Fran hat uns schon vor dem Shoppinghalt gewarnt, keine Früchte einzukaufen, oder diese allenfalls vor dem Grenzübertritt zu essen. Es ist strengstens verboten, irgendwelche Früchte oder Gemüse über die Grenze zu bringen. Um dies zu kontrollieren würden sogar Suchhunde eingesetzt. Die Südstaatler scheinen einen Horror vor New South wales'schen oder Viktorianischen Fliegen zu haben. Kim sammelt in einem Plastiksack alle allfälligen Bananenschalen, Apfelbütschgis und ähnliches ein. Bei der Grenzkontrolle holt sie auch aus dem Trailer noch ein Kistchen mit nicht aufgebrauchtem Gemüse - und alles kommt in den Abfall. Ich frage mich, ob die Fliegen die herumsurren, die Grenze auch so deutlich erkennen und wissen, dass sie nicht durch den überdimensionierten, als riesiges Tor dargestellten Dunlop-Reifen fliegen dürfen. Auch die Uhr müssen wir hier in South Australia eine halbe Stunde zurückstellen, nicht eine Ganze. Ich glaube, das ist auch einmalig in der Zeitzonen-Einteilung.
Beim Einchecken auf dem Zeltplatz in Renmark steht für uns ein Harrass frisches, nicht fliegenverseuchtes südaustralisches Gemüse und Eiswürfel für die Kühlboxen bereit. Hochbeinige, schwarze Hühner, purple swampheads, was glaube ich soviel wie purpurne Sumpfköpfe heisst, fliehen vor unserem mehrrädrigen Monster und schauen aus sicherer Distanz zu, was da innerhalb der nächsten halben Stunde vor sich geht. Erst werden Tische, Stühle und Kühlboxen aufgestellt, dann plumpsen auf der andern Seite des Trailers grosse, flache Pakete auf den Boden. Dann wird gehämmert und flupp - flupp - flupp - wie Pilze die aus dem Boden schiessen, stehen plötzlich dichtgedrängt auf einem Rasenviereck 20 Zelte, während in der Kochnische schon bald eine Riesenportion Spaghettis hergezaubert wird.
In einer Stunde ist happy hour. Das reicht, um mein Hemd und Unterhosen auszuwaschen und bis ich von meiner Erkundungstour am nahen Murray River-Ufer wieder zurückkomme, wo wie vergiftet Wasserski gefahren wird, ist auch das Ganze schon wieder trocken. Sie bewährt sich, meine aus einer Gummischnur gedrillte Wäscheleine, die ich mit zwei Karabinerhaken problemlos zwischen zwei Eukalyptusbäumen hinter meinem Zelt aufgespannt habe.
Beim Nachtessen kann ich gerade noch ein bisschen Holländisch lernen. Ausser Hilde sind noch fünf andere Holländer dabei. Ria und Renz, welcher von seinem Hobby erzählt. Er sammelt Kugelschreiber und ist happy über jenen mit der Aufschrift Hotel Ibis, den ich mitgenommen habe und der genau eine Seite lang geschrieben hat. Ich hab ihn schon in den Abfallsack geworfen und zum Glück hat ihn Peter beim Putzen nicht entdeckt. Es ist ein australisches Produkt, das erkennt Renz an einem kleinen Zeichen am "Drücker". Ich bekomme dafür einen Opel-Schreiber, den er doppelt und zum Tauschen mitgebracht hat. Dann sind noch Nel und Andreas, die Raucher. Sie sind bei einem Busstop immer bei den Ersten, die aussteigen und Suzanne. Diese fünf haben sich in London an ihren AAT-Kings-Etiketten erkannt und ich glaube Ria und Renz waren ziemlich glücklich, denn sie können auch fast kein Englisch. Da ist Suzanne für sie als Translater hochwillkommen. Zum Glück kann sie auch etwas Deutsch und sie hilft auch mir manchmal.
Meine Fotobatterie ist immer noch am Laden, darum probiere ich, die holländische Runde zu einem Hornochsenspiel zu animieren. Doch die Begeisterung ist so riesig, dass ich das Spiel glaube ich zuunterst in der Tasche versorgen kann. Vielleicht sind einfach alle auch müde, genau wie ich. Jedenfalls warte ich sehnlichst ich, bis das rote Lämpchen am Charger erlischt.

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