Australien-Rundreise 2004 |
Es scheint, dass mein Jetlag nun überwunden ist. Ich habe wieder sieben Stunden geschlafen. Aufstehen um die Fensterblache dicht zu machen, brauchte ich auch nicht. Die Chance auf Regen stand 50 zu 50%.
Weil ich mein Fenster nur im äussersten Notfall schliessen will, legte ich gestern mein Bett so quer ins Zelt, dass mein Kopf direkt unter der Schräge des Fensters lag. Falls sich da was täte,
würde mich das Nass durch das feine Moskitonetz hindurch schon aufwecken.
Das Zusammenpacken schaffe ich nun schon einigermassen. Der Schlafsack, den wir am ersten Tag gefasst haben, wird eingerollt zusammen mit dem kleinen Kissen (ich hab meins von daheim mitgebracht) dem
Piyama und dem seidenen Leintuch (das nicht soviel Platz braucht und federleicht ist). Zusammengerollt wird auch die sich selbst aufblasende Luftmatratze. Will man diese wieder in den dazugehörigen
grünen Sack bekommen, muss man, während man alles unter den Knien einrollt, eben auch das Ventil wieder kurz öffnen, bis alle Luft entwichen ist. Die gepackte Tasche und die blaue und die
grüne Rolle bringt man nun zum Bus, wo Peter eine grosse Blache ausgebreitet hat. Am besten nimmt man jetzt einen Besen und eine Schaufel mit, denn man hat eine Menge von diesem roten Staub ins Zelt
geschleppt. Wenn ausgemistet ist, schiebt man mit einem festen Griff die Teleskopstange ein bisschen zusammen, und schon liegt die ganze Herrlichkeit am Boden. Das etwa einen Quadratmeter grosse Dach kippt
man nun der Reihe nach auf jede der vier Seiten und streckt damit die vier Wände. So ist es am Schluss sauber zusammen gefaltet und man muss nur noch den Bodenteil zweimal übereinander schlagen.
Heute ist abwischen wichtig, ehe man das Ganze in den flachen Sack stecken kann. Ich bin ganz stolz, dass ich ganz ohne Hilfe zurechtkomme und dabei noch lange nicht die Letzte bin, die die Heringe und
Mittelstange zurückbringt. Aber auf mein Aussehen bin ich weniger stolz: voll mit rotem Staub. Dabei habe ich vor einer halben Stunde frische Kleider angezogen. Ein heimlicher Vergleich lässt mich
staunen. Niemand ist so ein Schwein wie ich. Die tragen sogar weisse T-Shirts, piekfein und alles sauber!
Während die Zelte zusammengeräumt werden, ist Kim schon in der Küche am Wirken. Verschiedene Säfte werden bereit gemacht. Die Heisswassermaschine ist bereits in Betrieb und man kann
schon jetzt Kaffee, Tee und Schokolade beziehen. Heute kommt Kim mit einer riesigen Schüssel voller Eiersauce fürs Rührei daher. Ausserdem hat's immer vier verschiedene Flocken, Joghurt, Milch
und Früchte, heute sind's Bananen, gut für die Wanderung nachher.
Eine leichte Tour hinauf zum Aussichtspunkt von Wilpena Pound durch ein malerisches Euklyptuswäldchen. Der Boden ist übersät von all den Rindenstücken, die diese Bäume von sich werfen,
fast wie Schlangen, die sich häuten. Es sieht aus, als ob die Rinde mit dem schnellen Wachstum des Baumstammes nicht Schritt halten kann, sodass die Haut zu eng wird und fortlaufend explodiert und erneuert
wird.
Die neuen hellen Stellen der schlanken Bäume und Äste leuchten in der Morgensonne wie Elfenbein.
In einer halben Stunde ist das Hochplateau erreicht. Sogar Nina schafft das mit ihren 5cm hohen Absätzen. Es ist ein bequemer Fussweg. Vom einstigen Farmhaus der Lady Hill geht dann schon eher ein
Bergweg noch etwa zehn Minuten zu einem weiteren Aussichtspunkt. Es scheint der höchste Punkt, der St.Mary's Peak zu sein. Es ist hier ein eigenartiges Phänomen zu sehen. Wie ein
grosses Oval umschliessen zwei Bergketten ein bewaldetes Hochplateau. Es sieht aus wie ein Krater, stammt aber nicht von einem Meteoriteneinschlag, wie lange vermutet wurde, es wurde vielmehr aufgefaltet.
Die Geschichte der Ureinwohner aus der Traumzeit, die ich auf einem Bild in der Nähe des Aussichtspunkts gefunden habe aber erzählt von riesigen halbmenschlichen Kreaturen die am Anfang der Welt
geschaffen wurden. Sie waren verantwortlich für die Bäche, Hügel, Schluchten und Berge in Australien. Eines der schönsten
Teile der Flinders Ranges ist Ikara, (Wilpena Pound) und der wertvollste das Kohlegebiet Leigh Creek. Vor langer Zeit war ein alter Fischer genannt Yurlu, der im Westen in der Nähe des Kuyarn Territorium
lebte. Yurlu reiste von Kakarlpunha, seiner Heimat nach Süden, um einer wichtigen Einweihungs-Zeremonie in Ikara beizuwohnen. Auf seinem Weg zündete Yurlu ein riesiges Signalfeuer an, um die Leute
wissen zu lassen, dass er auf dem Weg zu der Zeremonie war. Die Holzkohle, die von diesem Feuer zurückgeblieben ist, bildete die Kohle in den Gruben von Leigh Creeek und verschiedene kleinere Ablagerungen
an andern Orten auf dem Weg dorthin. Aborigines nannten es Yurlu's Kohle, lange bevor
überhaupt Weisse in dieses Land kamen.
Als Yurlu durch die Parachilna Schlucht kam, sah er zwei Akurra (kraftvolle Regenbogen-Schlangen), die in derselben Richtung wanderten. Yurlu erreichte Ikara, aber in der Zwischenzeit waren die beiden Schlangen
durch den Edeowie Cap dorthin gelangt. Als Yurlu ankam, war die Zeremonie schon in vollem Gang. Die Akurra kamen in einem Wirbelwind mitten in die Zeremonie und fingen und frassen alle Leute, die sie finden
konnten. Yurlu gelang aber die Flucht in den Süden. Die beiden Akurra aber waren so vollgefressen, dass sie nur noch sterben wollten. Ihre Körper bilden nun den Rand des Wilpena Pounds und man sagt,
dass St.Marys Peak der Kopf der Ngaarrimudlunha, der weiblichen Akurra ist.
Ein Siedler namens Hill fand diesen Ort und war von seiner Fruchtbarkeit überzeugt. Zusammen mit seinen Söhnen machte er die Gegend urbar. Sie bauten in mühsamer Arbeit über Jahre eine
Strasse, um ihre Produkte (soviel ich verstehe waren es Rinder oder etwa Holz?) aus dem Gebiet herauszubringen. Dann kamen dürre Jahre und sie beteten um Regen. An Weihnachten war ihr einziger Wunsch:
Regen und er kam. Schlammlawinen rissen die Strasse mit und das war dann das Ende. Heute zeugt noch ein verrosteter Pflug und sonstiges Ackergerät rund um das verlassene Farmerhaus von der Geschichte,
die auf Informationstafeln aufgeschrieben im Wald steht. Vom Bild der Regenbogenschlange mache ich ein Foto und probiere zuhause dann, den Text zu übersetzen.
Auf dem Heimweg remple ich Bill an, einen, dessen Namen ich mir noch nicht gemerkt habe. Er ist aus Kanada und ist auch einer der Einzelgänger. Am Schluss weiss er von mir, dass ich Zeichnerin bin und ich von
ihm , dass er Imker ist, aber vollberuflich. Er produziert pro Jahr 1/2 bis eine Million Pfund Honig. Aber er weiss nichts von dem Geheimnis, welches das feine Äderchen-Netz in den Flügeln der Bienen
erzählen kann.
Um halb zwölf ist Mittagessen. Kim hat auf dem Grill Würste gebraten und jetzt holt sich jeder ein aufgeschnittenes Sandwich. Dort kommt die Wurst rein, dann noch allerlei Salate wie Bohnen, Gurken,
Tomaten, Kartoffelsalat und natürlich Senf, Ketchup und Mayo nach Lust und Laune. So spart man Geschirr und muss nicht noch erst abwaschen.
Bis zur Abfahrt um halb eins ist meine grosse Wäsche längstens getrocknet. Schon super, diese Mammut Wanderhosen, das Odlo Leibchen und die Bluse. Ich habe alles nach unserer Rückkehr ins
Lavabo gesteckt und dann mit dem extra saugfähigen Handtuch ausgewrungen. Das Handtuch selber war klatschnass und selber zum Auswinden, aber auch das schaffte es, in dieser Stunde zu trockenen. Es ist
auch heute wieder gute 40 Grad.
Unser Weg führt uns nun auf Naturstrassen dem äusseren Rand des Schlangenberges entlang. Die staubige Strasse erklimmt Hügel und folgt da und dort einer Krete, vorbei an einer
Gesteinsformation
welche die Chinesische Mauer genannt wird. Ich halte Ausschau nach Kängurus, aber die scheinen sich zu verstecken. Doch plötzlich entdecke ich unter einem Baum am Schatten schön getarnt zwei
dieser Tiere. Jetzt sperbere ich vor allem unter alle Bäume und siehe da, die Gegend wimmelt von Kängurus. Die Silhouette ihrer typischen grossen Ohren verrät ihre Verstecke.
Der Weg führt uns über Blinman. Eingetragen auf der Karte als Ort, welcher aber eigentlich nur eine Farm ist. Ein bestimmter Mr. Blinman hat den Ort gegründet. Er hat hier Kupfer gefunden und
hier eine grosse Schaffarm betrieben. Das ist jedenfalls das, was ich gecheckt habe. Wenn Fran etwas über Land und Leute erzählt, habe ich schon gewisse Probleme. Die wichtigen Sachen, wie Abfahrts-
oder Aufstehzeit schaffe ich recht gut. Dann spricht sie auch nicht so im Aussie-Slang.
Von da beginnt sich die Strasse an felsigen, roten Wänden vorbei durch die eindrückliche Parachilna-Schlucht zu schlängeln. Für unsere Schweizeraugen eigentlich nicht gleich spektakulär,
wie für
die weite, ebene Horizonte gewöhnten australischen. Die Strasse führt durch's Bett von Flüssen, welche im Moment kein Wasser führen. Würden sie, müsste sich das Auto durch's
Wasser pflügen. Ein veritabler Adler zieht seine Kreise, leider über unserem Bus. Ich kann nur den Schatten seiner riesigen Flügelspannweite am Boden sehen. Wie durch ein Tor verlassen wir die
gebirgige Landschaft und finden uns wieder in den weiten Ebenen mit schnurgeraden Strassen. Schon lange möchte ich ein Foto machen von den Verkehrssignalen, wo vor kreuzenden Kängurus oder Emus
gewarnt wird. Ohne davon zu
wissen, erfüllt mir Peter diesen Wunsch, indem er einen Fotostopp vor dem Reklameschild für das Prärie Hotel Parachilna macht. Es gibt dort Känguru-, Kamel- und Straussenfleisch.
Eine Weile begleiten uns rechts noch die Berge der Flinders Ranges, dann werden aber auch sie immer flacher und verlieren sich bald in einer weiten, endlosen, gelblichen Ebene. Eigentlich reist man schon komfortabel
in so einem klimatisierten Bus. Man durchquert ganze Wüstengebiete und bekommt nichts mit von der brütenden Hitze draussen. Wenn man genug Ebene gesehen hat, kann man zurücklehnen und ab
Tonband die Geschichten der Flying Doctors hören, dieser rettenden Engel, die schon manche Menschenleben in der unendlichen Weite des Outbacks gerettet haben.
Wüste ist eigentlich hier noch nicht. Obwohl alles flach, dürr und stachelig und staubig aussieht, hat es wohl immer noch genügend Futter für ganze Herden der Farmer, welche Quadratkilometer
von
Land besitzen und eine Existenz finden. Oder sie haben hier in einer riesigen Kohlenmiene Arbeit und Einkommen. Der Bus hält am Rand einer riesengrossen Grube, wo im Tagbau Kohle abgebaut wird.
Eine ausgediente Bergwerksmaschine kann man von innen besichtigen. Leigh Creek, die Stelle wo Yurlu sein Signalfeuer gemacht hat um kundzutun, dass er unterwegs zur Zeremonie sei. Die Grösse der Grube
zeigt an, wie riesig sein Feuer gewesen sein muss!
Weiter geht's im kühlen Bus zum nächsten Stop, wo's was zu trinken gibt. Lyndhurst, auf der grossen Autokarte als Ortschaft eingetragen, doch es sind vielleicht drei Häuser. Das eine
angeschrieben als Hotel, das andere als Getränkeladen und das dritte als WC. Nein, das ist jetzt despektierlich. [Hilda sei Dank. Sie bleibt mit mir nach unserer Rückkehr in Kontakt. Immer, wenn sie wieder
einen Tag ihrer Tagebuchaufzeichnungen fertig eingetippt hat, schickt sie mir das per e-mail zu. Darin finde ich die von mir nicht verstandene Information von Fran, dass Lyndhurst 26 Einwohner hat und dass am 4.
Dezember 2002 hier eine totale Sonnenfinsternis stattgefunden hat. Mehrere tausend Leute seien aus aller Welt hier hergekommen, um das Schauspiel zu erleben. Sie als Kanadierin fand es auch lustig, dass wir
Europäer das Schild "last petrol for 500 km" einer Foto würdig fanden.] Die Hitze ohrfeigt einen beim Aussteigen aus dem Bus. Ein heisser Atem bläst einem ins Gesicht. Ich liebe zwar Wind, aber
man hat überhaupt kein Gefühl von einem bisschen Abkühlung. Er bläst einfach von irgendwo her und erwärmt sich an den glühenden Steinen auf der weiten Ebene. Man sucht gerne
den kleinen, kühlen Raum des Krämers auf. Man bekommt hier Bier, gekühlte Getränke, Souvenirs oder Eiscreme. Zwei Tische, wo man sitzen kann, wenn man einen Kaffee oder etwas
ähnliches trinken will, oder wo man auch einfach sitzen kann, bis Peter aufgetankt hat und man wieder hinaus in die Hitze muss. Man ist froh, wenn der Bus nicht zu weit entfernt wartet.
Hier in Lyndhurst kommen zwei Wüstenstrassen zusammen, der Strzelecki- und der Oonadatta-Track. Das waren wichtige Routen, wo man Herden durchtrieb, die man im Süden auf den Markt brachte.
Wie bei uns bei den Passstrassen, hat es auch hier grosse Tafeln, die besagen, ob der Track offen ist oder nicht. Es ist fertig mit der Teerstrasse. Einfach eine glattgewalzte schnurgerade Schotterpiste. Kein Baum,
keine Sträucher weit und breit. Keine Kängurus und keine Straussen. Dass aber was hier lebt oder
jedenfalls gelebt hat, bezeugt auf makabere Weise ein Skelett am Strassenrand. War es ein Emu oder was? Es war so schnell vorbei, aber angegrinst hat es mich!
Gegen fünf Uhr erreichen wir Marree. Das Herz lacht bei der Einfahrt in den Campground. Es hat Gras und wir sollen unsere Zelte dort aufschlagen, wo's Rasen hat. Das ist doch wenigstens nicht so hart wie
gestern, als ich alle meine Heringe krumm geschlagen habe.
Mit meinem Rucksack markiere ich erst mal unter einem Strauch ein lauschiges Ecklein für mein Zelt. Die Küche und das Esszimmermobiliar ist schnell ausgeladen und aufgestellt, also kann man sich ans
Zeltaufstellen machen. Das Paket mit der Nummer sechs liegt schon am Boden, also kann's losgehen. Ich hab nun schon heraus, wie ich das Zelt ausrichten muss. Die Seiten mit den Fenstern möglichst nicht in
Richtung des Busses, dort brennt die ganze Nacht das Licht. Ich möchte lieber in der Nacht in den Sternenhimmel sehen können. Mein Busch steht zuhinterst in der Reihe. Nur blöd, gerade neben mir
baut Dug mit Charlene sein Wigwam auf. Auch das sollte ich mir noch besser merken: nicht in seiner Nähe. Erstens schnarcht er und tut er's nicht, schwatzen die beiden zusammen und zweitens können sie
eine Stunde vor Tagwache mit packen beginnen. Da geht's zipp - zipp und raschel - raschel. Aber Dug macht für heute alles gut. Er stellt mir den Pole auf. Das braucht am meisten Kraft. Bis jetzt hab ich das
aber jedes Mal geschafft und es hat immer gehalten. Der Wind rüttelt ziemlich an den Blachen und neben mir stürzt gerade Dugs soeben aufgestelltes Zelt wieder ein. Ihm ist es bestimmt peinlich.
In diesem Camp stehen optional in einem Container Zimmer zur Verfügung. Da hat Rob zugegriffen. So hat er wenigstens eine Klimaanlage. Ich denke, dass er mit seinem Volumen manchmal schon etwas leidet in
einem stickigen Zelt. Auch Suzanne und Nina mit Jeff haben ihr Zelt heute nicht aufgeschlagen. Ich frage mich manchmal, ob Nina mit ihren langen Fingernägeln, hochhackigen Schuhen und recht gediegenen
Kleidern sich eigentlich auf unserem Zeltplatz wohl fühlt.
Bis allenthalben das Camp aufgebaut ist, ist auch schon happy hour. Heute sind es Dips und Chips und denen muss man etwas Sorge tragen, sonst bläst sie der Wind davon. Ich will mir ein Glas voll vom Shiraz
einschenken. Jedoch sitzt der Korken wider Erwarten sehr gut - und bricht auch noch ab. Notgedrungen fülle ich den Rest nun in eine leere Petflasche, wo er halt noch einen weiteren Tag recht schön
geschüttelt wird. Es war keine Wein- sondern sogar eine Schnapsidee, so schönen Wein zu kaufen!
Unser Campingplatz liegt ganz am Rande der Wüste. Das heisst, eigentlich liegt alles am Rand, denn mehr als eine Handvoll Häuser gibt's kaum. Der Ort war mal sehr wichtig. Es gibt einen Bahnhof, ein
Hotel mit einem Pub und eine Tankstelle und in zwei drei Nebenstrassen ein paar Häuser. Von Queensland her trifft auch der Birdsville Track hier in den Oonadatta Track, dem wir gefolgt sind. Deshalb ist hier
auch ein Bahnhof - oder vielmehr war es mal. Eine alte Lokomotive steht verloren im Sand vor dem einstigen Bahnhofsgebäude. Etwas weiter vorn sieht man sogar eine kurze Strecke Schienen, welche sich aber
auch im Sand verlaufen. Ein noch älteres Unikum von einer Dampfdraisine dient wohl als museales Ausstellungsstück und rostet unter offenem Himmel dahin.
Während dem Nachtessen neigt sich die Sonne dem Horizont der Wüste entgegen und der Himmel wird langsam immer goldener. Schnell wasche ich meinen Teller und eile mit meiner Kamera über das
Stumpengeleise hinaus zur Strasse, dort wo sie den Ort verlässt. Ich suche mir einen Standort aus, von wo man am ehesten einen Wüsteneindruck haben kann. Dürre Bäume im Vordergrund und
die Abendstrahlen der Sonne. Dabei ist doch so eine weite Ebene ziemlich langweilig. Vielleicht nehme ich den blechernen
Wassertank dort in der Ferne auch noch mit aufs Bild. Aber immer diese Stromleitungen! Oder ist eben gerade dies ein historisches Dokument? Natürlich, die Telegrafenleitung, welche sie seinerzeit als
Pionierleistung quer durch den Kontinent gebaut haben. Von den Arabern führten sie die Kamele ein, welche ihnen in der Wüste zu überleben halfen. Und ich habe ein Sonnenuntergangsfoto mit der
berühmten Telegrafenleitung.
Die andern sind inzwischen mit dem Nachtessen auch fertig und alle sind verschwunden. Es heisst, ein Drink in einem Pub gehöre einfach zu einem Outback Erlebnis. Nur zwei oder drei sind dageblieben und
wollen bald schlafen gehen. Natürlich muss ich auch ein Pub von innen gesehen haben. Ich will doch mitreden
können. Er befindet sich 50 Meter weiter, im Hotel und dort ist auch schon wieder der Rand der Wüste. Der kleine Raum ist dank unserer Gruppe ziemlich überfüllt. Was trinkt man denn so?
Frank, der Kanadier schwört, das Victoria Beer sei das Beste. Also bestell ich mir ein solches und handle mir damit schon wieder Unannehmlichkeiten ein. Ich bin nicht sehr geübt im Dosenbier trinken und
bekleckere mich prompt. Wenigstens ist es kühl und gut für den Durst. Da dieser doch recht gross war, ist schnell ausgetrunken. Auch der Lärm hält mich nicht lange fest und ich bin froh, dass
Dug, Charlene, Teresa und John bald heimgehen, so kann ich mich anschliessen. John erzählt von seiner Unterhaltung mit der Barmaid. Diese sei etwas über zwanzig und fühle sich irgendwie in diesem
Kaff gefangen. Von den 80 Einwohnern sind 60 Aborigines und von den 20 Weissen seien zehn verheiratet und die restlichen sind Frauen. So hat sie also eigentlich keine Chance, eine Familie zu gründen.
Andererseits möchte sie aber auch nicht fort von hier. Wenn sie tapfer diese Geschichte allen Gästen erzählt, beisst sicher früher oder später mal ein Fisch an.
Durch mein Netzfenster kann ich einen sagenhaften Sternenhimmel geniessen. Riesengross erscheinen die Gestirne, und die Milchstrasse leuchtet fast wie ein weisses Band. Keine störenden Lichter einer nahen
Stadt. Es ist fast wie in jener Nacht in der Finsteraarhornhütte.