Etwa 270 Kilometer haben wir heute bis Dunedin zu bewältigen. Wie es sich
meist von selbst ergibt, starten wir um 9 Uhr. In Omarama sollten wir abzweigen,
verpassen es aber, wohl weil wir gestritten haben. Ich hatte von meiner Seite aus
weit voraus ein entgegenkommendes Fahrzeug gesehen und als René trotzdem
noch überholt hat, wieder die Beine angezogen und alle Hände verworfen.
Dadurch verunsichert, zögerte er und erst dadurch wurde die Situation dann ein
bisschen enger, obwohl es trotzdem noch spielend reichte. Das hat man ja gern -
selber nicht fahren, aber wäffelen!
Eine wolkige Decke hat das Blau von gestern abgelöst und verhüllt den
oberen Teil der hier immer noch bis zweitausend Meter hohen Berge, welche die
Hochebene umrahmen, die wir nun wieder in südlicher Richtung durchfahren.
Eine wunderbare Formation aus leuchtend gelbem, zerfurchtem und erodiertem Sand-
oder Kalkgestein erweckt unsere Aufmerksamkeit und wir halten für ein Foto am
Strassenrand an. Die Sonne meint es gut und sie schickt uns tatsächlich
für einen kurzen Moment ein paar goldene Strahlen, welche die Clay Cliffs
jetzt noch optimaler modellieren. Auch unsere Gemüter haben sich wieder
beruhigt und nach etwa fünfzehn weiteren Kilometern realisiere ich erst, dass
wir in der falschen Richtung fahren. Hätten wir diese Abzweigung nicht
verpasst, welche, wie wir uns jetzt extra achten, sehr schlecht signalisiert ist,
hätten wir Clay Cliffs ja gar nicht gesehen!
Der in Omarama abzweigende Highway Nr. 83 führt an drei schönen Seen
vorbei. Ihr Blau hat nun nicht mehr ganz so dieses Türkis, aber es hebt sich
doch wunderbar kontrastreich von den braunen, baumlosen Bergen ringsum ab. Drei
oder vier dieser ziemlich verästelten Seen sind eigentlich
zusammenhängend, jedoch durch Staudämme und Nutzung der Wasserkraft auf
drei verschiedene Höhen abgestuft. Zur Besichtigung der Benmore Power Station
mit ihrem Erddamm, folgen wir einem braunen Wegweiser.
In Kurow müssen wir gerade einen Stopp reissen. Zwar nicht wegen der
Strohpuppenfamilie aus Traktoreiern, welche einen beim Dorfeingang willkommen
heisst, sondern weil wir ein Tip-Top-Plakat gesehen haben. Glacéschleckend
schlendern wir auch beim benachbarten Trödler vorbei. Fahnen an einer
Wäscheleine aus verschiedenen Ländern und auf einem Schild 'Curios and
used Goods' preist er draussen an. Drin im Laden quillt alles über, meist von
Büchern, die alle einzeln in eine durchsichtige Folie eingepackt sind. Was
immer man suche, man soll den Besitzer fragen, er habe es bestimmt. Nur etwas hat
er noch nicht. Auf einem andern Plakat heisst es "wanted good Woman"! Er fühlt
sich einsam und nur sein Hund, welcher einen draussen im Garten beim Vorbeigehen
beschnüffelt, verstehe ihn.
Langsam verflacht sich das Gelände und überall sind wieder die grossen
Bewässerungsanlagen in Aktion. In einem breiten Bett bringt der Waitaki-River
in unzähligen verschlungenen Läufen sein Wasser von den Seen her in einem
grossen Delta ins Meer hinaus. Kilometerlang verläuft der Highway hier
schnurgerade. Auch abzweigende Strassen, darunter die Seven-Mile-Road, verlieren
sich in einer endlosen, geraden Weite.
Bald erreichen wir am Meer Oamaru, wo eine Penguin Colony in meinem Handy-Atlas rot
eingetragen ist. Einen kleinen Abstecher Richtung Hafen und es gibt schon gelbe
Strassenschilder, wo Pinguine kreuzen sollen. Um diese blauen Pinguine zu Gesicht
zu bekommen, ist natürlich jetzt nicht der ideale Zeitpunkt. Bei Einbruch der
Dunkelheit kehren sie nämlich von ihrer Jagd zurück und man hat extra
Tribünen gebaut, von wo aus man dann dieses Schauspiel überblicken kann.
Wir können jedoch auf unserer Führung ein paar Brutkisten begutachten,
welche sogar besetzt sind. Zwei von den eigentlich kleinen Tieren, sie sind nur gut
20 cm gross, konnte man dazu überreden, in eine der Brutstätten zu
ziehen, wo man durch ein Schauglas unbemerkt von oben einen Einblick haben
kann.
Nach einem Blick von einem Lookout oberhalb der Pinguinklippe über das
Städtchen, wenden wir uns dem nächsten roten Event auf unserer Karte zu,
den etwa 40 Kilometer weiter südlich zu findenden Moeraki Boulders. Was mit
Felsen oder Steinen zu tun hat, ist für mich ein Must.
Auf der Länge von nur etwa 200 Metern liegen eine ganze Menge kugelrunde
Steine mit dem Durchmesser von etwa einem bis sogar zwei Metern am Strand und im
Wasser, ein erstaunliches Phänomen. An zerbrochenen, herumliegenden Teilen
kann man sehen, dass ihr Innenleben aus kristallinem Gestein besteht. Am
faszinierendsten finde ich aber die Düne am Strand, welche offensichtlich noch
mehr solche Riesenfussbälle versteckt hält. Ein paar sind dran, ans Licht
zu treten. Es sieht aus, als ob ein Berg eine Kugel gebiert.
Es geht schon bald gegen Sechs, bis wir Dunedin erreichen. Daniden sagt man, habe
ich herausgefunden. Wegen Abbiegeverboten und Einbahnstrassen kreisen wir unser
Hotel immer enger ein, bis wir es schaffen, das Auto in der richtigen Richtung vor
dem Southern Cross Hotel direkt neben dem Casino an der Ecke Princess- und
Highstreet zu parken.
Allein auf dem nur kurzen Spaziergang auf der Suche nach einem Restaurant, wo man
wieder mal zu einem richtigen Nachtessen kommen könnte, fallen mir die
Unmengen von Denkmälern auf. In die First Church, der Presbyterianerkirche mit
ihrem hohen Turm, werfen wir einen Blick, solange es noch hell ist.
Auch hier, wie in fast jeder Kirche, die wir bisher besucht haben, fallen mir ganz
alte Fahnen auf, welche immer irgendwo einen Ehrenplatz finden. Sind dies wohl alte
Heeresfahnen, welche hoch zu Ross in die Schlachten geführt wurden? Im
Octagon, dem Mittelpunkt der Stadt, finden wir eine Beiz mit Fisch und Filo. Das
sind eine Art Frühlingsrollen aus Spinat mit Riccota im Strudelteig. Zum
Dessert ein unheimlich sättigendes, warmes Muffin mit Caramelsauce und
Glacé.