An einem Tag wie heute, wenn wir nicht weiterziehen müssen, wird
getrödelt. Erst um halb zehn machen wir uns auf den Weg, der schmalen
Küstenstrasse nach hinaus auf die Otago Peninsula. Manchmal geht's 10 cm neben
der Randlinie ohne Bankett gerade ins Meer. Es sind 44 km bis zum Leuchtturm bei
Taiaroa Heads. Dort belagern tausende von Seemöwen den Klippenfelsen. Einen
Teil des Steilfelsens haben die Kormorane gepachtet und tief unten im Pazifik wallt
meterlanger Seetang, welcher sich an der Wasserlinie an den Felsen festgemacht hat
und wie riesige Bündel aus langen Gummischläuchen aussieht, im Rhythmus
der ewigen Wogen des Meeres auf und ab. Jemand wirft den Vögeln Brot zu und
man wähnt sich gerade in einer Hitchcock-Szene.
Es geht ein ziemlich kalter Wind und bald mal zieht es uns ins Albatros Center an
die Wärme. Man könnte hier auch zu 35$ wieder eine Führung buchen,
zwecks Pinguin Watching, oder vielleicht wären jene über die
Königs-Albatrosse noch informativ, denn hier ist ihre einzig bekannte
Festlandkolonie. Nun, Pinguine hatten wir gestern und sahen nicht viel und
Führungen sind sowieso so eine Sache von wegen verstehen.
Mit dem Feldstecher haben wir weit unten am Pilots Beach Seehunde auf den Felsen
gesichtet. Vielleicht kann man diese ein bisschen anschleichen.
Faul und träge liegt einer wie ein paniertes Würstchen im Sand, sein
Kollege sonnt sich auf einer wärmenden Felsplatte. Sie scheinen sich nicht
gestört zu fühlen, auch wenn wir fast auf 10 Meter herankommen. In der
Bucht weiter vorn schwimmt einer spielerisch im Wasser umher und auch von ihm hat
man das Gefühl, dass er sein Leben geniesst. Oder ist er ein Schauspieler?
Jetzt hat er genug und kommt genau dort aus dem Wasser, wo wir stehen und ihn
beobachten. Vielleicht will er auch nur auf 'seinen' Stein, der so schön flach
in der idealen Grösse für ihn, kaum drei Meter von uns entfernt auf dem
steinigen Ufer an der Sonne liegt. Er geniesst seine Rolle als Fotostar und der
effektvolle Aufschlag mit seinen riesigen Augen könnte direkt einstudiert
sein.
Das Maori-Dorf Otakou liegt laut Polyglott am Heimweg ziemlich versteckt. Die
Pseudo-Schnitzereien, welche in Wirklichkeit aus Beton gegossen sind, machen mich
neugierig. Das "Dorf" besteht eigentlich nur aus einer Kirche und auf einem
Freidhof dahinter, ruhen einsam alte Maori Häuptlinge vom 19. Jahrhundert. Auf
dem schattigen Weglein dorthin bewachen hölzerne Skulpturen deren Grabesruhe.
Einen Ausblick über Stadt und Hafen, vielleicht bei einem Kaffee, könnten
wir uns nach unserer Rückkehr oben in Dunedins Villenviertel vorstellen. Dort
finden wir aber nur ein Einkaufscenter und nicht ein einziges, geöffnetes
Café.
Wieder unten in der Stadt haben wir am Schluss im Bahnhof den grossen Mosaikboden
in der Halle gesehen und überhaupt seine Architektur bewundert. Es sei
flämische Renaissance und man könnte meinen, es wäre ein
Zuckerbäcker am Werk gewesen. Man kann sich jedenfalls gut vorstellen, warum
der Architekt Georg Troup den Spitznamen Lebkuchen-Georg erhielt. Auf der immer
noch erfolglosen Suche nach einem geöffneten Café, kommen wir am
Octagon wieder bei der St. Paul's Cathedral vorbei. Hier hat heute eine
Abdankungsfeier für Sir Edmund Hillary stattgefunden. Mehr als einen
flüchtigen Blick hinein zu werfen, gelingt mir nicht, denn der Siegrist ist
gerade am Zusperren. Am Schluss sind wir wieder zurück beim Hotel, von wo wir
einen direkten Zugang zum Casino haben und hier bekomme ich endlich meinen
Cappuccino.