Karratha - Onslow
Bevor wir heute weiter ziehen, benutzen wir die Gelegenheit, hier im riesigen
Einkaufszentrum in Karratha zu posten. Die Stadt wurde in den letzten dreissig
Jahren, seit man hier Öl und Gas gefunden hat, aus dem Boden gestampft,
weil Dampier keine weitere Ausdehnung mehr zuliess. Man verirrt sich in diesem
Zentrum und findet man endlich den richtigen Ausgang, wo das Auto parkiert
ist, läuft einem die Brille an, wie in einer Waschküche. Aber wir
haben nun ein Picknick und es kann losgehen.
Es ist heiss und es ist Regen angesagt. René hat schlecht geschlafen.
Die lärmige Klimaanlage haben wir mit der Zeit abgestellt, aber dann
wurde es einfach viel zu heiss.
Minen und Erzabbau beherrschen hier das Leben. Was sich auf den Strassen
bewegt, sind meistens die riesigen, langen Roadtrains, welche bis fünf
Anhänger ziehen dürfen, von denen jeder wesentlich länger ist,
als das Zugfahrzeug selbst. Meistens werden sie von weissen
Sicherheits-Fahrzeugen mit hohen Antennen drauf begleitet.
Telefonieren mit dem Handy geht nämlich höchstens in den Ortschaften
und bei den Roadhouses könnte man eine Telefonkabine benützen. Unser
Internet probieren wir gar nicht aus, wir sind am Abend von der Hitze viel zu
müde, um noch zu schreiben oder sonst für etwas.
Die Berge haben hier auf ihren Kuppen überall diesen rostroten bis fast
violetten Schorf und an ihrem Fuss das beige, dürre Gras in Büscheln
auf einem roten Grund, dazwischen hellgrüne Büsche. Mir gefallen
diese Farben. Wir stoppen beim ersten Roadhouse, das ist nach 104 Kilometern,
für einen Kaffee. Dann fahre ich, das heisst, das Auto fährt. Man
muss ja nur noch das Steuer halten, damit man auf der Strasse bleibt. Der
Tempomat wird auf 90 eingestellt und so wird Kilometer um Kilometer gefressen.
Boring? Für mich eigentlich nicht, obwohl die Strasse immer geradeaus
geht, selten mal muss man ein bisschen um eine langezogen Kurve lenken. Am
Strassenrand halbverdorrte oder halb abgenagte Kängurus, einmal ein Rind,
das schon ziemlich aufgeblasen die Beine weit von sich streckt.
Es kommen nicht viele Autos entgegen. Alles sind Allrader oder Trucks und
Roadtrains mit ihren vielen Anhängern - vielleicht mal eine Brücke
über einen River. Bei einer solchen legen wir einen Picknickstopp ein. In
den Eukalyptusbäumen über den Picknicktischen bezwitschern
unzählige, grüne Wellensittiche unsere Mittagsrast. Und weiter
geht's mit monotonem Motorengeräusch durch die einsame Weite. Nach 218 km
und dem einzigen Roadhaus, das am Weg lag, weckt die Lady René neben
mir gerade aus einem leichten Schlummer. Wir müssen abbiegen um noch
weitere 82 km bis Onslow durch einsamste Gegend zu fahren. Bewohnt ist sie
allerdings schon, denn alles ist übersät von tausenden von roten
Termitenhügeln in skurrilsten, bulligen Formen aller Art. Der
Aussenthermometer zeigt zeitweise bis 42 Grad an und wenn man aussteigt, meint
man, man gerate in ein Heissluftgebläse.
Onslow hätte eine Menge Unterkünfte, nur heute scheinen wir Pech zu
haben. Auch dieser Ort befindet sich in einem enormen Umbruch. Einst
verschlafen und ruhig und heute dank neuen Gasfunden in rasanter Entwicklung.
Die Strasse wird stark ausgebaut und all die vielen Arbeitskräfte
benötigen Wohnraum. Deshalb sind neue Containersiedlungen entstanden und
die Caranvanplätze ausgebucht. Am einen Ort kommen wir gerade eine halbe
Stunde zu spät und auf einem andern Campingplatz könnte man uns
vielleicht einen Camper aufräumen und zurecht machen, aber die Frau fragt
für uns doch vorher noch im Motel an. Es scheint, als ob es das letzte
Hotelzimmer ist, welches zu bekommen ist, oder man nutzt solche Gelegenheiten
aus. Wir zahlen dafür, wie es uns scheint, mit 350$ (man kann mit dem
Schweizer Franken gerade 1:1 rechnen) einen sündhaften Preis, dafür
haben wir Meersicht mit einem blühenden Busch vor der Veranda, eine
Wohnküche und drei Betten, aber nur einen Stuhl am Tisch. Man muss sich
mit dem Balkon-Stuhl behelfen.
Zuerst inspizieren wir den Strand mit seinen vielen Korallenbruchstücken
und Krabben, die ihre Kügelchen vors Haus drapieren. Nicht so weit
entfernt, ein gut kilometerlanger Verladungssteg zu den Transportschiffen und
ein Wind, der immer stärker wird, sodass wir heimkehren, um unsere
Kameras vor dem feinen Sand in Sicherheit zu bringen.
Dort wird endlich mal geduscht, obwohl beide Hahnen kein kühlendes Wasser
zu bieten haben, aber wenigstens habe ich den Sand aus den Haaren gespült
und nun finde ich für all das gute Geld nicht mal einen Haarfön.
Also gehe ich hinaus, ins Heissluftgebläse, das jeden Fön ersetzt,
allerdings mit dem Erfolg, dass in den nassen Haaren nun noch mehr
herumgewirbelter Sand kleben bleibt.
Das Tosen wird draussen immer stärker und drinnen pfeift und heult es
durch alle Ritzen und Spalten und bald kann man in der gemütlichen
Wohnküche Schaufeln voll Sand zusammenwischen, die unter der
Balkontür hereingeblasen werden. Aber wenigstens haben wir eine
Klimaanlage, welche keinen Krach macht, doch ich befürchte, dass der Wind
heute Nacht auch die grösste Krachmaschine übertönen
würde.
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