Australien-Rundreise 2004 |
Abfahrt ist heute um acht Uhr und erwartungsvoll haben alle das Badekleid im kleinen Handgepäck oder schon unter den Shorts kopfsprungbereit. Wir nehmen den Stuart Highway und bei niesligem Regen
erreichen wir auch schon bald Adelaide River. Dort werfen wir einen Blick auf den Kriegsfriedhof. Ich kann nicht feststellen, wie viele Kriegsopfer hier ihre letzte Ruhe fanden, jedenfalls sind alles junge Männer.
Ich habe nur mitbekommen, dass Darwin im zweiten Krieg stark bombardiert wurde und zwar durch einen Angriff der Japaner, die von einer unerwarteten Seite anflogen und dadurch eine ungewarnte
Bevölkerung ausbombten. Ein anderer schwerer Schicksalsschlag traf Darwin am Heiligabend 1974. Ein Hurrikan tobte mit Windgeschwindigkeiten über 280 km/h und zerstörte über 5000
Häuser. Weniger als 500 bleiben stehen.
Im Adelaide River Inn steigen wir gerade nochmals aus, diesmal für den Bisistopp. Die Attraktion in diesem Pub ist Charlie, der Star aus dem Film des Crocodile Dundee. Dieser riesige Wasserbüffel mit
seinen gewaltigen Hörnern hat das Zeitliche gesegnet und lockt nun ausgestopft noch viele Touristen an. Alle kennen ihn. Da muss ich wohl zu hause wieder mal meine Wissenslücke stopfen.
Unter dem geschützten Dach der Veranda müssen wir direkt die Auswirkungen eines Wolkenbruchs abwarten. Es giesst - wie ein Vorhang rinnt das Wasser über die Kante des Vordaches herunter. Es
ist zum Weinen.
Die Wegstrecke zurück nach Katherine ist nicht abwechslungsreich. Alles recht grün und im Moment halt sumpfig und überschwemmt. Die Sitznachbarn vor mir probieren sich gegenseitig Wörter
in Walesisch und echt britisch beizubringen. Ich muss natürlich meinen Senf auch dazugeben und werfe das Chuchichäschtli in die Runde. Jetzt muss ich erklären, was das ist und da wird's schon
schwieriger. über Sideboard kommen wir der Sache glaube ich am nächsten. Dafür weiss ich jetzt wie man dem sagt, was jeweils am Morgen nach dem Zeltzusammenräumen unter die Dusche
muss: das ist ein wales'sches Muchinbrut.
Darob sind wir bei den Edith Falls angelangt, wo ein Eingeborener uns über die dortigen Bäume und Pflanzen eine kleine Einführung gibt. Die Blüten der Bäume kann er uns nur auf einer
Broschüre zeigen, da eben die Zeit der Blüte vorbei ist, genauso wie die Sommerferien. Der schöne See, in welchen die Edith's fallen, hält auch nicht, was sie uns versprochen haben. Baden ist im
Moment verboten. Ob wegen Krokodilen oder Hochwasser, weiss ich nicht. Gehen wir halt ungebadet zum Picknick über. Jedes bekommt wieder ein herzhaftes Sandwich. Diesmal nicht selbstgemacht, aber gut
und frisch aus der Kühlbox. Der blauflüglige Kookaburra schaut uns glustig zu und lässt sich sogar fotografieren. Dafür lacht er uns dann nachher wieder aus.
Zum Dessert kann man sich beim Kiosk am Parkplatz eine Glacé kaufen und während man sich gemütlich schleckend fragt, was man jetzt ohne Baden die ganze Stunde bis zur Abfahrt noch tut,
kommt die Antwort vom Himmel. In Sturzbächen. Man muss meistens nur etwa 10 Minuten warten, bis es nur noch tröpfelt und alles flüchtet zum Bus. Jetzt sind wir einfach eine Stunde zu früh
in Katherine und vertrödeln diese im Woolworth und Café herum. Dabei entdecke ich auf einem Prospekt, dass gestern ein historischer Tag gewesen wäre in Darwin. Die Bahnlinie des Ghan, welcher
bis jetzt nur nach Alice Springs verkehrte, wurde erweitert und seit gestern ist nun Der Ozback Explorer auf den Schienen. 5000 Kilometer ist die Strecke zwischen Sydney und Darwin. Die Jungfernfahrt ist schon
längstens ausgebucht und habe ein kleines Vermögen gekostet. Die ganze Reise dauert 19 Tage in diesem supermodernen Hotel auf Schienen. In 14 Waggons sind maximal 90 Gäste auf der Reise.
Tagesausflüge werden mit Minibussen durchgeführt, welche auf dem Zug mitreisen. Morgen im späteren Vormittag müsste er hier in Katherine sein. Bis dann sind wir aber wahrscheinlich schon
über alle Berge, oder nein, in die endlose Ferne entschwunden.
Endlich ist es Zeit, auf unserem heutigen Camp, der Springvale Homestead in Katherine einzufahren. Ich bereite mich schon seelisch auf Frösche in der Toilette vor, aber Stuart biegt diesmal auf die linke Seite
ab. Vielleicht ist eine Homestead was besseres als ein Camp in einem Nationalpark. Oder auch nicht. Bei der Ankunft auf dem Gelände hat man eher das Gefühl, man fahre in einen Billabong. Mächtige
alte Bäume säumen den Weg links und rechts, die Stämme bis zu einem Viertel im Wasser. Die Krone triefend und die Rinde schwarz vom Regen. Auf einer halb unter Wasser stehenden Wiese tummeln
sich 20 bis 30 Wallabies. Fran und Kim steigen aus, um an der Rezeption den Platz zugewiesen zu bekommen und Stu fährt langsam und sorgfältig den bodenlosen Wegen entlang und schafft es, dass der
Anhänger wunderbar vor einer schlammigen Pfütze zu stehen kommt. Dafür ist beim Aussteigen aus dem Bus etwa ein Meter breit kein Schlamm. Die gute Nachricht: wir können unseren Platz
auf dem ganzen Gelände aussuchen. Niemand anders ist hier. Wiesenplätze hat's da und dort. Mein Auserwählter liegt in der Nähe der Waschräume, dafür versinkt man im Sumpf,
wenn man zum "Esszimmer" geht. Zum Glück hat's hier ein Dach.
Ich helfe noch, die Tische und Stühle auszuladen und dann geht's ans Zeltaufstellen. Nummer 6 ist verschwunden. Renz merkt erst, dass er das Falsche hat, als es schon steht. Ich glaub's nicht recht, denn er
hat vorgestern gesagt, dass sein Zelt undicht sei. Widerstrebend nehme ich halt seins und mache mich an die Arbeit. Dabei werden wir wie immer vom Empfangskomitee beobachtet und es tönt unaufhörlich
"terrible" und "horrible" und Hans lacht uns aus. Sie haben ja so recht. Im Nu bin ich das reinste Muchinbrut. Im Moment regnet es gerade nicht und die Sonne scheint sogar für zwei Sekunden. Fensterblachen
und Türen geöffnet bewirken sogar, dass die Nässe vom Samstag bald aufgesogen ist. Es wird aber zweifellos weiter Regen erwartet und Fran gibt uns den Tipp, mit zwei Schnüren und
zusätzlichen Heringen die Fensterblachen etwas anzuheben. Exakt dieses Patent habe ich mir gestern ausgedacht und dafür in Woolworth zwei lange Schuhbändel erstanden. Sie waren billiger als
eine Rolle Schnur. Helga brachte mir bei, dass Schnur String heisst. Als ich dann am Pool den Holländern rapportierte, was ich am Nachmittag alles gemacht habe und erwähnte, dass ich Strings gekauft
hätte, lachten mich wieder alle aus.
So, die Arbeit ist getan, das Zelt steht und ist am Trocknen, dafür bin ich am Triefen. Vom Mittag her noch im Bikini unter den Shorts. Also suche ich nicht lange weiter und wasche erst mal unter der Dusche
den gröbsten Schlamm von den Füssen und zwischen den Zehen ab und gehe auf die Suche nach dem Pool. Natürlich auch hier bisiwarmes Wasser. Trotzdem bringt ein Schwumm etwas Abkühlung.
Da hat jemand die Rutschbahn entdeckt und solches muss man mir bekanntlich nicht zweimal sagen. Sie hat etwa vier Kurven und das fliessende Wasser lässt einen in heissem Tempo herunterflitzen. Das
Zuschauen macht wohl noch viel mehr Spass, denn beim Auftauchen grölt alles. Bis ich realisiere, dass ich eben einen regelrechten Strip hingelegt habe. Mein "Hüdeli" von Oberteil hat dem Stress nicht
standgehalten und fühlt sich nun eher als Halstuch an. Ach Du Schande! Die beiden Holländer Renz und Andreas, die mich sowieso immer mit "Jodelike" aufziehen, lachen Hallo und Dug, der ruhige
Brillenflickende und in der Nacht mit seiner Frau Plaudernde, schmunzelt still vor sich hin. Grad zleid gehe ich nochmals, halte aber das Oberteil mit beiden Händen fest, wackle dafür aber nach dem
Auftauchen als Entschädigung so gut es geht mit meinem Hintern. Den Foti habe ich dabei, aber die andern Frauen haben ganz seriöse Badkleider an und nur von Emma gelingt mir ein specktakuläres
Bild.
Die Wallabies, die ich eigentlich fotografieren wollte, sind eher scheu und entfliehen, sodass ich sie nur mit dem Zoom zu fassen kriege.
Es hat jetzt doch gewartet mit dem Regen bis wir fertig gegessen haben. Zum Dessert kommt Kim wieder mit einem Kuchen, der mit zwei brennenden Wunderkerzen verziert ist. Gestern war es Shirley und heute
hat Ria, Renz's Frau Geburtstag. Als Wiegenlied wird uns heute das aufs Zelt Trommeln des Regens gesungen, jedoch nach einer halben Stunde ist alles wieder ruhig. Nur saugendes und schmatzendes Geräusch
der Schritte jener, die vom Waschraum durch den Schlamm heimzu waten. Auf was habe ich mich da wieder eingelassen!
Ich probiere, meine Sachen zu packen und die dreckigen Hosen von heute Abend und sauberes Zeug für nach dem Zeltabbruch zur Hand zu haben. Fünf - viertel vor sechs - halb sieben ist das Motto
morgen. Da wird es noch dunkel sein und wir haben die längste Strecke unserer Tour vor uns.