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Es gibt heute verschiedene Interessen zu stillen. Zum einen wäre da noch
der Gwunder, in einer Bornholmischen Stadt zu lädele und in Rønne
gäbe es auch noch ein oder zwei Ausstellungen, welche im gelösten
Museumspass inbegriffen sind. Oder man packt sich Brote ein und probiert mit dem
Velo die Landschaft im mittleren Teil der Insel auszukundschaften und sich den
Bornholmischen Wind um die Ohren blasen zu lassen, in der Hoffnung, dass er doch
möglichst meistens von hinten kommen sollte.
Katrin hätte einen Vorschlag fürs Nachtessen von morgen und
übermorgen und da wir auch noch einkaufen sollten, schlägt Lykke-Lise
vor, in Rønne ins Einkaufszentrum zu fahren. Mit dem Fahrplan für
den Bus von dort wieder heim, machen wir uns zu fünft auf. Ganz in der
Nähe von Busbahnhof und auch Fähre, die wir übermorgen hier
besteigen werden, wird zuerst bei Kvickly alles für die Küche noch
Nötige eingekauft. Mehr als drei Frauen haben in der Küche sowieso
nicht Platz, darum überlasse ich dieses Amt Katrin, Annigna und Lykke-Lise.
Ich schaue mich dafür nach einer Flasche Wein um und irgendetwas, worauf
wir für Sven für das uns die ganze Woche zur Verfügung gestellte
Auto unseren Dank anbringen können. Ich werde fündig und bei den
Süssigkeiten hat es sogar Anthon Bergs Marzipantaler, dieser exquisiten
Dänischen Spezialität, die ich durch Lykke-Lise kennen gelernt habe
und da muss ich zuschlagen. Ich werde daheim dann in vielen, vielen ‚Sweet
Moments' mit Madeira-Pflaumen, Champagner-Erdbeeren und Trauben in Moscato der
herrlichen Tage in Bornholm gedenken.
Mit einem Ortsplan und dem Hinweis, wo noch Wichtiges und Sehenswertes zu
finden ist, überlassen wir Herbert und Katrin nun ihrem Schicksal.
Lykke-Lise, Annigna und ich sind nun noch übrig geblieben. Allein, heute
schaffen wir es nicht mal für ein Mofa. Während uns Lykke-Lise die
Geschichte von ihrem Dinosaurierknochen und anderen wertvollen Funden
erzählt, die sie schon hier auf der Insel gemacht hat, steckt sie uns
direkt mit ihrem Jagdfieber an und neugierig gemacht, soll sie uns nun einen
Steinbruch ganz in der Nähe zeigen, in welchem sie schon Steine mit
seltenen, in allen Regenbogenfarben schimmernden Einschlüssen gefunden hat.
Wenn man dorthin auch zu Fuss kommen kann, bin ich gerade froh, dass wir das
Velo dort lassen, wo es ist, ausserdem ist der erste Stutz bis zur St. Ols Kirke
bedeutend müheloser, ohne das Velo hinauf schieben zu müssen. Für
einen Besuch in der Rundkirche, die auf Karten und Prospekten von Bornholm zu
sehen ist und auch von vielen velofahrenden und anderen Touristen besucht wird,
hätten wir jetzt auch schön Zeit.
Dieser weisse, runde Turm, der im 12. Jahrhundert als Kirche und Festung gebaut
wurde, ist weit herum sichtbar, weil er ‚auf dem höchsten Punkt (112
m.ü.M.) steht.
Der Raum in dieser Kirche ist ganz speziell. Schon ein runder Raum ist
ungewöhnlich, aber hier gruppieren sich die Kirchenbänke in einem
Dreiviertelkreis rings um eine immense Mittelsäule, welche sich oben nach
aussen neigt und sich zusammen mit der sich nach innen neigenden Aussenwand zu
einem ringsum laufenden Gewölbe verbindet, dass mit verblassten Ornamenten
und Malereien verziert ist. Auch das obligate Schiff fehlt hier nicht. Man
fühlt sich wie unter einem riesigen Pilz oder vielleicht eben unter Gottes
Schutz und Schirm.
Der Altar ist ausserhalb des runden Raumes und hier, wo der Durchbruch der
Rundmauer ist, hat es auch eine schmale, offene Tür, durch welche man
innerhalb der Mauerdicke über eine extrem schmale Treppe mit versetzten
Tritten, so wie sie in der Cabane des Audannes waren, in das obere Stockwerk
kommt. Als Schutzraum für die Bevölkerung oder in Friedenszeiten als
Lagerraum, diente dieser nochmals gleiche, runde, gewölbte Raum, nur der
Mittelpfeiler ist noch dicker als unten.
Nochmals eine Wendeltreppe weiter hinauf kommt man unters Dach, dessen
Konstruktion mit filigran aussehenden Holzverstrebungen mich richtig fasziniert.
Ursprünglich war diese dritte Ebene ein Flachdach und für die
Verteidigung gegen Angreifer und Seeräuber gemacht, worauf eine Anzahl
meterbreite Schiessscharten ringsum hindeuten. Das Dach kam dann viel
später darauf. Erst Anfang neunzehntes Jahrhundert musste man die beiden
auffallenden Aussenstützen anbringen, weil die Kirche abzurutschen drohte.
Das wundert mich beim Anblick der Riesengwäggi eigentlich nicht, über
welche man dort im dritten Stock fast klettern muss. Rund um die Kirche ist ein
hübsch angelegter Garten auch als Friedhof und eine Art Schuppen neben dem
Gebäude sei der Glocken'turm'.
Wir folgen einem kleinen Feldweg, vorbei an Hecken mit wilden Mirabellen und landen kurz darauf bereits an der Hauptstrasse, die durch Olsker führt, welches nicht mal hundert Einwohner zählt, aber es besitzt ein Cabaret. Nachtclub ist am Haus angeschrieben, bei welchem der Feldweg endet. Über die Strasse und hundert Meter weiter ist schon die Ortschafts-Endtafel und auch der Bauernhof, zu welchem der Steinbruch, den wir suchen, gehört. Wir sind schon auf dem Feldweg eingebogen, als Lykke-Lise nochmals zur Strasse zurückgeht. Ob sie es gespürt hat, dass die Velo-Ausflüger gerade in diesem Moment auf dem Heimweg dort vorbeikommen? Sie haben eine schöne Tour hinter sich, auch mit einem Besuch auf Knuds Vaters ehemaligem Bauernhof und sie haben eine rechte Leistung vollbracht, die auch Hans ziemlich gefordert hat. Knud hat eine leicht geschwollene Wange. Eine Wespe hat sich beim Brillenrand eingeengt gefühlt und sich gewehrt. Alle kommen aber auch noch mit, um zu schauen, ob es was zu finden gibt. Werkzeug darf man keins benutzen und Kenner müsste man wohl sein. Sicher sind Raritäten schon lange von jemandem gefunden worden. Obwohl Lykke-Lise mir daheim so einen Stein extra nass gemacht hat, damit man es besser schillern sieht, ist das Gestein für mich hier halt einfach Stein. Immerhin ein kleines Stück, bei welchem ich vielleicht eher die Einbildung von einem leichten Regenbogenschimmer habe, der aber auch noch ein kleines Stück golden schimmerndes Pyrit eingeschlossen hat und auch die rötliche Färbung, wie meine Küchenabdeckung daheim hat, nehme ich als Erinnerung von hier mit heim.
Da fürs Nachtessen heute nicht soviel Personal in der Küche gebraucht wird, ist eine Runde Beerensuchen noch verlockend. Lykke-Lise fährt Hedi mit dem Auto zum geheimen Beerenplatz beim Wackelstein und bis zum Nachtessen kommen sie mit blauen Händen, zwei Kilo Heidelbeeren und ganz glücklich wieder daheim an.
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