Australien-Rundreise 2004 |
Donnerstag 5. Februar 2004 |
Die Fahrt durch die frühen Morgenstunden - es war heute wieder 5 -6 -7, bezaubert durch eine bizarre, hügelige Gegend. Im weichen, gelben Sonnenlicht erscheinen die Bäume wie grüne Flocken
verstreut in der Gegend oder sie zieren die Hügelkette wie ein grüner geklöppelter Spitzenabschluss. Die Faszination des rotgrünen Spiels von Boden und Vegetation dauert etwa 100 Kilometer
bis Cloncurry. Dort kennen sie wieder nur weites, weites, grünes Gras und Kühe, Kühe, Kühe. Hier sind diese jetzt weiss. Die beiden Ortschaften Julia Creek und Richmond liegen fast zwei Stunden
im Hundertkilometertempo auseinander, sind aber wichtige Stationen für den Viehtransport. Seit Cloncurry beigleitet unsere Strasse eine einsame Bahnlinie. Grosse Sammelgehege liegen in der Nähe der
Bahnstationen. Nochmals hundert Kilometer weiter in Hughenden gibt's nochmals einen Bisihalt. Eigentlich hat eher der Bus Durst und wir können inzwischen ein Glacé essen oder den Friedhof über
die Strasse besuchen. Ich mache beides und versuche, die Glacé in den Mund zu bekommen, ohne dass sich bei jedem Mal noch eine oder zwei Fliegen dazwischen drängeln. Auf den zum Teil hundert Jahre
alten Gräber kann man manchmal noch Namen und Jahrzahlen lesen, dann gibt es Stellen, wo man nur nach einem am Boden dahinrostenden Nummernschild ein Grab erahnen kann. Ich frage mich, wo all die vielen
Leute herkamen, die hier begraben sind. Da, wo man auf hunderten von Kilometern kaum Spuren von menschlichem Daseins ausmachen kann. Es war das Gold und die Bodenschätze, die hier vermutet und gesucht
wurden, vielleicht auch gefunden und inzwischen ausgebeutet.
Beim Bahnhof in Hughenden steht ein etwa ein Kilometer langer Zug mit vier Lokomotiven vorgespannt, abfahrtbereit, direkt eine Attraktion.
Auch unsere Reise geht weiter. Um uns von der grünen Eintönigkeit draussen etwas abzulenken, zeigt uns Fran ein Video zum nächsten Höhepunkt unserer Reise. Dem Great Barrier Riff. Es folgt
eine detaillierte Information über die uns erwartende Kreuzfahrt mit Schnorcheln, Tauchen, Glasbodenboot und anderen Unterwassergefährten, was wichtig und was zu unterlassen ist. Ich bin wieder mal
ein wenig deprimiert. Habe ich nun das Wichtigste richtig verstanden oder wie schon so oft gerade den gegenteiligen Sinn aufgefasst? Ich werde mal wieder Hilda oder Hilde belästigen müssen.
Nach Stunden ist am Horizont wieder mal ein Hügel in Sicht, direkt wieder eine Attraktion. Und mit dem Hügel kommt der Wald. Die bewaldeten Höhen gehören nun bereits zu den Great Dividing
Ranges, die den östlichen Küstenstreifen von der riesigen Fläche des grossen, artesischen Beckens trennt. Die Erde ist hier nicht mehr so rot. Die Termitenhügel haben eine entschieden bleichere
Farbe. Gegen Abend haben wir Charters Towers erreicht. Hier fand ein junger Aborigine namens Jupiter im Jahr 1872 Gold. Prompt entstand hier ein florierender Umschlagplatz mit prachtvoller Architektur. Die
Börse in der Stadt sei eines der schönsten Wahrzeichen aus dem 19. Jahrhundert. Heute ist Charters Towers mit 12'000 Einwohnern ein Zentrum der Schaf- und Rinderzucht. Würden wir dessen
nicht belehrt, würden wir davon nichts spüren, denn unser Camp ist irgendwo ausserhalb der Zivilisation. Auf einem gemähten Feld finde ich die ganze Gruppe bei einem Kricket-Spiel. Ich müsse
unbedingt auch helfen. Doch nicht mit den Zehenschlappen. Während ich zum Zelt zurückgehe um die festen Sandalen anzuziehen, hoffe ich, dass es ihnen in der Zwischenzeit verleidet ist. Aber dazu
brauchen sie schon mich. Ich habe die Regeln noch nicht ganz begriffen, nur, dass ich jetzt den Knüppel bekomme und abwehren soll. Wieder mal zeigt sich mein brillantes Talent, mit Bällen umzugehen. Ich
erwische keinen einzigen der sechs Bälle, auch wenn sie ihn mir noch so wunderschön zuwerfen. Und jetzt habe ich sie wirklich soweit, dass es ihnen verleidet ist, ausserdem ist jetzt happy hour.
Was gibt es sonst noch zu erzählen von Charters Towers? Ah, in der Toilette hat es hier keine Frösche, sondern wir finden einen etwa sechs Zentimeter grossen Hirschkäfer, der unbedingt wieder
dorthin ans Licht flieht, auch wenn man ihn draussen vor die Tür gesetzt hat. Sonst ist man heute einfach wirklich müde. Wir haben wiederum eine Etappe von 767 Kilometern hinter uns und das bremst
auch die Schreibwut ein wenig.