Norseman - Kalgoorlie
Es ist kalt, bei Sonnenschein und fast blauem Himmel ist es nur 18 Grad. Dabei
zweigt der Eyre Highway von hier in Norseman ab, direkt in die Nullarbor
Plaine. Da dachte ich jetzt immer das sei Wüste und Wüste sei heiss,
dabei ziehe ich mir heute wieder was Wärmeres drunter an. Wir fahren die
drittletzte Etappe rund 200 km weiter nordwärts. Weiter begleitet uns
auch immer noch die Eisenbahnlinie entlang des Lake Cowan, der im Moment auch
wirklich ein See ist.
Die Strasse geht wiederum kilometerweit geradeaus durch lockeren
Eukalyptuswald, welcher auf einer grossen Strecke vor längerer Zeit
gebrannt haben muss. Das Feuer war nicht ganz zerstörend, denn die
kahlen, abgestorbenen Stämme und Äste ragen immer noch bizarr aus
dem neu ausgetriebenen, wieder 1-2 Meter hohen Gebüsch. Ein ganzer
Skelettwald!
Laut sinniere ich, wie ich die feinen Eukalyptusbäume hier beschreiben
könnte und finde Schäfchenwolken-Eukalyptus passend. René
meint eher Broccoli, die schon etwas ausgewachsen sind. Nun beginnen wir zu
schauen, wer mehr Recht hat und stellen fest, dass wir ausserdem mit dem
Vergleich von festem Broccoli gerade drei verschiedene Eukalyptusarten
unterscheiden können. Die Blackbutts mit den weissen Stämmen und der
in Bodennähe schwarzen Rinde, die Schäfchenwolken, dann die
ausgewachsenen Broccoli mit den goldenen Stämmen und die festen Broccoli
eben die dritte Art.
Bei einem Windrad an einem Wasserloch müssen wir wieder mal aussteigen.
Man findet immer Erstaunliches, wie fast auf Schritt und Tritt ausgebleichte,
sauber abgenagte und verstreute Knochen von Kängurus und anderem Getier,
Kässeli-Ameisen, welche als Eingang in ihren Bau statt ein rundes Loch,
wie normale Ameisen, einen länglichen Schlitz machen, wie bei einem
Sparschwein. Oder ein summendes Gebüsch, wo man erst beim zweiten Blick
die winzig kleinen, roten Blüten sieht, welche von Bienen umschwärmt
werden.
Die endlos lange, eintönige Geradeausstrecke finde ich also
überhaupt nicht langweilig und ich bin so glücklich, dass
René mit mir so viel gemeinsam hat. Wenn wir am Abend jeweils die Fotos
anschauen, stellt sich heraus, dass wir unabhängig voneinander die
gleichen Sachen als Sujet ausgewählt haben.
Je näher wir Kalgoorlie kommen, desto mehr hat man den Eindruck, dass
überall gebuddelt und nach Gold gegraben wird. Überall sieht man
grössere oder kleinere Abraumhalden und Anlagen, wo Bagger Material in
riesige Trichter schaufeln, wo es tost und knirscht und
Förderbänder, die Ware weiter transportieren, wo dann das Gold
herausgearbeitet wird. Der ganze ‚Abfall' türmt sich dann in der
Nähe zu riesigen Bergen und Pyramiden.
Wir sind um zwei Uhr bereits wieder in Kalgoorlie und haben so noch Zeit
für einen Stadtbummel und einen Blick vom Lookout auf dem riesigen
Wasserreservoir. Schon anfangs letztes Jahrhundert haben sie begonnen, Wasser
aus der Nähe von Perth in einer Pipeline hierher zu leiten, damit die
Goldgräberstadt überhaupt Wasser bekam. Heute leben etwa 30'000
Menschen da.
Gestern staunte ich ob der Grösse der Abraumhalde hinter Norseman, aber
dies ist ja nichts, gegen das was man hier sieht. Soweit das Auge reicht -
Abraumhalden und künstliche Berge aus feinem Abfallmaterial, das kein
Gold mehr birgt. Erstaunlich, aber schön ist anders.
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