Australien-Rundreise 2004 |
Noch scheinen die Sterne am Himmel, aber ich bin erwacht ob verschiedenen zipp - zipp-Geräuschen. Es hat dicht gehalten. Nur mein Handtuch ist nicht ganz trocken, dafür ist alles, was trocken war, jetzt
eher feucht anzufassen. Ich schlüpfe erst mal in das dreckige und verschwitzte Zeug von vorgestern. Irgendwie bin ich heute wohl mit dem falschen Bein aufgestanden. Ich habe wieder mal Stacheln. In der
Dusche hat es jetzt zwei Frösche. Dreht man den Wasserhahn auf und will sich die Hände waschen, beginnt dieser ohrenbetäubend wie ein Presslufthammer zu kreischen und jegliche Art von
Käfern und Insekten fliehen aus dem Lavabo. Kakadus, Papageien und Rabenvögel beobachten gut, was auf dem Campground vor sich geht und man hat das Gefühl dass man vom lachenden Hans
dauern ausgelacht wird. Einer hat sogar englisch gelernt und sagt dauernd terrible und horrible. Meine Stimmung geht völlig mit ihm einig, triefend und klebrig alles schon am Morgen früh.
Nach dem Frühstück gibt's eine Bootstour auf dem Katherine River. Der Fluss schlängelt sich hier über eine Strecke von etwa 12 Kilometern durch dreizehn eindrückliche Schluchten mit
zum Teil über 100 Meter hohen Sandsteinklippen. Bei der Rezeption des Camps ist auch das Visitor Center des Parks, wo man wieder viel über die Jawoyn-Aborigines erfahren kann, an welche das hiesige
Gebiet vor 15 Jahren wieder zurückgegeben wurde. Sie probieren nun mittels Video und Ausstellungen dem Besucher diese, ihre Heimat und Kultur ein bisschen näher zu bringen. Auch hier sind heilige
Stätten zu finden.
Auf dem Weg hinunter zum Boot läuft schon mein Foto heiss. Hunderte von fliegenden Hunden hängen noch schlafend im Geäst der Eukalyptusbäume. Der Wasserspiegel des Flusses ist bereits
wieder auf eine kritische Höhe angestiegen und der Bootsführer bedauert, dass man nur die erste Schlucht befahren kann. Mit etwas Glück könnte man hier Süsswasserkrokodile sichten,
aber möglicherweise sind deren Lieblingsplätze eben auch überflutet. Viele Bäume ragen nämlich fast nur noch mit der Krone aus dem Wasser. Wir legen bei einem grossen flachen Felsen
an. Von hier geht's etwa fünf Minuten dem Fuss einer hohen, senkrechten, orangefarbigen Felswand entlang zu einem Ort, wo tausende von Jahren alte Felszeichnungen von der Geschichte des Jaowyn Stammes
erzählen und wo Väter ihren Söhnen ihr Kulturerbe immer weitergeben oder gegeben haben. Bei all den Tausenden von Touristen, die jährlich hier vorbei kommen ist dies
wohl in der überlieferten Form nicht mehr möglich.
Das Hochwasser sperrt uns durch eine Stromschnelle den Eingang in die zweite Schlucht ab. Dadurch kommen wir zu einem zweiten Ausflug an Land. Es gibt dort was zu sehen. Es sei aber ein nicht ganz so einfacher
Weg und jene mit den Zehenschlappen bleiben an Bord, auch jene, die nicht gerne wandern, gell Rob. Wie meistens trample ich einfach hintendrein und lasse mich überraschen, denn ich habe wieder mal kein Wort
verstanden, was der Bootsführer alles Interessantes gesagt hat. Die Felszeichnungen habe ich jedenfalls gesehen und jetzt bin ich froh, dass ich meine neuen Amphibienschuhe angezogen habe. Es geht über
Stock und Stein und durch den Bach hin und her. Zum Glück hat's eine Kette, an der man sich halten kann. Und dann tönt's aaahh und ooohh. Wir sind an einem Wasserfall angekommen und der
Boots-Anbinder, der uns hierher geführt hat, ist schon im Wasser. Ich sehe gerade noch Nel in Slip und BH eintauchen. Es sieht schon recht erfrischend und verlockend aus. Einen Moment noch zögere ich
und mache lieber Fotos. Jetzt entschliesst sich auch Hilda noch. Da bin ich nun aber auch dabei. Es braucht gerade etwas Anstrengung und richtiges Gegenstromschwimmen um unter den Wasserfall zu gelangen. Doch
ich schaffe es und es prasselt ganz ordentlich auf den Kopf. Für mich ist die Welt wieder in Ordnung und die Vögel singen.
Die Erfrischung tut gut und hält noch lange an, vor allem weil man mit tropfnassen Unterhosen wieder in die Kleider steigt. Aber hiezu habe ich ja meine Funktionswäsche. Am Körper ist alles nochmals
so schnell trocken. Auf dem Schiff hat's Plastikstühle und ich frage mich, ob die andern wohl alle Ersatzwäsche bei sich haben, denn wieder an Land angekommen, verschwindet alles in den Toiletten. Ich
habe es wahrscheinlich wieder nicht mitbekommen. Aber im Auto habe ich einen Plastiksack, und das schützt den Sitz auch auf der kurzen Strecke nach Katherine.
Dort sucht sich nun jeder sein eigenes Mittagessen aus, sei's im Convenience Food Abteil des Supermarktes oder im Bistro. Dort hat's aber gepolsterte Stühle und es sieht mir etwas zu nobel aus, auch Ian kehrt
um. Er geht hier lang und ich dort. Mein Sinn steht nach Salat und in einer Pizzeria versprechen sie griechischen Salat und sie haben Plastikpolster auf den Bänken. Aber ich bin inzwischen schon wieder fast ganz
trocken, Odlo sei dank!
Wir sind eine disziplinierte Gruppe und noch nie mussten wir auf jemanden warten. Auf der Weiterfahrt kann man nun zurücklehnen und etwas dösen. Die Landschaft draussen verändert sich nur
unmerklich. Vielleicht das Gras, das jetzt langsam höher wird und eine ziemlich hellgrüne Farbe angenommen hat. Daraus empor erheben sich überall die manchmal beachtlichen Termitenhügel in
der meist rostroten Farbe des Bodens. Magnettermiten bauen ihre Burgen immer in der Nord-Süd Ausrichtung, damit sie die grösstmöglichen Vorteile von Sonne und Schatten ausnutzen können.
Auf dem Bildschirm zeigt man uns zur Einstimmung auf den Kakadu Nationalpark ein Video über die vielfältige Flora und Fauna dieses Gebietes. Ein halbstündiger Bisistopp in Pine Creek verführt
überhaupt nicht zu irgend welchen Erkundungstouren durch die Goldgräberstadt. Die Goldmine ist eh schon erschöpft. Der Weg vom Bus zu den Toiletten und zurück an die Bar ist weit genug,
wenn's nur Schatten hat und kühl ist. Letzteres ist zwar ein frommer Wunsch. Nicht mal Eiscreme hat's hier im Pub. Nur einen Propeller, unter welchem ich einen freien Stuhl ergattern kann. Erst zehn Minuten
vor Abfahrt kommt Suzanne mit einer Glace daher. Sie hat sie drüben an der Tankstelle bekommen. Immer verpasse ich das Interessanteste. Ich hole mir auch eine. Bei diesen Temperaturen muss ein solches
Ding sowieso speditiv gegessen sein. Ich schaff das noch spielend, bevor der Letzte eingestiegen ist.
Hier zweigt der Kakadu Highway vom Stuart Highway ab und führt uns fast 100 Kilometer durch den Park zu unserem heutigen Camp, dem Gagudju Lodge Cooinda in Jabiru. Auch hier sind wir fast die einzigen
Gäste auf dem Platz. Die Sommerferien sind mit dem Australia Day zu Ende gegangen. Ein üppiges Grün mit vielen verschiedenen tropischen Pflanzen und Bäumen mit Papageien und vor allem
triefende Schwüle empfangen uns beim Aussteigen aus dem angenehm temperierten Bus.
Wie meistens, verschwinden auch heute wieder fast alle im Pool, sobald das Lager steht. Ich schliesse zuerst wieder meine Batterien zum Aufladen an und dann mache ich mich auf Fotopirsch. Generell sind im Moment
nicht allzu viele Blumen am Blühen. Es ist die schmucklose Zeit zwischen den Blüten und den Früchten. Doch hier in diesem Camp finde ich viele blühende Büsche und schöne Palmen in
der Nähe des Pools. Ein Auge voll zu nehmen von schwimmenden und tauchenden Kameraden reicht mir vollends. Niemand merkt, dass ich heimlich ein Bild von Emma's strammen Waden mache. Sie ist
einundzwanzig, sicher hundert Kilo und liebt es im Wasser den Handstand zu üben. Ich selber habe einfach eine Abneigung vor diesen lauwarmen Bassins, weil ich daheim nicht wieder zum Arzt gehen
möchte, wie seinerzeit als ich aus Amerika heimkam. Ich denke, je mehr man Angst vor diesen Mushrooms hat, je eher holen sie einen ein.
Wir haben ein schönes und gepflegtes Camp heute. Die WC-Anlagen und Duschen sind erstaunlich sauber und ohne Getier. Dafür hat es heute keinen Sitzplatz mit einem Dach. Aber ringsum stehen hohe
schattige Bäume und wir haben einen grossen Rasenplatz für unser Esszimmer zur Verfügung. Die einzigen unerwünschten Viecher hier sind die Mücken. Sie haben die Fliegen des Outbacks
abgelöst und ich bin ziemlich darauf bedacht, mich immer gut einzusprayen. Kim verteilt unter allen Tischen brennende Antimücken-Kerzen. Aber Al hat jetzt schon ziemlich verstochene Beine und er kann
das Kratzen nicht lassen.
Heute muss ich mich nun nochmals anziehen und von draussen die Läden schliessen. Blitz und Donner machten das zu Bett gehen noch attraktiver. Der Sound ist unüberhörbar, wenn es zu tröpfeln
beginnt. Wahrscheinlich würde ich darob erwachen und müsste mir nicht erst das Gesicht waschen lassen. Alles kommt nochmals aus dem Zelt, um die Luken zu schliessen. Über der Tür hat es
auch noch eine zusätzliche Blache, diese lasse ich aber aufgerollt. Das macht gerade ein winziges Vordach, dass ich darunter den Reissverschluss, der die Tür oben quer abschliesst, offen lassen kann. So
kommt doch wenigstens noch einen kleines Bisschen frische Luft ins Zelt. Der Guss ist aber nur von kurzer Dauer und vorüber, noch ehe ich eingeschlafen bin.