Australien-Rundreise 2004 |
Donnerstag 12. Februar 2004 |
Auch heute morgen wird man wieder mit einem fast ohrenbetäubenden Konzert der Papageien begrüsst. Auch an einen andern Ruf eines Vogels haben wir uns nun schon gewöhnt. Ich habe ihn
Röhrenvogel getauft, weil sein langgezogener, fast klagender Gesang tönt, als ob er durch eine Röhre hindurch in die Welt hinaus posaunt würde.
Zwei Bürgermeister von Rockhampton, von welchen jeder für seine bevorzugte Viehrasse schwärmte, liessen während ihrer Amtszeit je eine der beiden Broncestatuen am Eingang und am
Ausgang der Ortschaft errichten. Das allein ist schon Indiz genug, dass wir nun das Zuckerland bald verlassen und in eine Gegend mit viel Viehzucht gekommen sind. In die Gegend, wo man wetteifert, wie lange man
braucht, um die Grenze seines Grundbesitzes abzuschreiten oder vielmehr zu fahren. Auf so einer "Homestead" sind wir zum Tee eingeladen. Wir zweigen vom Highwy ab und folgen einem Wegweiser in ganz leicht
hügeliges Gebiet, der uns zur "Langmorn Station" führt. Irgendwo an einem Gatter steht ein Jeep und eine junge Frau steigt zu uns in den Bus. Helen ist die Schwiegertochter von George und Leonie Creed,
welche uns auf "Old Station" erwarten. Diese Familie siedelte hier vor etwa hundert Jahren und heute bewirtschaften George und Leonie und vor allem jetzt ihre drei Söhne das Land. Zuerst zeigt uns Helen das
Gehege in der Nähe des Wasserlochs, wo die Kälber oder jüngeren Rinder sind, die Scheune mit dem Maschinenpark und auch in der Nähe ihr Haus, wo sie mit ihrem Mann und den beiden kleinen
Kindern wohnt. Dann geht's eine ganze Weile weiter durch Weideland, wo sie uns alles Wissenswerte über die Viehzucht erzählt, (wahrscheinlich wie viel Stück sie produzieren oder wie viel Acres sie
besitzen, ich muss hier auf Hildas Day 27 warten, weil ich wieder nichts verstanden habe).
Inzwischen sind wir zuoberst auf einem Hügel angelangt. Die ganze Kuppe ist ein schöner alter Garten mit verschiedenen für uns exotisch scheinenden Bäumen, Zypressen und Palmen. Leonie
erwartet uns und schüttelt jedem persönlich die Hand. Wir sind wirklich bei ihnen zum Tee eingeladen und sie heisst uns in ihrem wunderschönen, echten Queenslander herzlich willkommen. Wir
dürfen ihr Haus auch von innen besichtigen. Sie öffnet uns alle Türen, sogar das Schlafzimmer und erklärt uns den Sinn der Veranden, die rings uns Haus laufen. Es ist wegen der Klimatisierung.
Man spürt es, auch ohne Klimaanlage ist es angenehm hier drin. Das Meiste ist noch so ursprünglich wie am Anfang. Ein wunderbarer grosser Esstisch aus massivem, rötlichem Holz. Es muss ein sehr
wertvolles Holz sein. Die Küche hat man jedoch modernisiert und ihr einen neuen Platz zugewiesen. Zur Hintertür kommen wir wieder raus und befinden uns in einem gemütlichen Garten mit Tischen
und Bänken, wo in einem Kessel über einem Feuer für 42 Personen Tee gekocht wird. Ein Backpulverbrot, welches man nun versuchen darf, hat man vorher auch auf dem Feuer hier draussen gebacken.
Natürlich fehlen auch nicht verschiedene Kuchen, wo man zugreifen kann. Die beiden kleinen Kinder sind auch da und spielen und wir haben wirklich an einem richtigen Familienidyll teil. Im Schatten unter einem
Baum tummeln sich zwei junge Kängurus. Jedes hat ein Halsband an und sie sind zutraulich und lassen sich gut filmen. Auch die Söhne kommen und Ernst geht mit dem einen, der ihm wahrscheinlich den
Maschinenpark noch richtig zeigen will. Leonie erklärt uns den Zwick an der Geissel und lässt ihn "klöpfen". Sie könne das zwar nicht so gut und sie ruft dem andern Sohn. Der zeigt nun vor, wie's
geht. Mit jedem Auf und Ab ein Knall. Wer probiert's? Als Mädchen konnte ich das. Vielleicht nicht bei jedem Auf und Ab, aber manchmal hat es doch schön geknallt. Also probier ich das auch wieder mal.
Aber diese Schnur ist viel zu lang oder ich bin zu viele Jahre aus der Übung. Ich schaff's einfach nicht und wickle höchstens die Schnur um meinen Kopf. Auch Bob der Kanadier probiert's mal, auch
erfolglos. Ich nenne ihn heimlich für mich den "Taddi". Das Wort hat mein Vater manchmal gebraucht, wenn man was so ungeschickt in die Hände nahm, dass es einem einfach nicht geraten wollte. Ich sehe
Bob noch vor mir, als er am letzten Morgen in Cairns mit hängenden Schultern auf dem Platz stand und halb weinerlich sagte "I need help!" Und manchmal habe ich ihn leise beobachtet, wie er beim Zelt
Aufschlagen seinen lieben Kampf hatte. Da kam ich mir daneben ganz heimlich saugut vor!
Weiter geht's dem Bruce Highway und friedlichen Weidegebieten entlang. Gehöfte und Farmerhäuser sieht man jetzt viel mehr. Jedoch dass man dem hier "Häuser" sagt....? Ich würde es in
unserer Zivilisation eher als "Bidon Ville" bezeichnen. Zum Lunch kommen wir im Miriam Vale Roadhouse an. Genau wie man in Daly Waters Hamburger essen muss, gehören hier zum Menü Pies. Nicht
süsse, sondern mit allerlei Fantasievollem gefüllt. Da gibt's Gemüse, Fleisch, Poulet, Pilze und vieles andere. Kim hat gestern die Bestellung aufgenommen und man konnte sicher aus zehn verschiedenen
Sorten auswählen. Das Timing klappt wunderbar. Wahrscheinlich haben sie unseren Anflug per Telefon durchgegeben. Die Pies sind alle schön heiss und gut. Frisch aus dem Ofen bekommen die verschiedenen
Sorten ein vorbereitetes Namens-Fähnchen, genau nach Bestellungs-Liste.
Es ist heiss und der Himmel schon ziemlich blau, jedoch von Fliegen sind wir hier verschont.
Wir reiten weiter. Die Orte rücken langsam näher zusammen, unterbrochen oft von Eukalyptuswäldern, Bananen- und Ananasplantagen.
Hervey Bay erreichen wir über eine Strasse, welche uns ein paar Kilometer vom Highway weg, an eine schöne Bucht führt. Hier herrscht vorwiegend Ferien- und Strandbetrieb. Ein wunderschöner
Campground beherbergt uns für die nächsten zwei Nächte. Es ist wirklich ein Zeltplatz, obwohl es aussieht, als ob alle Bewohner hier ihren festen Wohnsitz mit stabil gebautem Haus bewohnen, sogar
besser gebaut, als manches der "Bidon-Villes" die wir gesehen haben. Es sind meist Rentner, die hier ihren Lebensabend verbringen. Da liesse ich es mir auch wohl sein. Es ist bis jetzt der schönste Campground,
den wir besucht haben.
Es ist noch nicht so spät bei unserer Ankunft, denn wir haben heute "nur" 442 Kilometer zurückgelegt. Also bleibt uns genügend Zeit für ein Bad im Meer. In zehn Minuten ist man am Strand.
Diesmal bin ich wieder mit Holland Hilde unterwegs. Hilda wollte irgendwo ein Internet suchen. Wir finden einen wunderschönen Strand. Eine friedliche Stimmung und ein Bündel Kleider fein säuberlich
zusammengelegt in der Nähe des Wassers. Ah - Shirley und Bunty sind auch hier. Es sind zwei Wasserratten und auch immer etwa am Pool anzutreffen. Es ist ein herrlicher Abend, das Wasser warm und klar
und ich habe Ferien, bin vor ein paar Tagen gerade sechzig geworden und einfach glücklich!
Im Sand, den das Meer hier seit ewigen Zeiten immer wieder flach und glatt streicht, wohnen eine Menge Krabben, die reinsten Künstler. Alle sind sehr beschäftigt damit, vor ihrem Haus den ganzen
Vorgarten mit den entzückendsten Formen aus kleinen Sandkügelchen zu verzieren. Der Strand sieht aus wie der Himmel bei einem nächtlichen Feuerwerk. Im ersten Moment sieht alles ausgestorben
aus. Steht man aber einen Moment ganz still, wird's lebendig. Aus all den vielen hundert Löchern, die etwa so gross sind, als hätte man einen Finger in den Sand gesteckt, beginnt ein Spähen und
äugen, ob die Luft wieder rein ist. Zögernd kommt aus jedem Loch eine kleine Krabbe, bereit, bei der kleinsten Bewegung wieder in Deckung zu gehen. Dann ein Huschen über den Sand, eifrig wird dort
weiter gearbeitet, wo man eben alles im Stich gelassen hat. Wie der Blitz werden Sandkörner zu kleinen Kügelchen zusammengeschaufelt. Schön der Reihe nach, in einer klaren Linie wie Strahlen die
vom schützenden Loch ausgehen. Kleinere Krabben machen winzige Kügelchen, die Grossen schaffen schon fast zentimetergrosse Perlen. Ich bin wieder mal fasziniert uns schaue dem Treiben eine lange
Zeit zu. Es scheint, als ob untereinander ein Wettbewerb gilt, wer am meisten Kügelchen schafft, bis die Flut wieder neues Wasser darüber schwemmt, alles wieder glatt streicht und die ganze Arbeit
wieder von vorne beginnt.
Dann setze ich mich noch ein bisschen zu Hilde in den Sand und zusammen träumen wir weiter.
Nach dem Nachtessen ist endlich in der Laundry eine Maschine frei und ich kann das längst Überfällige nachholen. Es stinkt schon langsam alles.
Gerade hinter unserem Platz schliesst ein kleiner See mit vielen Seerosenblättern den Campground ab. Auch hier ein friedliches Bild, dem Abend zuzuschauen, wie er langsam wie mit einem starken Dimmer
sein Licht auslöscht. Nochmals erleben wir ein faszinierendes Schauspiel. Ein Schwarm von Vögeln fliegt über dem Wasser heran und über unser Camp hinweg. Schwarze Silhouetten von
hunderten von Vögeln vor einem leicht gelblich-lila Abendhimmel. Es kommen immer mehr und es will gar nicht aufhören. Ob es schon die Zeit der Zugvögel ist? Einen so riesigen Schwarm habe i
ch noch nie gesehen. Langsam bezweifle ich, dass es Vögel sind und beim genauen Hinschauen muss man doch sagen, dass sie eher die Form von Fledermäusen haben. Kann es tatsächlich so viele
Fledermäuse geben, die nun auf die Jagd gehen?