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Auch heute sieht es draussen vor dem Fenster noch recht neblig aus. Um acht Uhr haben wir bereits wieder die erste Schleuse in Iffezheim erreicht und das Oberdeck reizt noch in keiner Weise. Auf der Höhe um Kilometer 303 müssen wir unbemerkt in den Rhone-Rhein-Kanal eingebogen sein. Schwäne auf dem Wasser und schöner blauer Himmel begrüssen uns, bevor wir bei Strassburg festmachen und ein letztes Mal mit unserm Audioset bewaffnet, einen der bereitstehenden Busse erklettern. Bis zur Innenstadt, wo heute der letzte Stadtrundgang stattfindet, wäre es zu Fuss doch zu weit und mit dem Tram vielleicht von hier aus noch etwas kompliziert. So hat man die Gelegenheit, bereits unterwegs einiges von Strassburg zu sehen und erklärt zu bekommen, wie zum Beispiel den Komplex von Europarat und -Parlament oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, welche sich ebenfalls hier befinden.
Stolz, wie es scheint, berichtet man uns auch über ihr Tram. Das erst in den
1990er Jahren entstandene Netz mit damals futuristisch anmutenden Niederflurbahnen,
die eher einem Hochgeschwindigkeitszug, als einer Straßenbahn gleichen, sind
zu einer Touristenattraktion geworden. Verkehrskollapse gehören seither der
Vergangenheit an. Wir kreiseln um einen riesigen Kreisel am Place de la
Répuplique und irgendwann entlässt uns der Chauffeur, wo es nun nicht
mehr so weit sei. Abgeholt werde man entweder bei der Post direkt beim
Münster, oder dann halbstündlich mit dem Shuttle bei der Nikolaikirche.
Also alles bestens organisiert.
Ich halte vergeblich Ausschau nach der Besitzerin der Stimme in meinem Ohr - es ist
ein Mann, der uns nun zuerst über die Pont Couverts und durch das ehemalige
Gerberviertel "Petite France" mit seinen Fachwerkhäusern führt, welche
sich schön restauriert im Kanal spiegeln. Hunderte von Jahre alte malerische
Stadthäuser und elsässische Handwerks- und Souvenirläden, machen den
Spaziergang zu einem Genuss. Wir kommen vorbei an einem Denkmal für Gutenberg,
der direkt neben einem Rösslispiel auf einem grossen Platz die Szene bewacht.
Es sind massenhaft Leute unterwegs. Es ist heute Tag der Deutschen Einheit und so sind wohl viele Touris von ennet der Grenze hier. Ein entsprechendes Gedränge herrscht folglich auch im Münster, wo wir durch einen Seiteneingang zuerst zur astronomischen Uhr geführt werden. Eigentlich ist jetzt halb vier Uhr, aber astronomisch genau hier ist jetzt drei Uhr, Zeit für das Uhrwerk, das schlagen soll. Und seiner Grösse entsprechend erwartet man Klamauk oder jedenfalls Figuren, wie der krähende Hahn hoch oben, welche sich bewegen, Klöppel schlagen oder tanzen sollen oder was auch immer. Vor lauter gwundrigen Leuten, die sich vor der Uhr ansammeln, sieht man nicht alles was man sehen könnte, und verstehen geht sowieso nicht. Immerhin erklärt der Führer doch Näheres über dieses Wunderwerk mit seinen verschiedenen Ziffer- und Anzeigeblätter mit Sonnen und Mondzeigern, wo man Sonnenauf- und Untergang ablesen kann und man staunen kann über dieses Ding, das vor bald zweihundert Jahren gebaut wurde und eigentlich eine komplexe Rechenmaschine ist, welche sogar die Kreiselbewegung der Erde bei einem Umlauf in etwa 26'000 Jahren darstellen kann. Schade, dass sich René ausgeklinkt hat. Sicher wird er es bereuen, denn Uhren interessieren ihn seit eh, aber er weiss wohl nicht, dass sich solch ein Kleinod hier in dieser Kirche befindet, und die dazu noch die einzige Uhr auf der Welt ist, die 13 schlägt!.
Nachdem wir auch noch dem Engelspfeiler, der grossen Rosette und den farbigen Bleiglasfenstern unsere Bewunderung gezollt haben, mischen wir uns draussen wieder unter die Masse des Volkes, welches heute Strassburg unsicher macht. Die Führung ist noch nicht ganz fertig, aber ich klinke mich nun ebenfalls aus und will zusammen mit René und Ruedi bei der Post auf Ursula warten, die versprochen hat, jene abzuholen, die auf den Shuttle möchten, um zum Schiff zurück zu kommen. In all dem Gewühl verpassen wir sie aber und so machen wir uns halt auf eigene Faust auf, um zur Station St. Nikolas zu kommen, um dann nicht noch den letzten Schuttle zu verpassen. Ende gut - alles gut! Immerhin sind wir bei "Leinen los" auf dem Schiff und dann heisst's sich stylen, um zum Kapitain Attila Ladanyi's Cocktail zu erscheinen. Es ist ja heute der letzte Abend auf dem Schiff und alle Frauen werden neben einem Cüpli heute mit einer wunderschönen Rose beschenkt. Reden werden geschwungen, von denen ich wieder mal nichts verstehe und die ausserhalb der Reichweite meines Objektivs abgehalten werden.
Man hat die Abrechnung bekommen, die man in aller Ruhe kontrollieren konnte und
wenn man nichts Unstimmiges gefunden hat, wird einem der Betrag dann direkt von der
Karte abgebucht, falls man zu Beginn diese hat registrieren lassen. Es war ja nicht
viel, einzig die Getränke, der Wein und etwa einen Grappa, das zusammen rund
150 Euro ausmacht.
Während draussen nun die letzte Nacht hereinbricht, in welcher unser Schiff
wieder durch die acht Schleusen bis Basel hinaufgehievt wird, lassen wir uns ein
letztes Mal von unserer ausgezeichneten Küchenbrigade verwöhnen. Das
Gala-Dinner muss nun wohl die Krönung sein, die da beginnt mit einer Trilogie
vom Lachs, mit Tartar und Kaviar. Darauf folgt eine Tasse klare Ochsenschwanzsuppe
mit einer Knusper-Käsestange und als dritter Gang die Black Tiger Garnelen mit
Safransauce und Zitronengras-Risotto. Immer virtuos und künstlerisch
ausgeschmückt und garniert und von den Portionen nicht zu gross, so dass man
es durch alle sieben Gänge schafft. Gang vier ist ein Sorbetlein aus
Zitronen-Minze mit Grenadine und dann Chefs Hauptspeise, ein argentinisches
Roastbeef, rosa gebraten auf einer grünen Spargel und andern kleinen
Gemüseschnitzen, mit einem Löffel Rotweinreduktion und dressierter,
leicht überbackener Härdöpfelstock, während René
beglückt wird mit einem crèmigen Wildpilzragout mit frischen
Kräutern, ebenso mit Gemüsebouquet und Herzoginkartoffel. Richtig lecker.
Dann kommt es, das Dessert - die Eisparade "MS Edelweiss", mit brennenden
Wunderkerzen vom Servierpersonal durchs Restaurant getragen und gebührend
beklatscht. Das Tranchieren muss nun schnell gehen und schon werden die mit
Früchten garnierten und mit einem kleinen Windbeutel versehenen
"Edelweiss-Teller" mit einem Schriftzug aus Schokolade serviert. Zum Abschluss darf
heute ein Schnäpsle und ein Praliné zum Kaffee nicht fehlen.
Schade, dass es schon wieder zu Ende ist. Es war schon beruhigend, das
Dahingleiten, fast Schweben auf dem Wasser und das Nichtstun und nur Geniessen.
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