Te Anau - Tuatapere
Der Morgen dräut und droht mit schwarzen Wolken vom Milford Sound her.
Bewölkte Stirn auch bei René - er hat wieder einen etwas sturmen
Kopf. Kein Wunder, hat er doch gestern, als ich nicht so da war, recht viel in
den Compi geschaut. Er ist dran, die Karte zurecht zu zimmern, wo man dann
unsere Reise nachverfolgen und die einzelnen Etappen anklicken kann. Er macht
das mit einer Akribie und Geduld, die ich nie zustande brächte. Bei mir
sind es bis jetzt immer noch leere Versprechungen, dass man beim Klick auf den
obersten Balken zur Karte und den einzelnen Tagen gelangt. Wir wollen also
heute nicht allzu weit fahren. Vielleicht bis Manapouri. Aber das sind nur
gerade 20 km und hier regnet es auch. Obwohl ich letztes Mal die Strecke vom
Meer unten bis nach Manapouri gefahren bin, bin ich ganz still und bin froh,
dass es doch nicht ganz so arg ist, dass er nicht fahren könnte. Die
Strecke, so mag ich mich nämlich besinnen, ist hier wunderschön und
obwohl kaum mal die Sonne scheint, geniesse ich die Fahrt. Mir gefallen die
Pastellfarben vom dürren Gras, das bestückt ist mit den helleren
Rücken der Schafe, dahinter zum Teil kahle, baumlose Hügel in allen
Brauntönen und immer wieder die dunkelgrünen Hecken, welche die
Weiden abtrennen. Je weiter wir gegen Süden kommen, desto mehr Blau sieht
man am Himmel. Nur der Wind weht heute extrem.
Auch nochmals einen Blick auf die Historische Suspention Bridge, diesmal sind
wir jedoch irgendwie enttäuscht. Der Zugang auf die Brücke ist
inzwischen mit einem grossen Betonblock versperrt worden. Bilder kann man nur
noch vom Ufer her machen, aber diesmal gibt es keine sorgfältig
präparierten Weglein, wo jeder störende Stein aus dem Weg
geräumt wurde. Man bekommt ein Gefühl von vergammeln lassen dieser
Nostalgie-Attraktion.
Die nächste Ortschaft ist bereits Tuatapere, wo der nächste
Zeltplatz auf unserer Karte eingetragen ist. In einem einzigen Verzeichnis
finde ich einen Campervanplatz aufgeführt. Schon bei den ersten paar
Häusern wirbt ein Café neben anderem auch für Campsites. Es
scheint ein ganz neuer Platz zu sein, der noch nirgends in den Verzeichnissen
aufgenommen ist. Trotzdem fahren wir zuerst getreu nach den Weisungen unserer
Lady, aber das Gelände, welches hier zum Übernachten angeboten wird,
will uns nicht so recht imponieren. Wir fahren zurück, nicht ohne vorher
noch einem dritten Wegweiser zu folgen, welcher uns auf einen kleinen Platz
führt, wo man für zehn Dollar seine Ruhe hätte, kein Mensch da
wäre, weil es ja nirgends in einem Verzeichnis zu finden ist. Der neue und
erste inspizierte Platz passt uns jedenfalls und der Chef will uns attraktive
Touren von hier aus schmackhaft machen. Es ist ja schliesslich erst Mittag.
Ich mag einfach nicht. Mit dem Hinweis eines vielleicht halbstündigen
Spaziergangs zu einem tausendjährigen Totara Tree hingegen, hat er mich
natürlich im Sack. Wir stecken den Strom ein und machen uns auf einen
neuen Urwald-Tripp. Wir haben nun doch schon einige solche Urwaldpfade
erforscht und jeder unterschied sich vom anderen, so auch dieser hier wieder.
Die Stimme eines Funtails hingegen, war bis jetzt meist dabei, nur ein gutes
Bild von diesen nervösen Dingern ist nicht zu schaffen, obwohl sie
zutraulich manchmal ziemlich in die Nähe kommen. Dieser Wald hier sirrt
und knackt von den Zikaden, welche man aber auch nicht zu Gesicht bekommt,
wahrscheinlich weil man nicht weiss, wo schauen. Was ich aber in diesem Wald
so bezaubernd finde, sind eine Art rotblühende Kletterpflanzen, welche
wie Efeu oder wilde Reben ganze Gebüsche mit roten Blüten
überschütten.
Ehrfurcht vor dem schönen alten Baum, der allerdings nicht der einzig
Ehrwürdige ist und dann gelangen wir dem Waiau-River entlang zur
Brücke und ins Dorf. Dort gibt es ein Bushmans Museum und ein Café
Yesteryears Museum, in welchem wir nach unserer 'Gewaltstour' zu einem Kaffee
mit Apfelstrudel einkehren. Die Dame, die uns den Kaffee macht, ist schon
angezogen wie yesteryear und was sie in ihrer Wirtsstube alles angesammelt
hat: Puppenwagen und alte Spielzeuge, in der Mitte des Raums ein gusseiserner
Holzherd mit allen möglichen Küchenutensilien aus Grossmutters Zeit
rundum drapiert, während auf einem alten Grammophon als
Hintergrundbeschallung wirklich eine alte Schellackplatte am Laufen ist. Man
kommt gar nicht dazu, alles zu bestaunen, bis der Kaffee ausgetrunken ist.
Aber mich zieht es wieder heim. Ich bin müde und habe Sehnsucht nach
einem Mittagsschlaf.
Aber am Abend, da will ich doch fit genug sein, denn auf der Menütafel in
unserem Café habe ich gesehen, dass es Whitebaits gibt. Wir sind hier
nämlich wieder im Mündungsgebiet eines Flusses. Natürlich muss
ich diese ausprobieren und sie sind wirklich noch besser als jene im Curly
Tree an der Westküste.
Das Ganze mit diesen Whitebaits hat mir an einem von unseren allerersten
Standplätzen in Parakai jener Maori eingebrockt, der immer an den
Wochenenden oder wenn's geht , wegen der Whitebaits dorthin fährt und uns
gwundrig gemacht hat, was Whitebaits sind.
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