Australien-Rundreise 2004 |
Dienstag, 17. Februar 2004 |
Die Wolken, die am Morgen beim Packen noch vorherrschten, sind verzogen. Jetzt freue ich mich auf ein Frühstück. Ich glaube, ich gehe wieder dorthin, wo ich letztes Mal war. Die Jadekutsche
möchte ich doch nochmals richtig anschauen. Mein Blick fällt zufällig auf den Wegweiser, der zum Parking des Queen Viktoria Building führt. Jetzt klingeln bei mir die Glocken. Ich habe
nämlich unterwegs im APA-Guide etwas gelesen von diesem Shoppingcenter. In der Krisenzeit um 1890 errichtet, war es zuerst Markthalle. Nach seiner Restaurierung in den achtziger Jahren zogen hier die
elegantesten Geschäfte der Stadt ein und man nennt es jetzt das schönste Einkaufszentrum der Welt. Bin ich also zufällig und ohne darum zu wissen, an einem besonderen Ort gelandet und es hat
mir das erste Mal schon gefallen. Mir, die soviel am Hut hat mit Konsumtempeln!
Nun kann ich mir, mit der entsprechenden Hochachtung, am selben Bistrotischchen einen Capucino und ein Croissant bestellen. Was ich bekomme, ist auch königlich. Dem kann man schon nicht mehr Gipfeli sagen.
Es füllt fast einen ganzen Essteller aus.
Dann, wie gesagt nochmals in den zweiten Stock, wo exquisite Juwelierläden den passenden Hintergrund zu der Jadekutsche bieten. Auf der andern Seite habe ich das letzte Mal gar nicht nachgeschaut. Dort ist
eine Vitrine mit allem möglichen, königlichen Prunk. Königs- oder besser Königinnen-Krone von Queen Viktoria (logisch) Zepter, Diademe, Orden und weiss ich was. Würde ich die
Coiffeur-Heftli jeweils besser studieren, wüsste ich vielleicht jetzt dieses Zeug besser zu benennen. Ich muss nur so staunen und mache natürlich Fotos. Aus einem Augenwinkel bemerke ich, dass irgend
ein Sicherheitsmensch auch mich unter die Lupe nimmt. Aber er lässt mich gewähren. Anscheinend sehe ich doch harmlos genug aus.
Plötzlich schallen durch die ganzen Hallen Trompeten und Fanfaren. In diesem zweiten Teil, den ich letztes Mal übersehen habe, hängt auch eine grosse Uhr. Ein bisschen anders, als jene drüben.
Und diese hat jetzt gerade Zehn. Über der Uhr ist eine Art Schloss, ähnlich bullig, wie sich die englischen Schlösser in meine Erinnerung gegraben haben.
Zu jeder vollen Stunde werden jetzt in einem Fenster der Burg, wie in einem Umzug Bilder aus der Englischen Geschichte erleuchtet. Unter Posaunenschall werden irgendwelche Highlights vom Königlichen Hof
verkündet, von King John, Henry VIII, Queen Elisabeth I und viele mehr, welche nie in Vergessenheit geraten dürfen.
Ich muss mich nun aber doch abwenden. Ich will nämlich nochmals auf die Harbourbridge. Wie zum Dessert gehe ich nochmals durch die Pittstreet. So finde ich dann den Aufgang zur Brücke besser. Ich
habe diesmal nämlich keinen Stadtplan bei mir. Zwecks WC muss ich noch irgendwo etwas trinken. In den Rocks, unmittelbar beim Aufgang, setze ich mich mit einem Shandy an ein Tischen auf dem Trottoir. "The
Australian Hotel" nennt es sich hier und ist stolz auf seine Geschichte, die in die 'early 1800's' zurückgeht. Das Haus ist 1913 gebaut worden und in seinem Flyer versprechen sie "a unique experience". Eigentlich
muss ich nur auf's WC. Aber es ist wirklich ein Erlebnis. In einer Kellerecke wurde ein Platz geschaffen für das Damen-WC. Die Herren müssen noch durch irgendwelchen Durchgang und Torbogen weiter.
In einem kleinen dreieckigen Raum finde ich ein antikes Klosett, neben einer hölzernen Kommode mit sechs Schubladen. Dass mir aber eine lebensgrosse Marmorfrau Gesellschaft leistet, ist mir noch nie passiert.
Vielleicht stand sie irgendwo mal im Garten als Brunnenfigur oder was weiss ich und hat halt jetzt momentan hier ihren Platz gefunden. Ob generell oder nur vorübergehend, sieht man nicht auf den ersten Blick.
Bin ich nicht begnadet, dass mich sogar ein WC-Besuch entzücken kann? Jedenfalls muss ich einen Flyer vom Australia Hotel, mit Bed and Breakfast on the Rocks von der Kommode dort mitnehmen.
Der Blick von der Brücke präsentiert sich schon ganz anders, als letztes Mal. Die neue Queen Mary liegt im Hafen. Die alten Häuser der Rocks vor den Glasfassaden des Central Business Districts und
die Opera, alles im Sonnenschein. Tausend weisse Segel auf dem See, die sich zu einer Regatta formieren, ein zweites riesiges Schiff, das langsam auf die Brücke zusteuert, die kleinen, gelbgrünen
Fährschiffe, die um die Wette das Wasser pflügen. Es ist wieder ein Highlight für sich.
Doch es heisst Abschied nehmen. Ich muss zurück ins Hotel. Dort habe ich meine Tasche in einem Schliessfach einstellen können. Alles ist elektronisch und ich musste als Code mein Geburtsdatum eingeben.
Dann noch meine Lieblingsfarbe und brauche so keinen Schlüssel. Alle halben Stunden kommt ein Shuttle, mit welchem man zum Flughafen kommt, immer Viertel nach und Viertel vor. Es geht mir jetzt auch ein
Licht auf, welcher Chauffeur uns am ersten Tag beinahe mitgenommen hätte!
Diesmal ist es schon richtig, er braucht auch meinen Namen nicht und während vierzig Minuten geniesse ich nochmals eine Stadtrundfahrt, denn der Shuttle fährt noch ein paar andere Hotels überall
in der Stadt an.
Nach der Zollkontrolle schlendere ich noch etwas durch die Läden und decke mich mit drei Sydney-T-Shirts ein. Erst im Flugzeug sehe ich ihn, Rob. Er macht sich in der Businessklasse breit. Ich habe auch vorhin
nicht gross rumgeschaut, da ich ja niemanden hier in Sydney zu treffen erwarte. Ich habe halt einen etwas schmäleren Platz, dafür wieder am Fenster. Es ist fünf Uhr und noch hell und den
Fotoapparat habe ich jetzt mit an den Platz genommen. Nur machen mir heute die Wolken einen Strich durch die Rechnung. Zwar bleibt es hell, bis wir fast den ganzen Kontinent überflogen haben, aber die
wunderschönen Farben und das ganze Wunder überhaupt bleibt meistens unter den Wolken, oder höchstens durch einen Dunst sichtbar. Ich muss wieder mal nach Australien kommen. In Singapore
wartet Rob auf mich und ich verstehe ihn doch sogar fast. Er weiss von Carolyn und Jamie, dass sie gemeint hätten, sie kämen fast zu spät, vielleicht wegen Hildes Gepäck, dass aber der Flug
überhaupt einige Stunden später ging, als sie gemeint hätten. Vielleicht hat er mir auch gerade das Gegenteil von dem erzählt, was ich verstanden habe. Er sagt mir, dass er die drei Stunden
Wartezeit nun in der Longue verbringen werden. Das haben die Businesspassagiere uns gewöhnlich Sterblichen voraus. Sie können sich in einem klimatisierten Raum auf einem Ruhebett erquicken. Also
nehme ich hier auch von ihm Abschied. Obwohl er zur gleichen Zeit wie ich startet, ist er mehr als eine Stunde früher in London, als ich in Zürich. Das ist eben, weil man in der Schweiz nicht vor sechs Uhr
landen darf, also wird einfach nicht auf vollem Speed geflogen.
In einem Buchladen erstehe ich mir in der Kinderbuchabteilung noch einen Roald Dahl, den ich, wie sich aber zu spät herausstellt, schon gelesen habe und in einem Kaffee eine heisse Schokolade. Ich hoffe schon,
dass ich im nächsten Flug noch etwas schlafen kann.
Und ich kann! Niemand setzt sich neben mich an meinen Fensterplatz und ich kann nach dem Nachtessen die Lehnen hochklappen und das erste mal im Leben schlafe ich in einem Flugzeug.
Soll ich das vom grossen Bahnhof am Flughafen auch noch erzählen?
Es spielen sich doch immer so herzerweichende Szenen ab in Flughäfen, in Bahnhöfen heute eher weniger. Eine junge Frau bricht in Tränen aus und geniert sich höllisch, weil sie gerade laut
herausschluchzen muss, weil sie liebe Freunde hinter der Scheibe entdeckt hat. Ich will natürlich sehen, wer denn solche Tränen Wert sei. Und ich blicke in zwei bekannte Gesichter, Alice und Käthy.
Und das morgens um halb sieben! Alice war ja schon beim Abschiedsdkommitee dabei und Käthy ist um halb vier aufgestanden und hat erst noch einen freien Tag eingezogen. Sie hat ein MUBA-Sonderbillet im
Sack und will mich bis nach Basel begleiten. Und weil ich in Basel immer noch nicht das Gefühl von Müdigkeit verspüre, bringe ich erst mal das Gepäck heim, nehme eine erfrischende Dusche und
gehe nun mit Käthi an die Muba. Noch unter dem Eindruck vom gestrigen Film, von dem ich ihr schwärmte, haben wir unterwegs schon im Zug abgemacht, dass wir zusammen mal nach Luzern ins Imax-Kino
gehen. Das Erste, was wir an der Muba finden, ist ein Plakat über einen Australien-Film im Imax in Luzern. Na, wenn das nicht Zufälle sind ...
Denn im Imax in Luzern beginnt nämlich bereits meine nächste Geschichte!!!