Australien-Rundreise 2004 |
Heute heisst's doch erst 6 - 7 - 8, warum zündet denn Kim das Licht direkt vor meiner Haustüre schon um halb sechs an? Sie ist schon eine Weile am rumoren. Oh - Verzeihung, sie hat sich um eine Stunde
geirrt. Bald beginnen auch die Papageien wieder ihr viertelstündiges Morgenkonzert. Da kann wirklich kein Mensch mehr schlafen. Also räume ich mein Gepäck erst mal vor die Haustür. Das habe
ich nun gelernt. Duschen und frisch anziehen, das macht man erst nachher. So bin ich heute noch sauber beim Frühstück. Es gibt heute weisse Böhnchen an Tomatensauce und Würstchen, die
nach Leberwurst schmecken.
Noch bevor wir wieder weiterziehen, erscheint Tim. Auf den Armen zeigt er uns stolz seinen Sohn. Nochmals vielen Dank, dass du uns gerettet hast!
Die alte Telegrafenstation ist eine Besichtigung wert. Erstens ist es die Geburtsstätte von Alice Springs und die einstigen Gebäulichkeiten sind um 1963 liebevoll in ein Museum umgewandelt worden. Ein
Führer erklärt die Funktion um die Jahrhundertwende dieser Anlage, welche jetzt unter Denkmalschutz steht. Wie sie in der Pionierzeit die Leitung gebaut haben. Zuerst haben sie hölzerne Stangen
genommen, die frassen die Termiten auf, dann nahmen sie ein Hartholz, welches den Buschfeuern zum Opfer fiel, dann sind sie aufs Eisen gekommen, das hielt. Passierte im Busch dann irgend ein Unglück,
wurden manchmal die Drähte gekappt. Das wirkte, es kam bald jemand vorbei.
Später, noch bis im zweiten Weltkrieg waren da eben diese Aboriginal-Kinder zuhause. Ich kann mir kaum vorstellen, wie in diesem Haus, das eigentlich für den Stationsleiter und seine Familie und allenfalls
noch für ein paar Angestellte bestimmt war, mehr als fünfzig Kinder Platz gehabt haben sollten. Noch während des Krieges wurde es dann eine Militärbasis.
Weiter geht's nordwärts. Doch nicht sehr lange, dann gibt's wieder einen Besichtigungsstop. Es ist der Wendekreis des Steinbocks, dem wir gebührende Aufmerksamkeit zuwenden. Zuhause muss ich mal
nachschauen, wo der nördliche Wendekreis verläuft und herausfinden, was das mit dem Steinbock zu tun hat (es ist der Wendekreis des Krebses, mehr hab ich noch nicht rausgefunden). Das Bild auf dem
Sockel des Monuments hier am Strassenrand, ist jedenfalls eher das eines Schafbocks.
Somit habe ich nun alle bis auf einen dieser magischen Kreise überschritten. Zuerst war es der Polarkreis im Jahr 1983 auf meiner ersten Reise zusammen mit Werner. Dass der Wendekreis des Krebses eben
über dem Oman verläuft, wo ich vor drei Jahren war, habe ich bis jetzt gar nicht gewusst. Den Äquator habe ich vor zwei Jahren, als ich in Brasilien war, zweimal überfolgen. Doch eine Urkunde
wie meine Schwester, habe ich nie bekommen. Sie wurde beim Polarkreis von Neptun persönlich getauft und ist jetzt Mitglied beim Polarbärenklub. Auch Datumslinie und Äquator waren noch Ereignisse
die eines Zertifikats würdig waren, in einer Zeit, wo noch nicht Krethi und Plethi in der ganzen Welt herumreiste. Dafür verteilt Fran jetzt im Bus ein solches. Aber nicht für den Wendekreis des
Steinbocks, sondern eins von AATKings. Das Uluru Walkers Certificate. Es beglaubigt, dass Rita Graber Biel den Wunsch der Anangu respektiert hat und den Uluru nicht bestiegen hat, sondern dass sie die folgenden
Wanderungen gemacht hat: Und es sind von den vier möglichen Wanderungen alle angekreuzt, der Mutitjulu-, der Kuniya-, der Mala Walk und der "entire base of Uluru". Dies bezeugt F.Calvert am 24. Januar 04.
Jemand hat eine gute Idee gehabt und hat eine Karte gekauft. Die bekommt nun Peter, von allen unterschrieben mit den besten Wünschen für eine gute Besserung.
Dass wir nun die Grenze zum tropischen Gebiet überschritten haben, zeigen schlagartig spitze, rote Gebilde an, die aus der Erde wachsen. Es sind Termitenhügel. Zwanzig, dreissig Zentimeter oder vielleicht
noch höher ragen sie aus dem hier nun schon überall zu sehenden, niederen Gras heraus. Hügel ist eher das falsche Wort. Es sind meist ganz schlanke Türme, die gleich aussehen, wie jene, welche
manchmal die Kinder am Strand mit dem noch flüssig nassen Sand aufpfluttern.
In Ti-Tree halten wir wiederum vor einer Raststätte, wo wir die schattige Veranda zum Lunchen benützen können. Die Getränke holt man sich drin und draussen bedient man sich mit sechs
verschiedenen Salaten, Mortadella, Schinken und Würstchen, jene vom Morgen, die nach Leberwurst schmecken. Doch auch jetzt hält sich die Begeisterung im Rahmen. Die Wirtsleute hier haben zwei
Hunde und die tun jedenfalls nicht so verschleckt. Sie lieben Fran und freuen sich bestimmt, wenn sie wieder mal vorbei kommt. Auch eine Aboriginal Art Gallery ist diesem Pub angegliedert. Ich erstehe mir eine CD
mit Didgeridoo Musik. "Tribal Offerings" heisst sie und ich hoffe, dass sie mich beim Schreiben meiner Memoiren dann etwas inspiriert, (das kommt dann allerdings etwas anders heraus. Das zweite Stück darauf
heisst Labyrinth und sei ein Cool Jazz Didjeridu. Das ganze Stück mit virtuoser Klaviermusik mit etwas Didgeridoo im Hintergrund und ich stelle mir dabei immer das Klavier vor, wie es in der Grashütte
draussen im Busch herumsteht, auf Hochglanz poliert. Oder wie jenes Klavier von der Telegrafenstation, das auf dem Rücken der Kamele über eine Distanz von 500 Kilometern durch die Wüste
transportiert werden musste).
Links von unserer Route beginnt sich Wüste auszubreiten, die Tanami Desert. Das sieht man aber eigentlich nur auf der Karte. Auch auf der Karte sehe ich, dass in dieser Wüste der Central Mount Suart
ist, welcher das geografische Zentrum des Kontinents ist. Wir befinden uns also jetzt wirklich im Herzen Australiens, es ist alles Aboriginal Land, auch die Devil Marpels, wo wir den nächsten Stop einlegen. Links
und rechts neben dem Highway säumen eine ganze Anzahl riesiger Granitkugeln die Strasse. Manche stehen da auf einem noch grösseren runden Felsen und man denkt, dass sie beim nächsten Sturm
herunterrollen könnten. Die Luft erscheint einem beim Aussteigen schon merklich feuchter, tropisch eben. Natürlich ist Fotopirsch angesagt. Doch es dünkt mich, dass
irgendwas mit meiner Kamera nicht stimmt. Ob ihr wohl auch das tropisch Klima zu schaffen macht? Oder sind es die Devil Marpels? Die Geschichte der ersten Weissen, die hier vorbeikamen habe ich aus Hildas
Tagebuch erfahren. Selber habe ich sie wieder mal nicht verstanden. Es waren Viehhändler. Sie beschlossen im Schutze dieser Kugeln, die ihnen wie riesige Murmeln vorkamen, zu übernachten. Als sie aber
am andern Morgen erwachten, war all ihr Vieh gestorben. Deshalb heissen sie jetzt die Teufels-Murmeln. Die Aborigines nennen sie Karlwekarlwe. Für sie sind es die Eier der Regenbogenschlange, also auch ein
mystischer Ort.
Am Himmel brauen sich graue Wolken zusammen. Eine besondere Stimmung begleitet uns, dunkelgrauer Himmel und davor leuchtend weisse Wolken! Es gibt nochmals einen Bisihalt in Wycliffe Well. Es hat neben einer
Tankstelle wieder ein Restaurant und was wir natürlich brauchen: WC's. Es wird behauptet, dass hier einst grüne Männchen gelandet seien oder was in dieser Richtung. Es ist jedenfalls alles
dafür vorgesehen. Zum Willkomm stehen solch grüne, jedoch freundlich winkende Mönsterchen in einem Garten. An allen Wänden der Gebäude sind UFO's und Ausserirdische gemalt.
Jedes Roadhouse und jeder Pub entlang des Highways macht halt irgend mit etwas auf sich aufmerksam. Sei es mit BH's in der Bar oder Raketen im Garten. Hier sind es Aliens. Die Damentoiletten sind mit
"FEMALIENS" angeschrieben und die Herren einfach mit "UNISEX".
Unsere Zelte schlagen wir heute in Tennant Creek auf. Der Kilometerzähler hat seit heute morgen 521 Kilometer mehr aufzuweisen und man merkt, dass wir ins tropische Klima gewechselt haben. Bis das Zelt
steht, ist man schon wieder nass und alles entflieht zum Pool. Ein relativ kleines Becken, dass bei so vielen Besuchern ziemlich "crowded" aussieht. Da gehe ich lieber etwas später. Zuerst hole ich mir über
der Strasse ein Bild von einem Termitenhügel aus der Nähe.
Nach dem Nachtessen gibt's heute was spezielles. Jimmy Hooker, ein hier ansässiger Buschmann ist gekommen und hat uns Buschnahrung mitgebracht. Er zeigt uns, was die Eingeborenen alles finden und mit was
man überleben kann. In der Mitte eines gemütlichen Sitzplatzes hat er schon ein Feuer entfacht und in dessen Glut schmort bereits ein in eine Alufolie gewickelter Känguruschwanz. Noch ist er nicht
gar, doch in der Zwischenzeit hat uns Jimmy eine Menge zu erzählen. Auf Rindenstücken hat er fein säuberlich verschiedene essbare Samen und Pflanzenteile angerichtet. Man kann von allem etwas
kosten. Er gibt uns die Wüstenerdnuss und die Buschbanane, von welcher man alles, also Blatt, Blüte und Früchte essen kann. Tatsächlich ist nichts von alledem zum Ausspeien. Einen flaumigen
Pinsel, von einem Gebüsch geerntet, kann man als Seife benützen, er desinfiziert auch. In einem Behälter hat er eine lebende Raupe. Sie ist etwa fingerlang und sieht aus wie ein grosser Engerling. Von
den Informationstafeln im Kulturzentrum beim Uluru habe ich schon gesehen, dass diese Made zum Leben der Aborigines gehört, genau wie das Känguru und die Schlange. Sie kommt auch auf vielen
Aborigial-Bildern vor. Es ist die Witchetty-Raupe und man findet sie im Wurzelbereich des Witchettybusches. Sie ist wegen ihrem hohen Eiweissgehalt sehr nahrhaft und auch begehrt. Sie werde scheins lebendig
gegessen. Da wir von allem probieren können, ist anzunehmen, dass auch die Raupe herhalten muss. Jürgen ist schon ganz giggerig und man sieht ihm förmlich an, dass er hofft, niemand habe den
Mut, auf dass er sie bekommt. Aber zuerst kommt der Känguruschwanz dran. Das schmeckt jetzt wieder ganz anders, als vorgestern das Gulasch. Der kräftige Schwanz, der vom Känguru zum
Gehen und Springen benützt wird, hat natürlich auch sehr viele Muskeln oder Sehnen. Wie ein Panzerschlauch ist das Fleisch von einer Ringsehnen-Hülle umgeben. Eigentlich liebe ich solches Zeug,
aber ich glaube doch, dass ich mir nie in einer Beiz einen Känguruschwanz bestellen werde. Dann kommt die Made dran. Da sie ausser Jürgen bestimmt niemand roh essen würde, wird sie
geröstet. Auch so ist sie eine Delikatesse. Jimmy wirft sie in die Glut und sie explodiert wie ein Popkorn. Dann wird sie auf einem Rindenstück fein säuberlich in viele kleine Stücke aufgeteilt und
alle die den Mut haben greifen zu. Sie schmeckt gar nicht so übel. Vielleicht ähnlich wie ein Erdnüsschen?
Jimmy hat aber noch mehr auf Lager. Eine ganze Ballade singt er vor. Ob er selber der Dichter ist? Ich weiss es nicht und verstanden habe ich auch kein Wort davon. Aber es ist trotzdem so gemütlich hier am
Lagerfeuer.
Es ist schon bald zehn und ganz dunkel, bis ich heute ins Bett komme und über uns glänzt ein wunderschöner Sternenhimmel.