Australien-Rundreise 2004 |
Die Wetteraussichten für heute sind nicht besonders und es ist sogar eine Wirbelsturm-Warnung für dieses Küstengebiet in den Nachrichten durchgeben worden. Das hat man dann davon, wenn man
fernsehen kann. So tauschen wir mit dem Programm von morgen. Vielleicht bessert sich das Wetter für unseren Riff-Tag bis dann. Trotzdem haben Optimisten die Esstische unter dem Dach hervor auf die ein
bisschen trockenere Wiese gezügelt. Auch heute begrüsst mich Renz wieder mit seinem blöden "good morning Jodelike". Diesmal bin ich aber vorbereitet. Ich habe nämlich gestern Suzan gefragt,
ob sie mir eine gute Antwort darauf hätte. "Ho gaat et kaaskop?" antworte ich ihm fröhlich, was soviel heisst wie "wie geht's Käsekopf" und das sei so ein Spitzname für einen Holländer.
Anscheinend habe ich es sogar richtig ausgesprochen, denn ihm bleibt gerade der Mund offen stehen. Aber auch die andern zwei Holländer sind platt und lachen schallend. Gut gemacht, muss jetzt auch Renz
zugeben und lacht mit.
Es geht prompt nicht auf mit der Sitzverteilung im Bus. Susanne setzt sich mal zu mir und Ernst ist irgendwo. Aber morgen wird der Sitz von Dug und Charlene frei, den können sie sich dann zusammen unter
den Nagel reissen. Es ist heute sowieso nur eine kurze Anfahrtstrecke bis Caravonika Lakes, der Talstation der 7,5 km langen "Skyrail". Sie nennt sich die längste Kabinenseilbahn der Welt und man schwebt mit
ihr lautlos über tropischen Regenwald. Es hat drei Sektionen und bei jeder Station kann man aussteigen und an Führungen, die dort angeboten werden, teilnehmen. Es hat auch hier hölzerne Laufstege,
von welchen aus man in einiger Höhe dem Dschungel ein bisschen näher kommen kann. Ausserdem habe ich an der Talstation ein Informationsblatt bekommen, wo man darauf aufmerksam gemacht wird, was
alles von oben zu sehen ist. Man kann sich dabei an den Masten-Nummern orientieren. Auch wenn es deutsch ist, schaffe ich nicht beides: lesen und schauen. Und draussen auf dem Steg bin ich zu weit weg und
vielleicht ist es sowieso besser, ich lasse andern den Vortritt, die besser Englisch verstehen. Die mächtigen Hirschgeweih- und Korbfarne, aber auch Orchideen kann ich trotzdem gut sehen. Aus der Gondel
lässt sich nicht so gut fotografieren, weil die Scheiben so verregnet sind. Es ist jedoch recht eindrücklich über den Baldachin all dieser fremden Baumarten dahinzuschweben. Manchmal kann man den
Lärm der Zikaden hören, dann ist auf einen Schlag wieder Stille. Von weitem steigt ein Nebel aus dem Tal auf. Dort stürzt sich der Barron Fluss über Felswände in die Tiefe. Bei der zweiten
Station hat man bei drei Aussichtspunkten einen atemberaubenden Überblick über das tosende Wasser. Da ist natürlich die Regenzeit wieder ein Positivum, denn soviel Wasser wie im Moment,
führt der Fluss wohl selten und umso spektakulärer und eindrücklicher präsentiert sich der "Bärenfall". Auch an dieser Haltestelle hat es ein Infozentrum mit Videos und Informationen
über den Regenwald, seine unglaubliche Vielfalt an Pflanzen und Tieren, aber auch deren Beziehung zueinander. An Computern kann man sich in interaktive Animationen vertiefen. Man muss rausfinden, welche
Baumart wie und warum da steht und welche Vögel sich dort aufhalten und so fort. Man kommt immer erst weiter, wenn man nachgeschaut hat, warum man falsch geraten hat.
Dann kommt Kuranda. Ein auf Touristen zurechtgeschneidertes Örtchen wo es nicht an Souvenirshops und Verpflegungsmöglichkeiten fehlt. Eine schöne gepflegte Hauptstrasse mit
Banyon-Bäumen und vielen wunderschönen Blumen in den Gärten. Ein Aboriginal-Shop mit Didgeridoos und Bumerangs und sonstiger Aboriginal-Kunst sieht noch recht gediegen aus. Vielleicht kaufe
ich mir hier eine Kleinigkeit, die man im Gepäck mit heim nehmen kann. Diesen Bleistift zum Beispiel könnte ich schon gut gebrauchen. Die richtige Härte hat er jedenfalls. Doch im letzten Moment
fällt mein Blick auf den kleinen Warenstempel: "made in China"! Da gibt's mir wieder fast etwas. Da meint man, es würden mit diesen Sachen die Eingeborenen unterstütz, aber von wegen!!! Also sind
wohl auch die vielen Didgeridoos nicht von original australischen Termiten ausgehöhlt worden.
Ich bin mit Holland Hilde unterwegs und irgendwo sollten wir noch etwas essen. Man ist ein bisschen hin- und hergerissen. Zuerst essen und nachher Sightseeing oder umgekehrt? Vielleicht schauen wir erst mal, was
das Butterflymuseum bietet. Dieses befindet sich am andern Ende des Ortes. So können wir gleichzeitig die Menükarten inspizieren. Dreizehn Dollar Eintritt für die halbe Stunde, die wir dafür
Zeit hätten, ist mir etwas zuviel. Auch das Papageienmuseum kostet gleichviel. Shops und Souvenirläden säumen die Wege von hier nach da. Hier gibt es lustige Eidechsen, Krokodile und Schmetterlinge,
welche im Wasser auf ihre sechsfache Grösse wachsen. Vielleicht etwas für meinen Enkel, der liebt alle Arten von Monstern. Gerade um die Ecke kann man Koalas knuddeln. Hilda, Emma, Susan und Rob
bringen alle ein allerliebstes Foto mit heim. Mit einem Koala im Arm strahlen sie und jedes Bild ist wirklich gut gelungen.
Hilde und ich kehren dorthin zurück, wo's Fish n' Chips gibt. An der Theke, wo man die Bestellung auch gerade zahlt, bekommen wir eine Nummer auf einem Ständer und können uns mit dem
Getränk einen Tisch aussuchen. Bald bringen sie uns den Fisch, diesmal aber im Teller und viel frischen Salat dabei.
Stu ist inzwischen mit dem Bus hier herauf gekommen. Er fährt nun mit uns zu einem Aboriginal-Kulturzentrum. Dort ist man ebenfalls auf Touristen ausgerichtet. Aber man probiert, ihnen etwas von der
Kultur und den Tänzen der Eingeborenen zu zeigen. Nicht ganz schwarze Männer, am Körper reich bemalt und mit einer Lendenschürze bekleidet, spielen neben einem Graszelt mit einer
Feuerstelle auf dem Didgeridoo ihre fremdartigen Melodien. Wäre Jürgen noch mit uns, würde er bestimmt der Aufforderung folgen, es auch auszuprobieren. Aber niemand von uns hat Lust, auch in
diesen "Knebel zu speuzen", also wenden wir uns dem Speerwerfen zu und von da dem Bumerang. Hier kann man wieder selber probieren. Alle Zuschauer müssen hinter dem Maschendraht bleiben, denn der
Bumerang, welchen der halbnackte Mann wirft, kommt tatsächlich zurück. Eins ums andere darf auch mal. Die einen haben mehr Erfolg, die andern weniger. Ich probier's erst gar nicht, will mich nicht
wieder blamieren, wie beim Kricket. Ich spiele lieber Paparazza.
Dann werden wir in eine Zuschauerarena geführt. Jetzt kommen die Tänze. Zuerst ruft der Didgeridoo-Spieler zur "Corroborree", der Zusammenkunft auf. Dann kommt ein Mücken-Tanz. Das heisst
sie führen vor , wie sie sich bei der Jagd in dem Mangrovensümpfen mit Zweigen der Mücken erwehren. Oder wie sie aus einem gefällten, hohlen Baum den Honig herausholen und vor Freude
tanzen. Auch die Kängurus, die sie imitieren, sieht man gut.
Zum Schluss der Warran-Jarra der Beinschwinger. Dazu braucht's natürlich Leute aus dem Publikum. Hilda ist eine der Ersten. Auch Nel und eine der vier Waleserinnen opfern sich. Jetzt wollen sie unbedingt
noch einen Mann haben und locken einen Asiaten auf die Bühne. Nicht wahr, es ist gar nicht so einfach, alles nachzumachen, auch wenn's schliesslich langsam demonstriert wird!
Das wär's dann gewesen, die Dreamtime mit den Pamagirris.
Wir fahren wieder zurück nach Kuranda zum Bahnhof. Eine Fahrt mit der nostalgischen Kuranda Bahn, darf man sich ebenso wenig entgehen lassen, wie jene mit der Skyrail. Allein schon der Bahnhof mit seinen
blumen- und pflanzen-geschmückten Perrons sind eine Augenweide. Die bunt-blaue Lock, die durch den Urwald fährt, macht sich sicher gut auf jedem Bild, falls man eins davon erwischt. Bei den vielen
Kurven, die der Zug macht, wäre es eigentlich kein Problem, sässe man an einem Fenster oder wenigstens auf der richtigen Seite. Doch für das absolute Highlight dieser Fahrt hält der Zug an
und man hat sogar genügend Zeit um auszusteigen und von hoch oben den gigantischen Bärenfall zu bestaunen. Es ist ein grandioses Schauspiel. Da ist unser Rheinfall gerade ein Dreck dagegen. Aber ganz
unten hat dieser Barron Fall, wie er richtig heisst, genau auch so eine Kanzel, wie unser Rheinfall - vielleicht ein bisschen höher und ohne Schweizerfahne.
Ganz nah beim Geländer sehen wir ihn, den Blauen Ulysses, diesen wunderschön blau schillernden Schmetterling. Natürlich schaff ich das nicht, ihn auf den Chip zu bekommen. Er tanzt immer davon,
bis ich, resp. meine Kamera soweit ist. In weiser Voraussicht habe ich im Regenwald-Infozentrum einen solchen, leider Aufgespiessten aufgenommen, damit man besser sehen kann, was dieses winzige blaue
Pünktchen dort im Gras vor dem Wasserfall sein sollte.
Die Kuranda Bahn sei eine der schönsten Eisenbahnstrecken der Welt, sagen sie. Sie kommt im Quietschen vielleicht fast an die Bernina-Bahn heran, aber um diese zu übertreffen, muss sie sich noch
gewaltig anstrengen.
Die Fahrt dauert etwa anderthalb Stunden und langsam kommen wir aus den Höhen herunter, wo wir bald grosse Zuckerrohrplantagen durchfahren, ehe wir in Cairns eintreffen.
Mit dem Wetter haben wir heute Glück gehabt. Es hat nur geregnet, als wir auf der Skyrail schwebten, nachher konnten wir sogar etwas Sonne und eine enorm tüppige Schwüle geniessen. Ein Blick
zurück in die Berge, von wo wir gekommen sind, ist allerdings verschleiert. Die Höhen zeigen sich nicht. Alles ist in Nebel gehüllt und regnerisch verhangen.