Onslow - Carnarvon
Es ist Sonntag, aber hier laufen alle Strassenarbeiten auf Hochtouren, man
muss die Infrastruktur zu den neuen Gasförderanlagen anpassen. Wir
müssen die 80 km durch das Termitenhügelgebiet wieder zurück
fahren, bis zum Highway. Die Rezeptionistin hat uns gefragt, welche Richtung
wir einschlagen und etwas beruhigt grünes Licht dafür gegeben, denn
es ist eine Zyklon-Warnung im Busch. Sie drückte uns einen ausgedruckten
Zettel einer Meteostation in die Hand, wo man sieht, dass sich bis Dienstag
hier über diese Gegend ein Zyklon entwickeln wird und voraussichtlich bei
Headland oder Broom aufs Land trifft. Der Wind hat in der Nacht doch etwas
abgegeben, aber der Himmel ist heute bedeckt und es ist trotzdem heiss.
Im Nanutarra Roadhouse, dort wo man in Campervans übernachten kann,
gibt's erst mal Kaffe und beim Studium der Karte beschliessen wir, anstatt
nach Exmouth ans Nordwest Cap, wo man im Ningaloo Marine Park schnorcheln und
mit Mantas schwimmen könnte, direkt weiter südlich nach Carnavon zu
fahren. Es muss wunderbar sein, in Exmouth zu schnorcheln, aber bei diesen
Wetteraussichten wird dies kaum möglich sein.
Das bedeutet für heute statt 340 sogar 400 Kilometer und wir müssen
uns für heute und auch morgen auf eine Monstertour einstellen. Es gibt
dazwischen einfach nichts. Wir sind daran zu er-fahren, was Distanzen
sind.
Gleich nach dem Roadhouse liefert die alte Nanutarra Bridge über den
Ashburton River 100 Fotosujets. Kurz darauf sorgen Signaltafeln fast für
Aufregung. Die Strasse übernimmt nämlich hier in Notfällen
Landepistenfunktion für Flugzeuge. Die Temperaturanzeige auf dem
Armaturenbrett steigt während des Tages wieder auf 42 Grad, wir aber
können uns mit der Klimaanlage eine gemütliche Temperatur
einstellen.
Wieder faszinieren mich die Farben und die Form der Landschaft. Plötzlich
geht die Strasse nicht mehr nur geradeaus, sondern sie geht ausserdem auch
noch auf und ab. Es sind bis zu 10 Meter hohe Dünen, die wir in
gleichmässigem Abstand hinauf und hinunter durchkreuzen. Es scheint dass
sie aus rotem Sand oder Gestein bestehen und sie sind mit dem beigfarbenen
Gras bewachsen, dazwischen bestückt mit niederem, grünem
Gebüsch. Endlich kann ich mir erklären, was diese
regelmässigen, unendlich langen Striche sind, welche man vom Flugzeug aus
sieht, die sich über das Land hinziehen und von denen man meinen
könnte, als wäre ein riesiger Kamm darüber gezogen worden. Soll
jemand sagen, Wüste sei wüst.
Später geht's wieder monoton geradeaus weiter. Einmal muss ich abbremsen,
weil zwei Emus gemütlich über den Highway stacksen und auf der
andern Seite wieder im niederen Gebüsch weiter nach Fressen suchen. Ab und
zu erheben sich rote Steinhaufen aus der endlosen Ebene, weiter nichts.
Unbemerkt überschreiten wir den Wendekreis des Steinbocks, der Grenze zur
tropischen Zone. Man zählt die Distanzanzeigen alle zehn Kilometer bis
zum nächsten Roadhouse oder Tankstelle oder Abzweigung. C wie Carnarvon,
40 - 30 - 20 - 10 und endlich ist man da.
Von weitem erblickt man die riesige Scheibe der Radarschüssel mit einem
Durchmesser von 30 Metern, welche für die Nasa und auch beim
Apollo-Projekt eine Bedeutung hatte. Bei diesen Temperaturen und Klima staunt
man eigentlich nicht, dass hier in der Gegend, mit Wasser aus dem hier ins
Meer mündenden Gascoyne River bewässert, grosse Bananenplantagen
gedeihen. Im Plantation Caravan Park, einem Big4 bekommen wir eine Cabin und
es reicht uns gerade noch, bevor die Sonne untergeht, für einen Blick vom
Hügel, auf dem die Radarschüssel steht und nachher unten beim Meer
einem Spaziergang auf dem One Mile Jetty aus dem Jahr 1897, welcher wieder mal
den Anspruch stellt, einer der längsten hölzernen Landungsstege in
der südlichen Hemisphäre zu sein.
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