Blenheim - Murchison
Endlich ist es da, das schöne Wetter! Am Morgen schon beim Aufstehen blauer
Himmel ohne Wölklein! Wie doch die Welt gleich anders aussieht! Aber es ist
nicht nur wegen des Wetters, sie sieht anders aus hier auf der Südinsel,
oder wenigstens hier in der Gegend um Blenheim. Die gelben, kahlen Berge, die
fast aussehen wie riesige Sanddünen. Ein Stück Wald oder ein
Gebüsch-Streifen heben sich dunkelgrün und kontrastreich davon ab.
Dann die weiten, ebenen Rebenfelder, wo hauptsächlich der Sauvignon blanc
wächst. Der Strasse entlang sind die Felder meist mit Rosen oder
Blumenrabatten begrenzt, was natürlich zu einem noch freundlicheren
Eindruck verhilft. Der sandige Boden hier ist der Grund für die samtig
gelben Berge, weil das Gras dürr wird, noch eh es recht gewachsen ist, aber
für Trauben scheint er ideal zu sein. Man sieht hier deshalb auch wieder mehr
Schafe und weniger Kuhherden. Was auf der Nordinsel der Fingerhut war, ist hier
der blaue Klappertopf am Strassenrand. Und Farnbäume gibt es wohl hier
keine mehr. Um grüne Wiesen zu haben, müssen sie hier mit manchmal
fast kilometerlangen Wassersprinklern nachhelfen. Das geht natürlich auch nur,
wenn Wasser in der Nähe ist. Aneinandergereiht werden 20-30 Meter lange
Segmente auf Rollen über die Felder gezogen.
Kurz nach Blenheim, noch in der Nähe des Flughafens, steht René
plötzlich wieder einmal auf die Bremse und wendet. Das war doch ein
richtiges Flugzeug, das da in einem Garten stand? Er meint, es sei das, mit
welchem der Film 'Der Flug des Phoenix' gedreht wurde. Tatsächlich steht eine
Argosy als Museumsstück im Garten eines Cafés und man wirft zwei Dollars
in ein neben der Einstiegstreppe stehendes Fass und darf das Wunderding auch von
innen begutachten, inklusive Dokumentations- und Informationsfilm und ich komme
derweil zu meinem Znünikaffee. Es ist aber nicht das Flugzeug aus dem Film.
Dann fahren wir fast 100 Kilometer dem breiten Flussbett des mehrarmig
mäandrierenden Waiau-River hinauf. An Rastplätzen nahe am Wasser
probieren wir immer wieder Futter für unsere Kameras zu bekommen und werden
dabei selber zum Futter der winzigen Sandfliegen. Ihr Stich ist noch ziemlich
eklig. Zuerst gibt es eine Pustel, etwa wie von Stechmücken. Dann gibt es
Ruhe, aber nur wenn man nichts berührt, sonst beginnt es noch nach zwei und
mehr Tagen zu jucken, sodass man einfach kratzen muss. Das Resultat sind noch
grössere Borbeln und blutende Stellen. Man sagt dem nachhaltig. Antibrumm
hat glaube ich, an den Füssen etwas genützt, aber dann sind die
Biester auf meine Arme losgekommen und das Fenipic hilft auch nicht so viel.
Etwa in der Mitte der Insel wollen wir bei Saint Arnaud einen Etappenplatz
suchen. Am Lake Rotoiti ist dort auf meiner Karte ein Campingplatz eingetragen,
aber dieser scheint nicht mehr als solcher in Betrieb zu sein. Alles gehört
zum Nelson Lakes Nationalpark und hier ist Ausgangspunkt von verschiedenen
Trecks und Wanderwegen, die gut mit Hütten bestückt sind, sodass man
spielend mehrtägige Wanderungen durchs ganze Parkgebiet machen kann. Im
Winter ist hier Skigebiet, die Berge sind um 1500 bis 2000 Meter hoch. Im
hiesigen Visitorcenter bekommt man aber allerhand Infos zur Gegend und dem Park.
Dank einem Kopfhörer weiss ich nun, wie der Funtail singt.
Wir müssen also noch 70 km weiterfahren bis Murchison. Das ist auf der
andern Seite der Wasserscheide am Buller-River, welcher uns letztes Mal schon
Eindruck gemacht hat. Der Kiwi-Holidaypark hat noch Platz zum Aussuchen, aber
bis es dunkel ist, sind doch die meisten Plätze belegt.
Wir machen noch einen Spaziergang ins Dorf und besuchen auch hier den Fluss in
seinem bereits breiten Bett, wo sich auf den kiesigen Inseln zwischen den
Wasserläufen viele Vögel wohlfühlen und da sehe ich auch zum
ersten Mal einen Apfelbaum.
Auf dem Heimweg überrascht uns wieder mal eine Sirene. Auf- und
abschwellend, also keine Panik, hier ist ja auch kein Meer. Jetzt stellt der
Alarm ab, dafür kommt aus dem Feuerwehrmagazin mit Blinklicht das
Löschfahrzeug und kurz darauf noch ein zweites, viel schöneres und
neueres. Es fährt, noch bevor die Strasse zu Ende ist, dort beim
Lädeli, wo wir gerade vorhin noch unsere obligate Glacé gegessen
haben, auf einen Platz. Vor fünf Minuten war dort weder Rauch noch sonst was
Verdächtiges zu sehen. Das Feuerwehrauto sah so neu aus, da kommt einem
doch der Verdacht, dass es auch ausprobiert werden sollte.
Nach dem Nachtessen fühle ich mich plötzlich komisch, wie fiebrig,
also probiere ich es mal mit einem Grappa, leider erfolglos. Es kommt ein
Schüttelfrost dazu und am Schluss kann ich noch den Tuis rufen. René
meint, ich hätte mir heute einen Sonnenstich geholt, aber das kann doch gar
nicht sein. So lange war ich nicht in der Sonne, ich habe eher Angst, dass das
wegen meinem Zahn sein könnte. Es ist ein richtiger Fieberschub, aber
Gottseidank falle ich in einen etwa vierstündigen Tiefschlaf und fühle
mich beim Erwachen wieder viel besser.
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