Cromwell - Alexandra
Wir sind in Cromwell und hievon haben wir bis jetzt nur einen Regenvorhang
gesehen. Doch als ich beim Erwachen den blauen Vorhang im Auto etwas
lüfte, blendet mich gerade die Sonne und hinter den Zweigen über
unserem Baum, der gestern noch bis spät am Abend seine nassen
Blätter auf unser Dach ausgeschüttelt hat, erstrahlt blauer
Himmel.
Cromwell ereilte 1993 ein Schicksal, wie es auch bei uns in der Schweiz einige
Orte traf, als Staudämme gebaut wurden. Man rettete einige der
ältesten Gebäude, baute sie ab und an etwas erhöhter Stelle
wieder auf und das Old Cromwell kann jetzt wie eine Art Ballenberg besichtigt
werden. Der einige Kilometer lange Lake Dunstan ist dann entstanden und dort
und auf dem schmalen See, der früher bis hinunter nach Clyde nur eine
Schlucht und ein Fluss war, tummeln sich nun Motorboote, welche johlende
Fun-Begierige auf Schlauchbooten hinter sich her ziehen und ins Wasser kippen.
Das neue Cromwell präsentiert sich am SH88 mit einer grossen
Früchteskulptur, die auf den Anbau der Kirschen und Aprikosen dort unter
den Netzen aufmerksam machen will (man nennt es die Fruchtschale des
Südens) und gleich daneben mit einer gewichtig angeschriebenen 'Mall'.
Gediegen - grossartig - aber wer kommt schon nach Cromwell? Heute, wo man hier
nicht mehr so leicht Gold findet wie vor100 Jahren. Der grösste Teil der
vielen, noch leeren Verkaufsflächen ist von Immobilienhändlern mit
ihren Angeboten belegt.
Wir folgen dem schmalen Arm des Sees und kahlen Berghängen links und
rechts hinunter nach Clyde. Riesige Terrassenbauten an den Hängen waren
nötig, um Felsrutsche in den Stausee zu verhindern. Vom Aussichtspunkt
über die ganze Powerstation am Staudamm sieht man weiter unten in Clyde
eine schöne, alte Brücke über den Clutha-River, welche uns
gerade den nächsten Foto-Stopp vorgibt. Ein paar Kilometer weiter, sind
wir bereits in Alexandra, der Stadt mit der Uhr am Berg. Wir wollen hier
unterbrechen, denn bis zur nächsten Gelegenheit, einen Zeltplatz auf
unserem Weg zu finden, ist es von hier fast 200 Kilometer. In meinem
gescheiten Führer über die Unterkünfte steht, dass der
Holidaypark in Alexandra 100 powered sites hat. Es ist wirklich ein riesiges
Areal am Manuherikia-River, dessen braunes Wasser wegen der Regenfälle
gestern ziemlich über die Ufer getreten ist. Im Ganzen gibt es hier
über 400 Plätze, aber die sanitären Anlagen sind die
schlechtesten, die wir bis jetzt vorgefunden haben. Zentral gelegen ist eine
Küche mit etwa sechs Einheiten (Kochplatz, Spültrog etc.) für
Männer und Frauen je 10 Duschen und 10 WCs und etwas in der Peripherie
gibt es noch zwei weitere Toiletten-Häuschen mit je 2 WCs mit
Spülung, aber kein Wasser, um die Hände zu waschen, dafür einen
Dispenser, um die Hände wasserlos zu reinigen. Neben der Toilette
verläuft eine Abflussrinne, so dass man den rohen Zementboden zur
Reinigung nur mit dem Schlauch abspritzen muss. Das gleiche Prinzip auch in
den zentralen Duschen, wo immerhin eine Batterie von etwa 10
Händewaschbecken aneinander gereiht ist. Um Wasser zu sparen, muss man
beim Hahn auf einen Knopf drücken, dann rinnt es, solange man
drückt. Ich schaffe das immer noch nicht, mit diesem System meine
Hände richtig waschen zu können. Seife gibt es hier auch keine.
Wir haben noch Zeit, den Weg zum schönen Lookout direkt unter den grossen
Zeigern der Uhr am Berg zu erklimmen. Die Berge hier sind kahl und felsig.
Auch die Häuser diesseits des gelben Flusses sind auf oder gar zwischen
Felsen gebaut, aber sie scheinen nicht armen Besitzern zu gehören. Der
Duft von vertrocknetem Bergthymian begleitet uns auf unserem Aufstieg hoch
über die Stadt, wo man unten den Zusammenfluss des gelben Manuherikia mit
dem smaragdgrünen Clutha sehen kann. Auch das Geheimnis der Shaking
Bridge ist von hier oben gelüftet, so dass wir dieses Abenteuer über
eine alte Hängebrücke zu gehen, noch auf dem Heimweg einplanen
können.
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