Karratha
Ich möchte zuerst noch ein Foto von der Kirche hier in Karratha haben,
die wirklich aussieht, wie eine Rakete auf der Abschussrampe. Es scheint die
Gemeindeverwaltung zu sein, vor welcher wir parkieren, angeschrieben ist aber
‚Shire of Roebourne'. Shire, so lehrt uns der Dix, sei eine Grafschaft.
Ob die hier tatsächlich noch Grafen haben? Wahrscheinlich ist damit eher
ein Bezirk gemeint.
Ein Blick ins Visitorcenter ist immer gut. Dort bekommt man Unterlagen
über örtliche Sehenswürdigkeiten oder wie in Neuseeland die
‚must do's'. Dank dem, dass die aus Deutschland stammende Dame dort
unser Schweizerdeutsch hört, bekommen wir auf Deutsch den Tipp für
eine Besichtigung im Visitorcenter der Gasförderanlage in Dampier und
einen Besuch des Hafenstädtchens selbst und dass wir möglicherweise
in Onslow am ehesten eine Unterkunft finden, als Alternative zum Roadhouse,
welches zu diesem Zweck Campervans vermietet. Für beides gibt es aber
eine Etappe von mehr als dreihundert Kilometern. Das wäre also heute
nochmals eine Monsterfahrt und da schon späterer Vormittag ist, buchen
wir nochmals hier eine Nacht im Big4, wo wir gestern zu spät gekommen
sind. Wir zahlen dort allerdings für eine Cabin, wo wir wenigstens kochen
können, ebenfalls 200$, wie gestern im All Seasons.
Salz, Gas und Eisen beherrschen nicht nur Port Hedland, sondern auch Karratha
und Dampier. Bevor wir zur Gasförderanlage in Dampier kommen, führt
eine neu im Bau begriffene, breite Strasse Richtung Flughafen durch grosse
Salzgewinnungsanlagen. Weiss und pinkfarbene Salzbecken in roter, baumloser,
steiniger Einöde und mittendurch führt die Strasse und hundert Meter
weiter drüben das Bahngeleise, auf welchem jetzt ein langer Erzzug steht,
dessen Ende sich irgendwo in der Ferne verliert. In kilometerlangen Zügen
wird Erz nach Dampier zum Schiffshafen gebracht. Ich habe an diesem Zug 235
Wagen gezählt! - eine wahrhafte Eisen-Bahn.
Die Landschaft ist hier steinig und kahl. Die Hügel sehen schorfig aus,
als ob der Bergrücken einst ein einziger Stein gewesen wäre, der
jetzt langsam in viele kleine Teile zerbröckelt. Über eine
ungeteerte Seitenstrasse kommen wir ans Meer, wo wir am einsamen Strand im
Schatten eines Häuschens mit Tischen und Grillstellen ein Picknick
veranstalten. Man ist froh um den Schatten oder jedenfalls die Einrichtung des
Häuschens, welche durch eine Öffnung im Dach für eine angenehme
Luftzirkulation sorgt, wo man der drückenden Hitze ein bisschen
entfliehen kann.
Ganz in der Nähe leuchtet etwas Rotes aus den Steinen und beim
Näherkommen entdecken wir wunderbare Blumen, es könnten fast
Orchideen sein. Wie mir die Rezeptionistin später verrät, ist es
die Sturt's Desert Pea, eine Wüstenpflanze, die nur hier im Outback
Australiens vorkomme.
Die Gasförderanlage hinter dem nächsten Hügel ist riesig, sie
hat eine Skyline fast wie eine Stadt, aus Rohren, Tanks, Gittermasten und
Kaminen, welche fauchende Flammen ausstossen und wo es zischt und tost, wo sie
das geförderte Gas läutern und in flüssigem Zustand auf Schiffe
verladen und von hier aus durch Pipelines durchs ganze Land transportieren.
Man hat in dieser Region in jüngster Zeit riesige Gasvorkommen entdeckt
und deren Ausbeutung ist am boomen.
Um die ganze Anlage aufs Bild zu bekommen, was eh nicht funktioniert, gelangen
wir wiederum hinunter ans Meer, wo wir abermals Kängurus aufscheuchen,
die entflohen sind, ehe wir sie auch nur mit unserem Tele hätten
einfangen können.
Dampier ist eigentlich ein ganz kleiner Ort, aber wichtig ist ebenfalls sein
Erzverschiffungshafen und als René die Brücke über die
Gleisanlagen fotografieren will, macht ihm doch einer dieser kilometerlangen
Züge die Freude, dass er pustend und stampfend in seiner ganzen
Länge unter der Brücke durchrattert.
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