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Wir verlassen heute Guapiles und werden am Abend in La Fortuna wieder ein neues Hotel
beziehen.
Pünktlich zum Abfahren tröpfelt es wieder, aber wir wissen nun bereits: in
Costa Rica regnet es jeden Tag irgendeinmal, jedenfalls hier in diesen Breitengraden der
karibischen Küstenebene, wo wir auch heute wieder unterwegs sind, um eine Plantage
zu besuchen. Weil heute auch in der Palmenherzenfabrikation nicht gearbeitet wird, zeigt
uns Der Chef, der zartes Herz genannt wird, persönlich den ganzen Produktionsablauf,
wie seine zarten Palmenherzen nach der Ernte zurechtgeschnitten, in Gläser
abgefüllt, sterilisiert und kontrolliert werden. Mit Rüstabfällen werden
Wasserbüffel gefüttert, welche Bio- oder Methangas produzieren, welches
wiederum zum Kochen und Betreiben der Anlage genutzt wird. Auch in diesem Betrieb ist
Sauberkeit und Hygiene oberstes Gebot und auch wir müssen nur zum Zuschauen und
Betreten des Gebäudes unsere Schuhe vor der Tür in einem Desinfektionsmittel
baden. Nachdem wir reichlich von seinen zarten Palmherzen degustiert haben, fährt
Palmito corazón in seinem Jeep voraus, um uns auf seiner Plantage auch zu zeigen,
wie diese niedrig gehalten Palmen wachsen und abgeerntet werden. Es ist eine so
gezüchtete Art von Palmen, welche bereits in 7 Monaten erntereif ist, so dass man
nicht auf Urwaldrodung angewiesen ist, um zu dieser Delikatesse zu kommen. Er hat es sich
nicht nehmen lassen, einen Arbeiter extra dazu anzuheuern, um für uns zu
demonstrieren, wie man zu den zarten weissen Stängeln vordringt, indem man mit
Kettenhandschuh und Machete ihre ziemlich stachlige Umhüllung von Blättern und
Dornen befreit.
Während dieser Demonstration hat es wieder zu nieseln begonnen und Ernesto hat
diesmal seine liebe Mühe, bis unser Büsslein auf dem morastigen Dschungelpfad
gewendet ist. Zum Glück ist Palmito corazón mit seinem Jeep dabei.
Schon nach einer halben Stunde wartet das nächste Abenteuer auf uns. Diesmal wird
das grosse eiserne Tor der riesigen Ananasplantage der Familie Dähler in Isla Grande
Sarapiqui geöffnet. Stephan konnte unsern Gwunder bis jetzt vertrösten und
nicht mal gestern, als er uns auf die Wasserbüffel und den grossen weissen Reiher
beim Wasserloch auf der andern Strassenseite aufmerksam gemacht hat, realisierte ich,
dass wir direkt vor den Toren der grossen Hacienda Roswitha standen.
Wir werden herzlich empfangen und im Sitzungszimmer wartet bereits ein erfrischender -
natürlich ein Ananasdrink aus der extrasüssen Roswitha Ananas, die hier
angebaut wird, auf uns. Michael, Stephans jüngerer Bruder und mehr für die
Administration der Farm verantwortlich, bringt uns die Geschichte der Familie Dähler
näher, wie sein Vater Johann Albert Dähler nach Absolvierung der
Landwirtschaftsschule im Ebenrain auszog, um in Afrika sein Glück zu versuchen. Wie
er an der Elfenbeinküste begann, Ananas in die Schweiz zu exportieren. Bis sie im
Jahr 2000 wegen dem Bürgerkrieg wieder in die Schweiz zurückkamen, wo auch
Stephan dann seine Lehre als Koch machte und wie man wenige Jahre später die
Plantage in Costa Rica aufbaute, wo nun auf 750 ha jährlich 12 Millionen Kilo Ananas
produziert werden, welche hauptsächlich nach Europa und in die Schweiz exportiert
werden. Während die Söhne nun hauptsächlich hier in Costa Rica den Betrieb
organisieren, hat sich der Vater wieder der Elfenbeinküste zugewandt, wo er seine
Plantage zurückerkämpft und mit dem Anbau von Kautschuk und Kakao begonnen
hat.
Auch wir sind wohlversehen mit Haarnetzen und dürfen uns in der Verpackungsanlage
umsehen, da wo die Früchte vom Erntewagen hereinkommen, sortiert, verpackt und in
der Kühle auf die Spedition warten. Früchte mit schräg oder zu lang
gewachsener Krone kommen auf den Lokalmarkt und wir können ihre Süsse an Ort
und Stelle testen. Vor dem Haus hat man fünf Pflanzen in ihren verschiedenen
Wachstumsstadien als Anschauungsobjekte in Töpfen eingepflanzt, denn so im Detail
kann man das auf den Feldern nicht ausmachen. Schon gar nicht vom hohen Wagen aus, mit
welchem wir nun anschliessend von einem Traktor gezogen, durch die unendlichen
Plantagenfelder kutschiert werden. Man führt uns bis weit hinaus zu den Feldern, die
nun erntereif sind, dort wo die Arbeiter bei der Erntemaschine die grossen Anhänger
füllen. Die verschiedenen Felder haben immer den gleichen Reifegrad. Austriebe einer
Mutterpflanze werden in recht nahem Abstand gesetzt, damit die Früchte dann keine
Chance zum Umfallen oder schräg wachsen haben. Mit Ethylengas werden Ansätze
für Blüten gefördert und mit den sogenannten Babytest wird der prozentuale
Erfolg dieser Massnahme kontrolliert. Allenfalls muss die Prozedur der Begasung
wiederholt werden. Zur Heranreifung der essbaren Ananas sind Befruchtungen von Insekten
nicht nötig. Alles sieht schon recht fabrikmässig aus und ich wäre wohl in
Zukunft äusserst skeptisch, wenn mir jemand Ananas als biologisch verkaufen wollte.
Im Farmhaus, das kilometerweit von Ananasfeldern umgeben, einsam auf einer kleinen
Anhöhe träumt, hält unser Rütteltram an und lässt uns
aussteigen. Mit einer kühlen Kokosmilch noch in der Nuss, werden wir zum
Apéro herzlich empfangen.
Wir sind hier zum Mittagessen eingeladen. Stephans Schwägerin hat viele
schöne Salate vorbereitet und ein Verwandter hat auf der Veranda den Grill
angezündet und Pouletschenkel und Chlöpfer (Cervelats n.b.) brutzeln neben
Kochbananen, die in der Schale am Schmoren sind. Von Palmito Corazón hat Stephan
heute ein paar frische Palmenherzen mitgenommen und diese sind zusammen mit Butter in
Alufolie eingepackt auch auf den Grill gekommen. Stephan öffnet eine Flasche Wein
und man zelebriert das reinste Festessen.
Zum Dessert gibt's natürlich frische Ananas und zum Kaffee, auf einem von einem
Freund extra dafür entworfenen, wallholzähnlichen Gläsertragbalken,
für jedes ein Gläschen gekühlten Ananas-Likör.
Um nicht nur von den wunderschönen Ingwerblumen im Garten, sondern auch von einer
blühenden Ananas ein Foto mit heimnehmen zu können, mache ich mich zusammen mit
jenen auf den Weg, die zu Fuss den Ananasfeldern entlang zum Betriebsgebäude
zurückkehren.
Weiter geht es durch ländliches Gebiet, vorbei an Kokos- und andern Plantagen und
Saftfabriken, auch die, welche Dähler mit Ananas beliefert. Weidende Kühe,
einsamen Häuschen, versteckt hinter Palmen, manchmal sind es winzige Ortschaften,
aber man weiss nie, wo man ist. Stephan zeigt uns auf der Karte schon, wo wir
durchfahren, aber keine Hoffnung, es nachzuvollziehen.
Irgendwann hält Ernesto wieder mal an. Es ist eine Metzgerei, wo man aber an
Bistrotischchen auch etwas konsumieren kann. Stephan besorgt uns wieder mal eine
Spezialität von hier, sicher gut ein halbes Pfund fixfertig gebratener
Schweinebauch, den er uns vor dem Probieren mit dem Saft einer Zitrone mariniert. Es sei
hier eine Schweinerei oder anständiger ausgedrückt ein Mastbetrieb, in welchem
es 25'000 Sauen hat und man kommt von nah und fern, um sich hier mit Schweinigem
einzudecken.
Endlich nähern wir uns unserem Ziel. Markant schiebt sich der Arenal immer mehr
in den Vordergrund. Natürlich ist er rings umwallt von Wolken, wie es sich für
ihn gehört. Dafür brechen diese Wolken den letzten Schein der Sonne und goldene
Strahlenbänder heissen uns in La Fortuna willkommen. Im 5-Sternehotel Royal Corin am
Fuss des Arenal werden wir ebenfalls mit einem Drink willkommen geheissen, bekommen ein
gediegenes Zimmer mit allem Drum und Dran, inkluisive Gratis-W-Lan in jedem Zimmer. Vor
dem Hotel hat es jede erdenkliche Variante von Pool Jaccuzzi und Saunas und dennoch ist
das Badezimmer mit einer Duschnische eingerichtet, deren hundert Düsen, Hahnen und
Hebel einen gerade ein bisschen ratlos machen und man das Duschvergnügen ziemlich
vorsichtig angeht.
Fast ehrfürchtig erscheint man zum Nachtessen im noblen Restaurant zum ebenfalls
gediegenen Nachtessen bei mehr oder weniger dezenter Unterhaltung eines extra dafür
engagierten Musikers.
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