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Das Badezeug soll eingepackt werden und Mätteli kommen mit. Die Richtung, die wir heute nehmen, ist etwa wieder die wie gestern. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass wir immer wieder auf andern Wegen fahren. Oft sind es schmälere Strassen, die keine Mittellinie haben, die uns durch die typische Bornholmgegend führen mit ihren riesigen, im Moment reifen Kornfeldern. Verträumt und einsam, wie eine Insel im Meer, sieht manchmal ein Hof, umgeben von grünen Bäumen aus und dieses Meer liegt auch nicht spiegelglatt da. Wie auf unendlich sanften Wellen liegen die grossen Felder und Äcker da und ihr Ende scheint manchmal näher und dann rückt es wieder in weitere Fernen. Einmal tauchen am Horizont die grossen Rotorblätter von drei modernen Windrädern auf und während wir auf unserer "Welle" weiterfahren, erheben sie sich bald zu ihrer vollen Grösse auf ihren hohen Masten. Darüber spannt sich heute ein Himmel, über welchen viele kleine Kullerwolken segeln. Selten kommt uns ein anderes Auto entgegen und kommt man in eine Ortschaft, sind da ein paar Häuser beieinander und dann ist man bereits wieder in der landwirtschaftlichen Einsamkeit. Je weiter südlich wir kommen, desto flacher wird das Land und nun haben wir bereits das Dünengebiet von Dueodde erreicht, den südlichsten Punkt der Insel. Mit dem Badetuch unter dem Arm geht's nun zuerst durch einen Waldstreifen, der die Dünen vor dem Weiterwandern bremst und dann durch unendlich feinen, weissen Sand bis zum in der Sonne glänzenden Meer. Ein lauschiges Plätzchen im Sand der weissen Dünen, welcher auch für Sanduhren gebraucht wird, die weissen Wolken, die darüber segeln, der salzige Wind vom Meer her, das provoziert Glücksgefühle. Knud und Hedi brauchen dazu glaub noch mehr, denn sie wagen sich tatsächlich hinaus, bis dort, wo die Wellen ihre schäumenden Krönchen dem Ufer zuschicken und tauchen bis zum Hals ein und ich friere allein beim Zuschauen, dabei sei es gar nicht so kalt - aber leider nass! Mein Glück ist auch nur mit Wind und dem eingefangenen Bild eines weiteren Southernmostpoint-Leuchtturms, hier dem Dueodde Fyr, vollkommen.
Auch hier ganz im Süden bei Rispebjerg gibt es noch einen Ort mit Funden ähnlich jener von Stonehenge, welche von einer jahrtausende alten Kultur zeugen. Um sich ein Bild zu machen, wie einer dieser Sonnentempel vor 5000 Jahren ausgesehen haben mag, kann man auf einer grossen Wiese von einer Rekonstruktion von so einer Plattform aus, viele mit Holzpfosten markierte runde Kreise ausmachen. Der Blick zurück auf 5000 Jahre ist ziemlich verschleiert. Eigentlich kann man sich nicht vorstellen, wozu diese Tempel hier auf kleinstem Raum gedient hatten. Man hat etwa 25 solche Kreise gefunden und ausserdem Reste von Schutzwällen, Palisadenumzäunungen und Skelettfunde, welche auf eine Zufluchtsburg aus der Eisenzeit schliessen lassen. Magnetische Kartografierung hilft, die Untersuchungen zielgerichteter anzugehen, denn noch sind viele Fragen offen. Archäologen haben also noch viel zu tun, aber um all diese gescheiten Sachen zu lesen, ist es mir bald zu kalt. Man hält den Wind kaum aus, welcher einen fast von der Plattform fegt. Wir haben uns drüben im Schutze eines der wirklich noch sichtbaren Schutzwalle im Gras ein windfreies, aber sonniges Plätzchen gesucht, wo wir nun in aller Ruhe ein gemütliches Picknick veranstalten können.
Wir fahren alles der westlichen Küste entlang zurück über
Snogebæk - Nexø und Aarsdale mit seiner Windmühle nach
Svaneke, welches sich für eine kleine Stadtbesichtigung anbietet. Auf dem
Weg vom Hafen bis zum Marktplatz zu flanieren ist fast abenteuerlich.
Ständig geht jemand verloren, weil der eine hier was Spannendes entdeckt,
der andere bei der Glasbläserin oder einem andern der vielen
Kunsthandwerkern oder Galeristen zuschauen muss, während ein Anderes
lauschige Ecklein und Winkel des Städtchen fotografieren oder seine Nase in
irgendeinen der vielen Shops stecken muss und am Schluss ist dann der
Däfimacher beim Marktplatz gar nicht bei seiner süssen Arbeit
anzutreffen. Irgendwie können wir es doch managen, dass wir alle zusammen
im Restaurant Parkhuset im Garten einen Tisch ergattern, denn ein Kaffee
wäre jetzt eigentlich schon fällig. Knud bestellt für alle einen
Dänischen Kuchen, welcher uns in einem Coupeglas serviert wird. Es ist die
Dänische Dessertspezialität, welche er uns auch schon mal an einem
Fototreff mitgebracht hat: Apfelmus oder Schnitze mit Krümelkruste aus
Paniermehl, Zucker und Butter, garniert mit Schlagrahm und Schkoladestreuseln.
Svaneke - Man kann sich richtig verlieben in dieses hübsche, malerische
Städtchen mit einem Leuchtturm und seinem Hafen, wo man bis zu der kleinen
Insel Christiansø sehen kann, die 18 Kilometer nordöstlich, weit
draussen in der Ostsee liegt und von wo auch gerade das Schiff Romana hier im
Hafen ist.
Weil Gelegenheiten zum Shoppen anscheinend ein echtes Bedürfnis sind, meint
Knud, er wüsste noch einen Ort, wo man seiner Liebsten wirklich etwas
Wunderbares kaufen könnte - schwebende Brillianten. Oder aber vielleicht
auch einfach mal nur schauen. Wir fahren also weiter dem Meer entlang bis
Listed, wo wir erst beim zweiten Anlauf den richtigen Eingang zu dieser
Ausstellung finden. Eigentlich wäre gerade Feierabend und deswegen kann ich
mich nicht so ganz darauf konzentrieren, um herauszufinden, warum und wie denn
dieser Klunker schweben soll. Ich Banause sehe natürlich wieder nichts.
Auch bei der Heiligen Frau, nicht sehr weit von hier, sehe ich nur einen grossen
Hinkelstein und in der Nähe etwa ein Dutzend kleine, man sage denen
Bautasteine, aufrecht in der Erde stecken. Der Hinkelstein soll eine Heilige
Frau sein, vor der man sich ehrfurchtsvoll verneigen und sie grüssen soll
und die kleinen Steine seien ihre Kinder, die auf der Mutter Bitte hin zu Stein
wurden, um einer drohenden Gefahr zu entgehen. Der ‚Retter' hat also ganze
Arbeit geleistet - sie sind immer noch Stein!
In Gudhjem gibt's nochmals einen Stopp, um auch das Ambiente dieses kleinen
Fischerdorfs ein bisschen zu spüren. Wind und Meer prägt auch dieses
winzige Städtchen mit seinem Hafen. Beim Parkieren begrüsst uns eine
Möve, die gestikulierend auf unserem Autodach landet. Die weissgestrichenen
Kamine markieren auch hier die Räuchereien, welche die Heringe für die
Sol over Gudhjem passieren und in einem angegliederten Restaurant könnte
man diese und auch noch viele andere der geräucherten Spezialitäten
direkt probieren.
Über kleine Seitenstrassen via Røbro und Humledal, auf welchen wir
auch kleine Tälchen oder Einschnitte überwinden, welche Bäche auf
ihrem Weg vom Plateau her ins Gelände geschnitten haben, kommen wir wieder
nach Hause. Links und rechts flankiert von weissgestrichenen Steinen, die fast
eine Leitplanke bilden, führt die Strasse hinunter, fast wie über eine
Furt und auf der andern Seite wieder hinauf, alles solche Gründe, aus
welchen man beim Velofahren eben hier auf Bornholm dann absteigen muss. Man
nenne diese weissen Weg-Steine mit den roten Kappen landläufig Priester,
denn sie zeigen einem den Weg, gehen ihn aber selber nicht!
Nach dem Nachtessen machen wir alle nochmals einen Spaziergang zum schönen
Gutshaus des Nachbarn Bjarne, der heute Geburtstag hat. Unser erster Happy
Birthday-Song verhallt ungehört, also müssen wir doch die Hausglocke
betätigen. Man hat uns nicht gehört, weil man eben im Wintergarten auf
der hintern Seite des Hauses am Feiern ist. Dort werden wir nun
hineinkomplimentiert und können unsere Glückwünsche jetzt
nochmals gesungen und in Form einer Flasche Wein an den Mann bringen. Zusammen
mit einem Freund ist Bjarne eben dran, sich zum Apéro ein mit
Leberkäse und Sülzchen belegtes Brot zuzubereiten. Das wird jetzt
gerade in mundgerechte Teile geschnitten und wir können hier eine weitere
Dänische Spezialität kosten. Natürlich gehört dazu ein
Schnaps und alle bekommen ein Gläschen Brøndums Snaps zum Probieren.
Den finde ich gar nicht schlecht und jener von Hedy tut mir auch gut. Trotzdem
kann ich auch davon immer noch nicht so hoch singen und anschliessend brummle
ich daheim halt mit meiner Tenorstimme beim gemütlichen Beisammensein
wenigstens bei jenen Melodien mit, welche ich in Hansens Lalibu kenne.
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