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Auf unserer Via Spluga-Wanderung sind wir nun acht und haben im Zug nach Chur
vis-à-vis auf zwei Vierer-Abteil gut Platz.
Es ist der härteste und abgehärtetste Kern, nämlich die
Kämpfer durch den Regen auf der Via Alpina im Jahr 2014, Pascal, Knud und
Herbert. Hedi fehlt dieses Jahr, sie muss diesen Sommer beide Hände
operieren. Dafür ist Prisca wieder dabei. Auch Hans fehlt uns. Er und
Annigna hüten dafür Mira, Herbert und Katrins Hund. Seit Katrin
pensioniert ist, kann sie nun auch wieder mit uns mitwandern. Aus dem gleichen
Grund ist auch Esti Wenger wieder mal mit von der Partie. Ich selber hatte doch
lauthals verkündet, dass ich nun nicht mehr mitmachen würde, noch
immer mein Schlappmachen letztes Jahr vor Augen, bis ich die Tatsache
realisierte, dass Lykke-Lise auch angemeldet ist. Wir wollen ja keine
Gewaltmärsche und eher geniessen, meint Pascal. Gut, die Via Spluga habe
ich ja vor 14 Jahren kennengelernt und diese meine ich, mir noch zutrauen zu
können. Aber für die ersten beiden Tage hatte ich kein gutes
Gefühl. Für Lykke-Lise erst recht, das sie ja keine Chance für
ein Vortraining hat und direkt von Dänemark angereist kommt. Da haben wir
zusammen abgemacht, dass wir beide bei der Wanderleitung eine Ausnahme einholen,
die uns spontan gewährt wurde.
Wir fahren also von Chur weiter nach Rhäzüns und Feldis, während
die andern sich in separaten Grüppchen den Weg zur Talstation der
Luftseilbahn auf Brambrüesch, dem Churer Hausberg suchen müssen, weil
wir uns nicht schnell genug von allen verabschiedet haben.
Aus dem Gespräch einer Frau, die offensichtlich auch in Rhäzüns aussteigen will, entnehme ich, dass man hier vom Bahnhof, entgegen allen Fahrplänen im Internet, die 10 Minuten bis zur Talstation der Luftseilbahn nach Feldis nicht zu Fuss gehen muss, sondern dass man Anschluss mit einem Bus hat. Ich spreche sie darauf an und sie führt uns zum eben ankommenden Bus, mit welchem man eine Station mitfahren kann und dort hat man gerade Anschluss auf die alle halbe Stunde fahrende Bahn. Nur ist diese gerade mit drei Bikern mit ihren Velos so ziemlich voll und während wir mit unserer Tageskarte eine Strichcodekarte lösen können, fährt die erste Charge bereits ab und die Frau hat extra noch auf uns gewartet. In einem solchen Fall fährt in sieben Minuten die Bahn nochmals. Dass Lykke-Lise aus Dänemark kommt, entzückt unsere Begleiterin direkt und in angeregtem Gespräch fliegen wir förmlich über die Flüsse unter uns, wo man das Schloss, "Blochers Weekendhaus" und auch die Kapelle des San Gieri sehen kann. Bis wir in Feldis sind, wissen wir alles über sie, dass ihr Mann oben in Mutta im Skihaus arbeitet, dort wo wir heute auch noch vorbeikommen werden und die Öffnungszeiten im Volg, wo sie wohnt. Oben begrüsst sie einen Mann, der an der Bahn Gemüse abholt und sie stellt uns ihm als seine Gäste von heute vor. Er ist der Koch vom Sternahus. Er offeriert uns, dass wir gerade mit ihm im Auto mitfahren können. So haben wir dank der Frau bereits die zweite Viertelstunde hinauszögern können, in welcher wir uns mit unserem Huckepack noch nicht auseinandersetzen müssen, das uns nun für eine Woche wie ein siamesischer Zwilling begleiten wird. Wir werden direkt vor die Türe des Hotels chauffiert und auch vom Chef selber begrüsst. Wir können die Rucksäcke im Schuhraum deponieren. Schnell hat jedes ein ultraleichtes Säckli für Wasser, Sonnen- und Windschutz am Rücken und schon entschweben wir auf einem Sessellift über 500 Meter hinauf nach Mutta, wo sich uns eine wunderbare Weite von Alpweiden öffnet.
Die Prachtnelken tun es uns an, Männertreu mit ihrem Vanilleduft und mit
Schmetterlingen umschwirrte Goldruten heissen uns in der Alpenwelt auf unserer
diesjährigen Sommerwanderung willkommen. Wir fühlen uns richtig
glücklich.
Wegen unserem Privattaxi haben wir vorhin die freundliche Frau, welche uns in
Feldis ebenso herzlich willkommen geheissen hat, abrupt aus den Augen verloren.
Deshalb beschliessen wir, der Skihütte, die wir nach einer knappen
Viertelstunde an ihrer Fahne an unserem Weg erkennen, einen Besuch abzustatten
und dort eventuell ihren Mann zu fragen, wie seine Frau heisst. Sie ist uns aber
zuvorgekommen und ist selber schon da. Sie heisst Silvia Müller und das
will ich mir merken, vielleicht lasse ich sie auch ein bisschen an unseren
Erlebnissen in dieser Wanderwoche teilhaben. Von hier aus hat man auch einen
guten Überblick hinüber an den Heinzenberg, dort wo unsere Wanderung
morgen weiter geht. Besser gesagt für die andern, denn auch für morgen
ist vorgesehen, dass Lykke-Lise und ich, wieder wie heute, beim Ziel anfangen
und den andern entgegen wandern. Ein bisschen später über die Weiten
dieser Alpweiden kommt schon die zweite Beiz, dort wo ich mit Pascal abgemacht
habe, ihm zu telefonieren.
Dank des schönen Wetters ist hier heute ziemlich viel los und alle helfen
mit, sogar die Jungen sind eifrig dabei. Um mir allerdings zu sagen, auf welchem
Weg man vom Dreibündenstein herunter kommt, müssen sie schon Mami
fragen. Als ich hingegen dann mein Handy einsetzen will und keinen Empfang habe,
wissen sie genau, dass man zum Kreuz, etwa hundert Meter weiter unten, gehen
muss. Sobald die Verbindung steht, heisst es auch: "wir sehen euch!" Vom
Furggabüel, gerade auf dem Gipfel des entfernten Hügels angekommen,
sperbern sie uns mit dem Feldstecher aus. Bis zur Skihütte Term Bel, wo wir
uns verabreden, hätten sie aber noch gut eine halbe Stunde, wir vielleicht
zehn Minuten und so können wir gemütlich bis zur dritten Beiz
weiterwandern und auf sie warten.
Dort kehren wir alle ein. Der Wirt leistet uns persönlich Gesellschaft und
gibt uns Ratschläge, wo auf unserem Weg auch noch gute Beizlein zu finden
sind. Die Besenbeiz auf dem Weg zur Viamala müssen wir uns jedenfalls
merken. Am Schluss lässt er ein Schnäplsli springen, bevor wir wieder
über alle Alpweiden weiterhüpfen.
Es ist wirklich ein einmaliges Erlebnis auf dieser wunderbaren
Panorama-Rundwanderung, welche Lykke-Lise und mich vom Sessellift Mutta hierher
geführt hat. Von hier aus wechselt nun auch die herrliche Aussicht und man
überblickt das Rheintal bis Chur und drüben die Calanda-Kette. Der auf
der Karte eingezeichnete Leg Palus lässt zwar nur noch erahnen, dass er
einmal ein See war. Eine weich aussehende Grasebene fordert Esti heraus,
auszuprobieren ob der Sumpf noch trägt. Auf jeden Fall muss sie dieses
Gefühl mit nackten Füssen auskosten.
Bei der Alp da Veulden oder besser Feldiser Alp, beginnt nun der ein bisschen
steile Abstieg hinunter nach Feldis. Pascal hat da in den letzten Tagen dieses
Gebiet auch rekognosziert und uns für heute ein Zeichen wie auf einer
Schnitzeljagd hinterlassen. Nur, wie bringt er jetzt Knud dazu, dass er
ausgerechnet unter einer bestimmten Tanne Pferde schauen geht? Am Schluss doch
gwundrig gemacht, finden wir dann unter dem Schutz einer grossen Tanne, wie
damals in Passugg, aus Ästchen und Tannzapfen den Namen Knud auf den Boden
geschrieben.
Gegen halb sechs Uhr kommen wir im Stärnahus an, wo wir noch im nicht neu renoviert und angebauten Teil unser Zimmer beziehen können. Das Hotel wurde nach dem Umbau dieser Tage wieder neu eröffnet, aber das Restaurant ist erst für Hotelgäste wieder offen. Das wissen wir von Silvia. Auf der Terrasse werden wir etwas später zum Willkommens-Apéro mit einem Cüpli empfangen. Wir sollen auf dem Glaspass dem Willi einen Gruss ausrichten vom Dominik. Dominik Hächler, einstiger Sozialpädagoge hat sich mit der Übernahme und Führung dieses Hotels, abseits von allem Getümmel, einem grossen Risiko ausgesetzt, wie wir später daheim in einem Zeitungsartikel über ihn lesen können. Er hofft, sich mit Seminaren und Kursen etablieren zu können. Beim Abendrundgang nach dem Nachtessen, entdecken wir hinter dem Haus den Hotpot und auch ein mit Blachen zugedecktes Bett unter freiem Himmel. Eine Sauna, wo man seine Blicke über ganz Feldis und den Heinzenberg schweifen lassen kann, gehört natürlich zu einem speziellen Luxus. Nur können wir von alldem nicht profitieren, wir haben noch eine Etagen-Dusche, aber mit dem Preis von 123 Franken liegen wir hier auf Platz eins von allen Übernachtungen mit Halbpension auf der diesjährigen Sommerwanderung.
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