Sale - Lakes Entrance
Es hat in der Nacht gestürmt und geregnet und jetzt scheint wieder die Sonne,
aber es ist kalt, nur 14 Grad. Ich ziehe jedenfalls wieder die Socken und Schuhe an
und am Anfang muss ich beim Fahren sogar die Heizung etwas einschalten. Wir sind
beizeiten abgefahren und haben heute nur gerade 100 km zu bewältigen. Aber
wenigstens haben wir für heute und morgen einen Platz auf sicher.
Eigentlich gibt es unterwegs gar nichts Spektakuläres zu sehen. Jetzt ist es
Alltag geworden - die einsamen Bauernhöfe, die sich hinter ihren
Gebüschen und Bäumen verstecken, die Strohballen und die weidenden
Kühe oder Schafe, von denen man kaum je die Köpfe sieht, weil die ihr
Fressen zusammensuchen müssen, damit sie am Abend satt sind oder die von einer
Feuersbrunst gebeutelten Bäume, deren Stämme schwarz sind und die
Blätter nun braun und verdorrt, vergeblich ums Überleben gekämpft
haben. Wenn das Unterholz neu ausgetrieben hat und den Boden wieder bedeckt, werden
wohl die Äste auch noch für ein paar Jahre das neue Grün wie
Skelette überragen und ihre kahlen Finger gegen den Himmel strecken. Immerhin
sieht man heute in der Ferne Berge und in Bairnsdale zweigt gar die Great Alpine
Road von unserem Princes Highway ab, dem wir heute seit Sale wieder folgen und
welcher bis nach Sydney führt.
Im kleinen Johnsonville ist heute Allerleimarkt. Ein Kaffee und eine Toilette sind
sowieso fällig und deshalb streifen wir auch durch die improvisierten
Marktstände rings um die Hall, wir würden dem wohl Kirchgemeindehaus
sagen. Daneben ist eine Garage und vis-à-vis der Generalstore. Viel mehr
sieht man vom Ort nicht. Den Kaffee muss ich auch auf später vertagen, denn im
Moment funktioniert die Kaffeemaschine nicht und man hat nur Nescafé.
Wir sind immer noch im Gebiet der vielen Seen, welche die Flüsse bilden, die
ins Meer fliessen möchten. Ninety Mile Beach heisst hier die lange
Sanddüne, die ihnen dies verhindert, bei Lakes Entrance dürfen sie dann.
Bei all dem vielen Wasser und Stränden ist dies ein idealer Ort für
Ferien zum Fischen, Surfen und Campieren und unser Big4 hat uns den hintersten
Winkel in ihrem Park freigehalten. Immerhin ist es ein richtiger Campingplatz und
nicht eine Budenstadt, wie jener in Queenscliff, aber seine Küche ist auch
kein Hit. Wahrscheinlich muss ich auch hier wieder in der Salatschüssel im
Auto das Geschirr abwaschen.
Im Hafen liegen die Fischerboote. Eins davon, auch wieder mit seinen
Festbeleuchtungsgirlanden, öffnet gerade fürs Publikum den Zugang auf dem
Landungssteg. Seafood direkt vom Boot und die Leute kaufen fangfrische Prawns. Weil
ich meine Gwundernase gefüttert habe, weiss ich jetzt endlich, was Prawns
sind, aber ich weiss nicht, wie man ihnen auf Deutsch sagt. Es sind die grossen,
etwa 10 cm langen Crevetten.
Der Strand hier, hinter der Düne, ist sagenhaft. Der Wind hat wieder stark
zugenommen und richtig schöne Surfwellen kommen in einem Tempo und in kurzen
Abständen daher, dass mir darob regelrecht sturm wird.
Nach dem Essen gehe ich doch mit meinem Geschirr und dem heissen Wasser der
Tortellinis in die Küche. Natürlich ist der einzige Spültrog besetzt
und anstatt langweilig zu warten, nehme ich dem jungen Mann das Geschirrtuch von
seiner Schulter und frage, ob ich ihm helfen soll. Er ist auch schon länger
unterwegs und war zwei Monate in Neuseeland. Mir kommt sein ‚Akzent', welchen
man bei mir auch immer als Holländisch oder Deutsch deutet, ebenfalls
irgendwie vertraut vor und ich frage ihn, woher er kommt. ‚Switzerland' - und
da haben wir so lange so mühsam gequatscht! Er ist schon das fünfte Mal
in Australien und ihm hat es in Neuseeland abgelöscht. Natürlich im
Januar bei diesem Wetter das sie dieses Jahr hatten.
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