Murchinson - Karamea
Am Morgen scheint alles ein übler Spuk gewesen zu sein. Ich fühle
mich wieder fast wie immer und so können wir getrost die Strecke bis
Westport und dann dem Meer entlang, soweit die Strasse geht, bis Karamea in
Angriff nehmen. Heute sitzen im Gebirge wieder hartnäckige Wolken, aber
sie halten doch wenigstens dicht. Wir begleiten den mächtigen Buller
River abwechselnd auf dieser oder der anderen Seite durch viel Waldgebiet und
zwei eindrückliche Schluchten hinunter nach Westport. Alles heisst hier
Buller - Buller Café, Buller-Store, Buller Electricity Ltd, Club
Buller, Buller Highschool etc. Aber das Gemeinde- oder Rathaus hat einen
Glockenturm, welcher eben wie der Big Ben in London Elf Uhr schlägt.
Um zwei T-Shirts reicher (beide zusammen im Ausverkauf für 29.99) und
einer Lupe aus dem Laden Goods 2 U, wo alles zwei Dollars oder höchstens
2.50 kostet, fahren wir wieder weiter nordwärts. Jetzt kann ich das
Kleingeruckte auf der Karte auch besser lesen. Für 2 Dollars waren in dem
Gebinde sogar 2 Lupen, also etwa für 1Franken 40.
Zuerst geht die Strasse nun dem Meer entlang, manchmal eher karg mit
Manukagestrüpp und New Zealand Flax gesäumt. Etwa auf halbem Weg bis
zu unserem Ziel, dort wo der Karamea Highway beginnt, wird's kurvenreicher und
die Strasse steigt in einem Wald bergan, zum Karamea Bluff. Ob ein Bluff ein
ehemaliger Vulkan ist, habe ich nicht herausgefunden, es heisst immer so, wenn
eine relativ steile Klippe aus dem Meer aufragt. Dieser hier ist immerhin 421
Meter hoch und die Strasse führt durch einen geschützten Wald, die
Karamea Ecological Area, mit wunderschön alten Bäumen, die eben rot
blühen. Es sieht aus, wie die Pohutukawa, aber sie haben einen Stamm fast
eher wie ein Kauri und ihre Blüten sind dunkler, fast bräunlich. Ich
habe also eben die Rata kennengelernt, wahrscheinlich eine verwandte des
Pohutukawa, deren Blütezeit auch Dezember und Januar ist.
Wieder unten am Meer auf den kilometerlangen Geradeausstrecken passiert es
nun auch uns. Ein schwarzes Sumpfhuhn kommt unvermittelt aus dem
Flax-Gebüsch am Strassenrand. Ich nehme nicht an, dass es Autostopp
machen wollte. Zum Anhalten hätte es nicht gereicht. Der dumpfe Aufprall
unter dem Auto und das schwarze Häufchen, das hinten auf der Strasse
liegt und wahrscheinlich gerade vom entgegenkommenden Wagen plattgefahren wird
- mir wird gerade wieder schlecht.
In Karamea auf dem Holidaycamp bekommen wir unseren Platz, den wir
vorsorglicher Weise heute Morgen telefonisch reserviert haben. Er liegt
unmittelbar am Meer, oder besser gesagt an einer Lagune, die aber, wie
könnte es auch anders sein, gerade wieder ohne Wasser ist. Ich
schwärme noch mit René aus, um ein paar Strandeindrücke zu
sammeln, aber grosse Stricke verreisse ich heute nicht mehr. Das leicht
fiebrige Gefühl stellt sich wieder ein, aber ohne dass es die Ausmasse
von gestern annimmt. Schreiben mag ich auch nicht und am besten ist, ich
verkrieche mich bald in die Heja.
Aber die Boysenberries, die ich gestern in countdown gekauft habe, haben wir
noch zum Dessert gegessen. Ein Foto zur Dokumentation, wie diese aussehen
natürlich auch. Sie sind ziemlich heikel, man isst sie am besten noch am
gleichen Tag, sonst muss man bereits die ersten wieder wegschmeissen. Aber sie
sind gut. Ich finde sie besser als die Brombeeren, obwohl sie fast gleich
aussehen.
|