Australien-Rundreise 2004 |
Mittwoch 11. Februar 2004 |
Um Viertel vor sechs beginne ich zusammenzupacken, denn es droht ein erneuter Schauer. Also bringe ich die Tasche, solange es noch dicht ist, unter das Dach. Den Rucksack und die sauberen Shorts daneben. Den
Reissverschluss der Tasche lasse ich offen, ich brauche ja noch das Necessaire zum Duschen. Ich bin gerade dran, das Zelt in die flache Hülle zu schieben, da legt es los. Bis dann das Paket und die Heringe im
Bus versorgt sind, bin ich bis auf die Haut nass. Ich wäre also jetzt vorgespült und reif für die Dusche. Jedoch ist meine Tasche schon im Bus versorgt. Das hat man dann davon, wenn überall
alle mithelfen. An mein Necessaire komme ich nicht mehr ran. Wenigstens habe ich noch trockene, saubere Shorts beim Rucksack. Das nasse Zeug breite ich halt heute im klimatisierten Bus auf meinem Nebensitz aus
und bin selber erstaunt wie schnell die Klimaanlage alles auftrocknet.
über Mackay führt uns die Strasse mehr oder weniger der Küste nach, an vielen Zuckerrohrfeldern vorbei, immer Richtung Süden. Das Wetter ist trüb und verhangen, die Gegend, die wir
durchfahren, eben und zum Teil überschwemmt. Steigt man für kurze oder längere Zeit aus dem klimatisierten Bus, wartet man fast ungeduldig das Ende der Pause ab, um der Schwüle wieder
zu entrinnen. Darf man wieder einsteigen, wird weiter geschlafen. Nicht mal ein Video schiebt Fran ein, weil sowieso alles schläft und da will sie nicht aufwecken. Soweit bin ich jetzt gottseidank noch nicht. Auch
wenn ich jetzt sechzig bin, schlafen liegt bei mir nicht drin. Auch wenn nichts Spektakuläres zu sehen ist, nach soviel tausend Kilometern ist man wohl schon auch müde und abgestumpft, aber ich hätte
trotzdem immer das Gefühl, ich könnte etwas verpassen. Was ich jedoch mache, ist mein Tagebuch nachführen. Ich schreibe schon täglich kurz in Stichworten auf, was so los ist, aber den Roman
dazu verfasse ich meist erst daheim. Ich habe genügend so kleine Notizheftchen dabei, die sich praktisch in die Hosentasche schieben lassen und immer dabei sind. So habe ich bis jetzt die Flugreise und den Tag
in Sydney und die ersten zwei Tage, dann wieder die Tage vom Wilpena Pound bis Coober Pedy und bin nun an der Strecke, die wir ostwärts gefahren sind. So kann ich dann wenigstens diese Teile daheim nur noch
eintöggeln. Meine Sitznachbarn wissen schon, wo ein Kugelschreiber immer zur Hand ist, dass man den Seinen gar nicht erst zu suchen braucht. Man bleibt auch beim Rotieren immer in der Nähe. Manchmal
ist man vor, hinter oder neben dem Nachbarn von gestern.
Eine Kaffeepause gibt's heute in einem Riesen-Einkaufscenter. (Wo das war, habe ich mir nicht notiert und jetzt, wo ich in meinem Bericht hier angekommen bin, weiss ich das natürlich auch nicht mehr. Ich bin
inzwischen mit dem Schreiben meines Berichtes dem der Hilda ein paar Tage voraus. Solche Details habe ich dann jeweils willkommenerweise dem ihren entnommen. Es ist ja auch nicht wichtig.) Die Grösse des
Shopingcenteres kommt mir fast vor, wie jenes dort in Recife. Aber eben, wir sind jetzt nicht mehr im Outback. Zuerst lasse ich mir einen herrlichen Capuccino an den Tisch servieren (den müssen sie wieder erst
sorgfältig präparieren mit haltbarem Schäumchen etc. und man bekommt eine Nummer mit an den Platz.) Dann brauche ich ein neues Duschgel, welches das irgendwo Liegengelassene ersetzen soll.
Dabei gebe ich mir redlich Mühe, mir meinen Rückweg gut zu merken, damit ich ja den Ausgang wieder finde, wo unser Bus parkiert ist. Irgendwo in einem Reisebüro bedeckt eine Weltkarte eine ganze
Wand. Da ist ja das zu finden, was ich nicht weiss. Auf die Frage nach meinen Wünschen, erkläre ich der Dame, dass ich hier nur mal schauen wolle, wo meine Reisekameraden eigentlich alle her stammen.
Wo Hilda etwa zu Hause sein könnte und wo um alles in der Welt Wales liegt. Also für mich gehört dies nun doch wirklich zu England!
So erreichen wir heute ganz ereignislos Rockhampton. Das liegt so ziemlich genau unter dem Wendekreis des Steinbocks. Noch ehe wir auf unseren Zeltplatz fahren, macht Stu einen Abstecher, diese zwei Kilometer
über die Ortschaft hinaus, um diesem Monument, Obelisk oder was auch immer, des Steinbocks unsere Ehre zu erweisen. Dort ist der Halt zum Aussteigen. Nicht bei der bronzenen Statue des Brahman Bullen
am Nordende der Stadt und auch nicht bei jener des Hereford Rindes, einer britischen Rasse, am Südende und schon gar nicht bei einem jener vielen schönen typischen Queenslandern. Ich hoffe nun sehr,
dass ich endlich eine solches Haus aus dem fahrenden Bus sauber erwischt habe.
Der Campground ist hier sauber und gepflegt. Jeder Zeltplatz hat schönen Rasen und eine betonierte Fläche, wahrscheinlich um Tische und Stühle schön eben zu haben und der Weg ist geteert.
Also keine Gefahr, dass der Bus wieder stecken bleibt.
So kann man hier für heute das Zelt gediegen aufstellen. Regen scheint es in der Nacht keinen zu geben und die Luftfeuchtigkeit hat sich gewaltig gebessert. Und beim Steinbock haben uns schon wieder die
ersten Fliegen geplagt. Wie dies so schlagartig mit dem Wendekreis zusammengeht!
Heute morgen hat das Zelt jedoch noch etwas Wasser mitbekommen. Also muss vor der Möblierung zuerst aufgefegt werden.
Kim hat heute Koteletts gemacht, Riesendinger. Ich hole mir mein Supersackmesser, das Weihnachtsgeschenk von Dani. Weil es so gut "haut", muss ich es gerade noch an einem zweiten Stück weiter ausprobieren.
Das ist wieder typisch. Ich kann wieder nicht rechtzeitig aufhören. Dafür brauche ich dann nachher wieder mal einen Schnaps. Den hätte ich auch nicht mitzubringen brauchen. Man kann nämlich
hier in Australien gut das Wasser trinken und auch eine Unmenge von Eiscreme habe ich gegessen und von niemandem habe ich gehört, dass er Durchfall oder so was erwischt hätte. So ist das
Antikäfer-Ritual eigentlich gar nicht zum Zug gekommen und ich habe noch fast den ganzen Liter Whisky bei mir in der Tasche, gut durchgeschüttelt. Aber heute brauche ich einen.
Noch bevor ich ins Bett gehe, lasse ich mich zu einer Untat verführen. Noch einen Schwumm im Pool, by night. Ja, warum nicht? Meistens ist ja dies um diese Zeit verboten, aber es reizt. Mit vollem Bauch drehe
ich mit spitzbübischem Gefühl zwei drei Runden und stell mir vor, dass ich dann gut schlafen kann.