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Morgens um Sechs ist die Welt noch in Ordnung und ein Schwumm im Pool weckt alle
Lebensgeister. Bis wir um 7 Uhr abfahrtbereit sind, ist der Turrialba und Irazù
aber bereits verhangen und von Wolken umschlichen. Regen begleitet uns auf der Fahrt
nordwärts und links und rechts der Strasse viele Bananenplantagen. Plötzlich
stoppt Ernesto, ein Faultier wurde gesichtet. Gemächlich hangelt es sich der
Stromleitung entlang und sein Fell ist zottig und klatschnass. Wir wären ihm so nah,
und obwohl Stephan mit der Kamera von Marlis sogar aufs Autodach steigt, ist die
schönste Foto wegen einem Regentropf auf der Linse futsch.
Bei rana banana bekommen wir als Visitanten einen Batch und dürfen zuerst mal unter
den noch tropfenden Bananenstauden auf morastigen Wegen unserem Führer weit hinein
in die Plantage folgen. Tyroliennes sind auf den grossen Feldern eine gute Sache. Mit
diesen Seilbähnchen kann man die geernteten, schweren Bananenbüschel am
schonendsten zur Verpackungsstation bringen. Soweit das Auge reicht 20 - 30 cm dicke
Stämme der Stauden und über unsern Köpfen schliesst sich das
Blätterdach. Überall hängen, in blaue Plastiksäcke eingepackt, die
grossen Büschel der heranreifenden Bananen.
Auf einer Leiter präpariert ein Arbeiter den Bananenbüschel, bevor er mit dem
blauen Plastik eingepackt wird. Auf einer Plantage muss absolut steril gearbeitet werden,
aber trotzdem glaube ich eher nicht, dass er den Mundschutz gegen Ansteckung
irgendwelcher Bazillen auf die Banane tragen muss.
Stephan demonstriert, wie sich auf der Unterseite der rotvioletten Blütenblätter der wie eine grosse Laterne leuchtenden Bananenblüte die Fruchtansätze stufenweise in ein bis zwei Reihen Banänchen entwickeln. Der Büschel würde kontinuierlich immer weiterwachsen und reihenweise sogenannte Hände mit meist zweireihigen Bananenfingern produzieren, bis sie am Boden ankommt. Damit die heranwachsenden Früchte denselben Reifegrad haben, wird die Blüte aber abgeschnitten, wenn der Strunk etwa ein Meter lang ist. Die verblühten Staubbeutel müssen entfernt werden und damit der dabei austretende Saft nicht auf die darunterliegende Bananen tropft und diese schwarz machen würde, wird jede Banänchenreihe mit einem Stück Bananenblatt abgedeckt. Dann wird der blaue Plastiksack wohl als Treibhaus oder Schutz gegen Schädlinge unten zugemacht. Eine einzige Banane bleibt darunter noch stehen als Indikator der Reife oder auch der Gesundheit. Diese würde von Schädlingen zuerst befallen und man könnte den restlichen Büschel noch retten. Ausserdem bekommen alle Büschel mit dem gleichen Reifegrad einen gleichfarbigen Bändel, so dass die Arbeiter immer wissen, wann welche Farbe geerntet werden muss. Eigentlich arbeitet man heute nicht, aber es sind wegen unserer Besichtigung extra zwei Arbeiter gekommen, die als Demonstration mit einer mächtigen Machete zwei Büschel ernten. Zuerst werden zwischen die Hände Schaumgummipolster gelegt, damit man die Früchte nicht drückt beim auf der Schulter Tragen, bis man sie beim Tyrolienne an den Haken hängen kann. Die Staude, welche die Früchte getragen hat wird mit einem einzigen Hieb mit der Machete abgeschnitten. Der zwanzig oder noch mehr Zentimeter dicke Stamm ist nicht sehr kompakt und der frische Schnitt sieht fast aus wie ein Schnitt durch eine Rolle Wellkarton. Das abgeschnittene Kraut wird auf dem Boden liegen gelassen und bildet neuen Humus Die Pflanze selber treibt aus unterirdischen Rhizomen Ausläufer, die wieder neue Stauden bilden und nach neun Monaten kann man dort wieder Bananen ernten.
Während wir nun mit ziemlich dreckigen Schuhen zum Verpackungsgebäude
zurückkehren, haben die beiden Büschel an den Laufrollen auch den Heimweg
angetreten und erscheinen bei der Waschanlage, wo jeder einzeln gewogen wird. Dann wird
mit Schieblehre und Metermass die Banane ausgemessen und auch mit einem Schnitt der
Reifegrat getestet. Noch sind alle Früchte grasgrün. Wäre eine einzige
darunter, die zu reif wäre, hätte das fatale Folgen für den ganzen
Container und bis die Fracht am Ziel ankommt, hätte das entstehende Ethylengas einen
zu frühen Reifeprozess in Gang gesetzt. Das macht man dann am Ende der
Transportkette bei uns in den Kühlhäusern der Grossverteiler. Dort forciert man
mit diesem Gas die Reifung, manchmal sogar so, dass es noch schneller geht und mehr
Umsatz bringt, aber dafür der Geschmack der langsameren Reifung auf der Strecke
bleibt.
Zwar nicht mehr mit Mundschutz, aber doch immer noch mit Gummihandschuhen werden die
Bananen nun weiter verarbeitet und bereits hier in die verkaufsfertigen Teile geschnitten
und ettiketiert. Heute sind es rana-Bananen, morgen oder übermorgen, je nach
Auftragseingang, Chicita oder Havelaar. Letztere sind einfach noch ein bisschen
lukrativer, aber die Arbeiter bekommen davon nicht mehr Lohn. Die Plantage hält die
geforderten Auflagen ja ein und ein gesetzlicher Mindestlohn ist jedem Costaricaner
staatlich garantiert.
Nachdem die versandfertigen Bananenschachteln gefüllt sind, können wir uns
in der Kantine noch an einem erfrischenden Bananenfrappé erlaben und begleitet von
wieder strahlendem Sonnenschein, wenden wir uns der nächsten Station zu,
nämlich Limon, dort wo die Bananen, welche hauptsächlich auf Plantagen hier auf
der karibischen Küstenebene wachsen, verfrachtet werden. Die Strasse nach Puerto
Limón ist die einzige Verbindungsstecke zum Karibischen Meer und dementsprechend
herrscht hier auch reger Verkehr. Einmal habe ich zwar eine Eisenbnahnlinie gesehen, aber
die scheint gar nicht mehr in Betrieb zu sein.
Als angenehme Unterbrechung kehren wir unterwegs zu einem Kaffee ein, welcher uns wie es
hier üblich ist, mit dem Filterbeutelständer am Tisch angebrüht wird.
Zum Dessert postet Stephan unterwegs Pan bon, eine Kuchenspezialität dieser Gegend
hier um Limon, hergestellt aus 32 Zutaten.
Auch Teakholz wird hier auf Plantagen angebaut. Ganze Wälder und erstaunlicherweise,
ist das Holz bereits nach 15 - 20 Jahren erntereif. Und immer wieder Bananenplantagen. Am
Hafen die riesigen Terminals mit haushohen Containerstapeln von Del Monte und Dole, wo
von Puerto Limón aus die Bananen nach Europa verschifft werden. Von einem Lookout
aus können wir beim Beladen eines Chiquita-Frachters zusehen.
Inzwischen ist Essenszeit geworden und in einem Resort mit strohgedeckten Bungalows und
gediegenem Pool können wir im Hotelrestaurant mit Blick auf eine ruhige Bucht nahe
Limóns einkehren. Stephan will uns lieber nicht der Stadt mit ihrem anscheinend
recht kriminellen Potenzial aussetzen. Vom sicheren Auto aus können wir uns
anschliessend dann aber doch bei einer Stadtrundfahrt unsere Eindrücke vom Leben in
der Stadt mit seinem Verkehr, den Händlern, Früchteständen und Buden, oder
den Dominospielern vor dem Haus machen . Es gibt dann doch noch einen kurzen Halt beim
Park am Hafen, wo 1502 Kolumbus gelandet ist. Heute liegt ein Kreuzfahrtschiff da.
Die Rückfahrt nach Guapiles erfolgt wieder auf der gleichen Strecke, vorbei an
Bananen-, Kokos- und Ananasplantagen. Es wird bald Abend und die Arbeiter reiten im
Anhänger eines Traktors in den Feierabend. Plötzlich stoppt Ernesto abermals
wegen einem Wald voll Affen und später sonnt sich hoch oben in einem Faultierbaum
wieder so eine unbewegliche Fellkugel im letzten Abendschein. Aber nicht wegen diesem
Faultier hat Ernesto angehalten, sondern Stephan führt uns an den Fuss eines andern
grossen Baumes. Zwischen Moos und dürrem Laub kann man mit Glück im Schein
seiner Taschenlampe winzige, rote Fröschlein mit blauen Beinchen entdecken und mit
noch mehr Glück, sofern man so eine gute Kamera hat wie Marlis, ein geniales Bild
von diesen Dendrobates pumilio mit heim nehmen. Erdbeerfröschchen, oder wie sie in
englisch auch genannt werden Blue jeans frogs entwickeln sich als Larven in den Achsen
von Bromelien, von welchen ja die Bäume hierzulande überwuchert werden.
Wie wir ihn begonnen, beschliessen wir auch den heutigen Tag mit einem Bad im grossen
Pool. Nur, so allein sind wir diesmal nicht. Im Tiefflug über die
Wasseroberfläche segelnd, stillen die Fledermäuse ihren Durst und manch eine
pfeilt dabei haarscharf neben unseren Köpfen vorbei.
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