zum vorherigen Tag 25. Januar 2014 zum nächsten Tag

Wir verlassen heute Guapiles und werden am Abend in La Fortuna wieder ein neues Hotel beziehen.
Pünktlich zum Abfahren tröpfelt es wieder, aber wir wissen nun bereits: in Costa Rica regnet es jeden Tag irgendeinmal, jedenfalls hier in diesen Breitengraden der karibischen Küstenebene, wo wir auch heute wieder unterwegs sind, um eine Plantage zu besuchen. Weil heute auch in der Palmenherzenfabrikation nicht gearbeitet wird, zeigt uns Der Chef, der zartes Herz genannt wird, persönlich den ganzen Produktionsablauf, wie seine zarten Palmenherzen nach der Ernte zurechtgeschnitten, in Gläser abgefüllt, sterilisiert und kontrolliert werden. Mit Rüstabfällen werden Wasserbüffel gefüttert, welche Bio- oder Methangas produzieren, welches wiederum zum Kochen und Betreiben der Anlage genutzt wird. Auch in diesem Betrieb ist Sauberkeit und Hygiene oberstes Gebot und auch wir müssen nur zum Zuschauen und Betreten des Gebäudes unsere Schuhe vor der Tür in einem Desinfektionsmittel baden. Nachdem wir reichlich von seinen zarten Palmherzen degustiert haben, fährt Palmito corazón in seinem Jeep voraus, um uns auf seiner Plantage auch zu zeigen, wie diese niedrig gehalten Palmen wachsen und abgeerntet werden. Es ist eine so gezüchtete Art von Palmen, welche bereits in 7 Monaten erntereif ist, so dass man nicht auf Urwaldrodung angewiesen ist, um zu dieser Delikatesse zu kommen. Er hat es sich nicht nehmen lassen, einen Arbeiter extra dazu anzuheuern, um für uns zu demonstrieren, wie man zu den zarten weissen Stängeln vordringt, indem man mit Kettenhandschuh und Machete ihre ziemlich stachlige Umhüllung von Blättern und Dornen befreit.
Während dieser Demonstration hat es wieder zu nieseln begonnen und Ernesto hat diesmal seine liebe Mühe, bis unser Büsslein auf dem morastigen Dschungelpfad gewendet ist. Zum Glück ist Palmito corazón mit seinem Jeep dabei.

auf den Strassen von Guapiles Palmito Corazón Desinfektion auch hier mit Kettenhandschuh und Machete ...bis zum Palmenherzen

Schon nach einer halben Stunde wartet das nächste Abenteuer auf uns. Diesmal wird das grosse eiserne Tor der riesigen Ananasplantage der Familie Dähler in Isla Grande Sarapiqui geöffnet. Stephan konnte unsern Gwunder bis jetzt vertrösten und nicht mal gestern, als er uns auf die Wasserbüffel und den grossen weissen Reiher beim Wasserloch auf der andern Strassenseite aufmerksam gemacht hat, realisierte ich, dass wir direkt vor den Toren der grossen Hacienda Roswitha standen.
Wir werden herzlich empfangen und im Sitzungszimmer wartet bereits ein erfrischender - natürlich ein Ananasdrink aus der extrasüssen Roswitha Ananas, die hier angebaut wird, auf uns. Michael, Stephans jüngerer Bruder und mehr für die Administration der Farm verantwortlich, bringt uns die Geschichte der Familie Dähler näher, wie sein Vater Johann Albert Dähler nach Absolvierung der Landwirtschaftsschule im Ebenrain auszog, um in Afrika sein Glück zu versuchen. Wie er an der Elfenbeinküste begann, Ananas in die Schweiz zu exportieren. Bis sie im Jahr 2000 wegen dem Bürgerkrieg wieder in die Schweiz zurückkamen, wo auch Stephan dann seine Lehre als Koch machte und wie man wenige Jahre später die Plantage in Costa Rica aufbaute, wo nun auf 750 ha jährlich 12 Millionen Kilo Ananas produziert werden, welche hauptsächlich nach Europa und in die Schweiz exportiert werden. Während die Söhne nun hauptsächlich hier in Costa Rica den Betrieb organisieren, hat sich der Vater wieder der Elfenbeinküste zugewandt, wo er seine Plantage zurückerkämpft und mit dem Anbau von Kautschuk und Kakao begonnen hat.

Palmen-Wedel-Embryo weiter geht's in Ernestos Büsslein... ...zur Ananasplantage Ananas-Lehrpfad Qualitätskontrolle

Auch wir sind wohlversehen mit Haarnetzen und dürfen uns in der Verpackungsanlage umsehen, da wo die Früchte vom Erntewagen hereinkommen, sortiert, verpackt und in der Kühle auf die Spedition warten. Früchte mit schräg oder zu lang gewachsener Krone kommen auf den Lokalmarkt und wir können ihre Süsse an Ort und Stelle testen. Vor dem Haus hat man fünf Pflanzen in ihren verschiedenen Wachstumsstadien als Anschauungsobjekte in Töpfen eingepflanzt, denn so im Detail kann man das auf den Feldern nicht ausmachen. Schon gar nicht vom hohen Wagen aus, mit welchem wir nun anschliessend von einem Traktor gezogen, durch die unendlichen Plantagenfelder kutschiert werden. Man führt uns bis weit hinaus zu den Feldern, die nun erntereif sind, dort wo die Arbeiter bei der Erntemaschine die grossen Anhänger füllen. Die verschiedenen Felder haben immer den gleichen Reifegrad. Austriebe einer Mutterpflanze werden in recht nahem Abstand gesetzt, damit die Früchte dann keine Chance zum Umfallen oder schräg wachsen haben. Mit Ethylengas werden Ansätze für Blüten gefördert und mit den sogenannten Babytest wird der prozentuale Erfolg dieser Massnahme kontrolliert. Allenfalls muss die Prozedur der Begasung wiederholt werden. Zur Heranreifung der essbaren Ananas sind Befruchtungen von Insekten nicht nötig. Alles sieht schon recht fabrikmässig aus und ich wäre wohl in Zukunft äusserst skeptisch, wenn mir jemand Ananas als biologisch verkaufen wollte.
Im Farmhaus, das kilometerweit von Ananasfeldern umgeben, einsam auf einer kleinen Anhöhe träumt, hält unser Rütteltram an und lässt uns aussteigen. Mit einer kühlen Kokosmilch noch in der Nuss, werden wir zum Apéro herzlich empfangen.

die Äuglein, Zeichen einer reifen Ananas per Traktor hinaus zum Erntefeld Hazienda auf der Roswitha-Ananas-Plantage Erntemaschine wir sind zum Mittagessen eingeladen

Wir sind hier zum Mittagessen eingeladen. Stephans Schwägerin hat viele schöne Salate vorbereitet und ein Verwandter hat auf der Veranda den Grill angezündet und Pouletschenkel und Chlöpfer (Cervelats n.b.) brutzeln neben Kochbananen, die in der Schale am Schmoren sind. Von Palmito Corazón hat Stephan heute ein paar frische Palmenherzen mitgenommen und diese sind zusammen mit Butter in Alufolie eingepackt auch auf den Grill gekommen. Stephan öffnet eine Flasche Wein und man zelebriert das reinste Festessen.
Zum Dessert gibt's natürlich frische Ananas und zum Kaffee, auf einem von einem Freund extra dafür entworfenen, wallholzähnlichen Gläsertragbalken, für jedes ein Gläschen gekühlten Ananas-Likör.
Um nicht nur von den wunderschönen Ingwerblumen im Garten, sondern auch von einer blühenden Ananas ein Foto mit heimnehmen zu können, mache ich mich zusammen mit jenen auf den Weg, die zu Fuss den Ananasfeldern entlang zum Betriebsgebäude zurückkehren.
Weiter geht es durch ländliches Gebiet, vorbei an Kokos- und andern Plantagen und Saftfabriken, auch die, welche Dähler mit Ananas beliefert. Weidende Kühe, einsamen Häuschen, versteckt hinter Palmen, manchmal sind es winzige Ortschaften, aber man weiss nie, wo man ist. Stephan zeigt uns auf der Karte schon, wo wir durchfahren, aber keine Hoffnung, es nachzuvollziehen.
Irgendwann hält Ernesto wieder mal an. Es ist eine Metzgerei, wo man aber an Bistrotischchen auch etwas konsumieren kann. Stephan besorgt uns wieder mal eine Spezialität von hier, sicher gut ein halbes Pfund fixfertig gebratener Schweinebauch, den er uns vor dem Probieren mit dem Saft einer Zitrone mariniert. Es sei hier eine Schweinerei oder anständiger ausgedrückt ein Mastbetrieb, in welchem es 25'000 Sauen hat und man kommt von nah und fern, um sich hier mit Schweinigem einzudecken.

Ernesto hilft im Service Ingwerblüte Ananasblüte unterwegs nach La Fortuna Willkommensdrink im Royal Corin

Endlich nähern wir uns unserem Ziel. Markant schiebt sich der Arenal immer mehr in den Vordergrund. Natürlich ist er rings umwallt von Wolken, wie es sich für ihn gehört. Dafür brechen diese Wolken den letzten Schein der Sonne und goldene Strahlenbänder heissen uns in La Fortuna willkommen. Im 5-Sternehotel Royal Corin am Fuss des Arenal werden wir ebenfalls mit einem Drink willkommen geheissen, bekommen ein gediegenes Zimmer mit allem Drum und Dran, inkluisive Gratis-W-Lan in jedem Zimmer. Vor dem Hotel hat es jede erdenkliche Variante von Pool Jaccuzzi und Saunas und dennoch ist das Badezimmer mit einer Duschnische eingerichtet, deren hundert Düsen, Hahnen und Hebel einen gerade ein bisschen ratlos machen und man das Duschvergnügen ziemlich vorsichtig angeht.
Fast ehrfürchtig erscheint man zum Nachtessen im noblen Restaurant zum ebenfalls gediegenen Nachtessen bei mehr oder weniger dezenter Unterhaltung eines extra dafür engagierten Musikers.


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