Um zehn Uhr geht's los. In der fröhlichen Schar, die sich dieses Jahr von Pascal
über die Greina führen lassen will, geniessen Hans, Annigna, Herbert, Knud,
Prisca, Hedi, Irene und Rainer ganz entspannt die Fahrt im Zug Richtung Airolo, die
Rucksäcke noch weit oben in der Gepäckablage. Hedi, Irene und Rainer sind
dieses Jahr das erste Mal mit von der Partie. Es war vor über zwanzig Jahren, als
Hans als erste Sommerwanderung mit einer grossen Gruppe wandernder Tanzfreunde diese Tour
anführte. Heute allerdings wird der Anfang etwas gemächlicher eingeteilt. Von
Airolo geht's per Postauto nach Piotta, wo es geruhsam für einen Kaffee oder ein
Bierchen reicht, bevor einen bereits um halb drei das rote Bähnli (es soll eine der
steilsten Standseilbahnen Europas sein, wie dies die Meisten dieser Art von sich
behaupten) bei strahlendem Wetter und blauem Himmel nach Piora zum Ritomsee hinauf hievt.
Eindrücklich, der Ausblick über die obere Leventina hinweg, wie sich die
Autobahn neben Strasse, Bahn und Ticino auf dem Talboden dahinschlängelt.
Nun gilt es Ernst - der Rucksack wird geschultert und die erste
anderthalbstündige Wanderung bis zur Cadagno-Hütte ist die ideale
Einlaufstrecke, um sich an das bucklige Ding, welches einen nun fortan auf Schritt und
Tritt begleiten wird, zu gewöhnen. Der neue, schöne Sentiero didattico
führt am südlichen Gestade des Ritomsees entlang. Ein bisschen noch über
lichte Höhen, wo man von den schrillen Pfiffen der Murmeltiere in ihrem Bergrevier
begrüsst wird, die einen aber trotzdem etwas an ihrem täglichen Dasein Anteil
haben lassen.
Und schon ist man im ersten Etappenziel angekommen. Die Cadagno-Hütte
überrascht mit modernem Gewand, ein superschöner Ausbau der alten Hütte
unter Einbezug von viel Holz. Die grossen Fenster gewährleisten wunderbare Ausblicke
in die Bergwelt rundum. Man markiert sich im Mehrbettzimmer mit irgendwelchen
persönlichen Sachen sein Nestchen für heute Nacht oder macht dieses mit dem
dünnen Schlafsack gleich schlupfbereit. Dann kann man sich auf der Sonnenterrasse
nochmals mit einem Drink verwöhnen oder sich die Zeit bis zum Nachtessen damit
vertreiben, indem man den direkt vor den Fenstern spielenden Murmeltieren zuschaut.
Salat und Tessiner Polenta mit Fleisch steht heute im Hütten-Menü und es
mundet allen bestens. Nur die Beine sind anscheinend noch nicht alle müde genug. Als
Verdauungsspaziergang machen sich Hedi, Knud und Prisca nochmals auf den Weg. Den Lago di
Cadagno zu umrunden, reizt sie noch, was immerhin gut dreieinhalb Kilometer und eine
Marschzeit von gut einer Stunde bedeutet. Beim Senn in der Alpe di Piora ersteht Hedi
noch zu dieser späten Stunde einen feinen Alpkäse. (Anm.v.Rita: Ob sie den nun
zu dritt allein noch nach dem Znacht vertilgt haben, wurde mir nicht ganz klar. Priska
hat mir nämlich genau beschrieben, was in den ersten drei Tagen gelaufen ist, auf
dass dieser, mein Sommerwanderbericht auch in dieser Ausgabe vollständig erscheinen
kann.) Es heisst nämlich: Zufrieden und satt dürfen wir alle in unsere
Schlafsäcke schlüpfen und für Irene und Rainer startet nun das Abenteuer
"Hüttenübernachtungen"…
Anfänglich herrscht noch reger Betrieb in der Hütte. Es sind einige aufgeweckte
Kinder am Herumspringen im Haus, mit Türen auf und Türen zu, doch nach und nach
kommen alle zur Ruhe. Nur die Tür zum Mehrbettzimmer ist nicht zugegangen und jedes
Mal, wenn jemand auf musste, schaltete ein Bewegungsmelder im Treppenhaus das Licht an,
welches Irene ins Gesicht zündete.