Kalgoorlie - Merredin
Am Morgen ist es wieder nur 18 Grad und der Himmel ist heute bedeckt. Bei der
Abgabe des Schlüssels kann ich es nicht verkneifen, der Rezeptionistin zu
sagen, dass ich gestern ziemlich unglücklich gewesen bin. Da hatte ich
mir wieder mal ein so schönes, grosses Rumpsteak gepostet und freute mich
den ganzen Nachmittag drauf. Ich habe wieder mal eine Maschine voll gewaschen
und nachher noch etwas geschrieben, damit ich wieder was hochladen kann. Als
ich uns dann kochen wollte, realisierte ich erst, dass es ja in der Küche
gar keine Kochstelle hatte. Auch kein Rechaud und nichts ausser einem
Mikrowellenofen. Da mach mal einer ein Steak oder ein Spiegelei in der
Mikrowelle! Pfannen hätte es gehabt und ein Dampfabzug war von
früheren Zeiten auch immer noch da. Ich überlegte mir noch, ob ich
in die Campküche oder zum Barbeque gehen soll, das ist auf jedem Platz
immer so das Wichtigste, aber dazu war es mir dann doch zu spät. Ich
hoffte leise auf einen Refound, aber die Dame hatte kein Musikgehör. Sie
haben nirgends mehr Kochstellen, dabei ist die Möglichkeit, selber zu
kochen der Grund, warum wir diese Cabins auf den Campingplätzen
vorziehen.
Wieder mal eine Erfahrung reicher, ziehen wir los, Richtung Westen, immer
geradeaus. Diesmal begleitet uns nicht wie gestern die Bahnlinie, sondern die
Golden Pipeline, mit der man bereits Ende des 19. Jahrhunderts Wasser von
Mundaring bei Perth die ganzen 600 Kilometer nach der Goldgräberstadt
Kalgoorlie pumpte. Heute ist die Stadt immer noch von dieser Wasserleitung
abhängig.
Abwechslung gibt es wirklich nicht viel. Auch die Studien über Broccoli-
und Schäfchenwolken-Bäume erschöpfen sich mit der Zeit.
Dafür kann ich meine Lollipop-Boy-Sammlung um zwei ziemlich bärtige
Exemplare erweitern, obwohl doch heute Sonntag ist - die Strassenarbeiten
ruhen nicht. Aber immerhin steigt die Temperatur langsam bis auf 22°.
Auf der ganzen 330 Kilometer langen Strecke bis nach Merredin, wo wir
vorsorglich wieder eine Cabin reserviert haben, ist nichts Spektakuläres
zu sehen. Auf meiner Karte ist einzig nach etwa 200 km der Karalee Rock rot
eingetragen. Bei solchen Hinweisen lohnt sich meistens ein Stopp. Neugierig
folgen wir dem braunen Wegweiser auf der ungeteerten Strasse etwa vier
Kilometer in den Busch und lernen, wie sie früher, zu Goldrauschzeiten in
dieser trockenen Gegend zu Wasser gekommen sind. Der Karalee Rock ist ein
riesiger, flacher monolithähnlicher Felsen, auf dem das Wasser ja nicht
versickern kann. Also baute man seinem Rand entlang eine Mauer ringsum und
leitete das so zusammengelaufene Regenwasser durch einen Kanal in ein grosses
Reservoir. Auf der Strecke Perth - Kalgoorlie brauchten nämlich die
Dampfloks immer wieder Wasser. Das geniale System funktioniert immer noch, wie
die vollen Teiche, hier und auch in Merredin, wo man einen noch viel
grösseren Felsen anzapfen kann, dank den jüngsten Regenfällen
beweisen.
Im Laufe des Nachmittags haben wir unser Ziel erreicht und beziehen eine
richtig schöne Villa, mit zwei Schlafzimmern, einem Wohnraum, Dusche,
vollständiger Küche mit Kochherd, Backofen, Mikrowelle und
Riesenkühlschrank, Fernseher, DVD-Player, Klimagerät und was wir
sonst alles auch nicht gebrauchen, zum gleichen Preis, wie gestern, wo man
nicht mal kochen konnte.
Natürlich muss ich auch hier diesen Wasserfelsen erklettert haben und es
reicht noch für einen Loop durchs Dorf, wo gerade ein ganz moderner Zug
aus Kalgoorlie eingetroffen ist und jener aus Perth in der anderen Richtung
auch eben erwartet wird. Fürs Museum, wo die alte Lok des
Kalgoorlie-Express, noch aus dem Jahre 1897 zu bestaunen ist, ist es halt
schon zu spät.
Dafür gibt's heute ein Rumpsteak à 404g! und nicht aus dem
Mikrowellenofen.
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