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In Bahnhofhalle, Perron und Zug würfeln sich unsere diesjährige Sommerwanderungsteilnehmer langsam zusammen. Lykke-Lise und Knud aus Dänemark, gestern bei Margrit eingetroffen, sind zusammen noch unbekannterweise mit Lisbeth im selben Tram angekommen. Wahrscheinlich habe ich Lisbeth schon oft mit meinen Schwärmereien über die Sommerwanderungen glustig gemacht und am Montag war der Entschluss bei ihr schnell gefasst, es diesmal auch mit uns zu probieren.
Zusammen mit Klaus, Marie-Louise, Hans und Annigna entern wir den eben eingetroffenen Zug, wo wir uns auf genügend Sitzplätzen breit machen. Bald hat Hans auch Herbert gefunden, der sich mit Ria, seiner Appenzellerhündin ebenfalls zum ersten Mal erwartungsvoll zu uns gesellt. In Olten sind es dann Käthy und Hansruedi, die unser Dutzend voll machen.
Die kleinen Wölkchen beim Wetter für die Alpensüdseite hinten auf der 20minuten-Zeitung zeigen für die nächsten Tage wenigstens keinen Regen an und richtig schönes Wetter empfängt uns nach dem Gotthardtunnel. Wir haben den direkten Zug ohne Umsteigen bis Locarno genommen und realisieren nicht, dass dieser bis zum Ziel nun eine ziemliche Verspätung auf seiner Marschtabelle eingefahren hat. Deshalb achtet auch niemand auf die Durchsage, welche uns wohl in Tenero auf eine mögliche Verbindung ins Verzascatal aufmerksam macht. Dass wir bereits hier in den Bus umsteigen könnten, fällt uns erst ein, als wir Hanspeter Schick winkend auf dem Perron herumstehen sehen. Im Gegensatz zu uns, reicht es ihm von hier aus nun gerade auf den vorgesehenen Bus.
Nach dem unvorhergesehenen Zwischenhalt in der warmen Tessinersonne an den Gestaden des Lago Maggiore, ist es sogar zum Zuschauen fast erquickend, unterwegs im Verzascatal die vielen Leute zu sehen, die im glasklaren Wasser baden und sich auf den grossen, feingeschliffenen Steinen sonnen. Über die viel fotografierte Brücke bei Lavertezzo wandeln ganze Heerscharen und ich erwische aus dem Postauto sogar einen eigenen Spot.

Eis in Locarno in Sonogno simmer alli da? am tosenden Wasserfall Steinmannli


Bis auch wir in Sonogno eintreffen, hat Hanspeter rekognosziert und es reicht uns allen noch für einen gemütlichen Spaziergang zu dem von ihm entdeckten, wunderschönen Wasserfall, ein Stück weiter hinten im Valle Redorta. Im urchigen Dörfchen Sonogno mit seinen Steinhäusern, dessen Fassaden vielerorts mit Marienstatuen und Heiligenbildern verziert sind und die sich eng um die grosse Kirche herum gruppieren, finden wir unsere Unterkunft im Ristorante Alpina. Die Wirtsleute verwöhnen uns mit einer guten Portion Polenta zu einem währschaften Braten und Gemüse und Lisbeth und Herbert bieten dazu mit einem Merlot ihr Debüt.
Wer kommt nun morgen alles mit über den Redorta? Hans will für halb sieben das Frühstück bestellen. Ist der überhaupt schon passierbar? Die Wirtin will sich bei zuständigen Leuten schlau machen. Dieser Achtstünder mit seinen 1343 Metern Gesamtaufstieg beschert mir schon die ganze Zeit Bauchweh, deshalb machte ich auch am Freitag noch die Tour von Läufelfingen über die Belchenfluh nach Niederdorf. Also die Aufstiegseite sei nun gut, berichtet die Wirtin, der Abstieg über nota bene 1576 Meter jedoch, führe noch über sehr viel Schnee und vor allem Lawinen. Das scheint nun doch für etwelche Knie nicht so das Wahre zu sein. Die Gruppe, welche die zweite Variante durch das Verzascatal vorzieht, wächst zusehends an. Im Geist höre ich meine Dampfwalze prusten und mit den übriggebliebenen, guten Läufern kann ich mich sowieso nicht messen. Ich wäre bestimmt der Bremsklotz. Man redet mir gut zu und verspricht mir, auch nicht davonzurennen. Überhaupt brauche man doch jemanden für die Reportage. Da mir der Abstieg eigentlich kein Problem bereitet, sind es wohl die Aussicht auf das Erlebnis und gerade den Schnee auf der andern Seite, welche mich schlussendlich doch noch umstimmen.
Mit diesem Entschluss, zusammen mit der guten Polenta im Bauch, muss noch etwas frische Nachtluft um die Ohren wehen, ehe man sich unter den Decken der nostalgischen Betten verkriecht. Bildstöckli überall am Weg und um- und ausgebaute Rustici begleiten unsere Schritte zu einem etwas abgelegenen Bauernhof. Hier aus Sonogno stammte Georgio aus der Geschichte der schwarzen Brüder, die uns der Lehrer vorgelesen hat und die den Anstoss dazu gab, selber noch mehr Abenteuergeschichten aus der Schulbibliothek zu verschlingen.

feurige Lilien Fassadenbilder Sonogno, das Zentrum im Ristorante Alpino rustiokales Schlafgemach


Etwa gleich neugierig, wie wir in ihre hell erleuchtete Küche hineinspähen und raten, ob es wohl eine Jugi sei, kommt die Bäuerin auf einen Schwatz zu uns heraus. Sie ist eine Einheimische, hier am grossen Familientisch mit 10 Kindern aufgewachsen und später wieder hierher zurückgekehrt. Selber Lehrerin, schickte sie ihre Kinder aus Überzeugung in die Steinerschule nach Locarno und noch weiter. Noch etwa 70 Einwohner zählt heute Sonognio und man heisst hier Sonognini. Der frische Abendwind unterbricht unsere Dorfete und treibt uns wieder heim zu. Es ist inzwischen recht dunkel geworden, würziger Duft steigt aus den Wiesen und ab und zu sieht man leuchtend grüne Pünktchen herumschwirren oder versteckt aus dem Gras hervorleuchten. Kommt man ihnen gwundrig in die Nähe, löschen sie schnell ihr Lichtlein aus. Natürlich - Glühwürmchen entfalten ihre Leuchtkraft in der Zeit rund um die Johannisnacht. Heute ist der 20. Juni. Glühwürmchen am Weg, so kleine Wunder die mich entzücken, wie ein kleines Kind.

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