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Wir haben für unsere heutige Reise nach Tamarindo an der Pazifikküste, unser
letztes Etappenziel, wunderschönes Wetter. Ein klarer, blauer Himmel spannt sich
über dem Arenal und heute steigt höchstens ein kleines Räuchlein aus
seinem spitzen Kegel. Am Frühstücksbüffet haben wir uns noch mit Bananen
für die Nasenbären eingedeckt, aber bei der Arenal Lodge ist diesmal weit und
breit kein geringelter Schwanz in Sicht. Dafür muss Ernesto etwas später ganz
kriminell in einer Kurve anhalten und nachfolgende und entgegenkommende Autos passieren
verständnisvoll und die Fahrer machen sogar selber auch ein paar Fotos. Ein kleines
Stück weiter vorn kann man rückblickend auch gerade ein Foto vom
unverhüllten Vulkan machen - er erweist uns heute die Gnade!
Die Strasse führt heute kurvenreich dem ganzen Arenalsee entlang, vorbei am
schweizerischen GRÜEZI beim Eingangstor bei Ulrichs, über Nuevo Arenal, ein
Dorf, das auch seinen alten Platz räumen musste und nun mit einem schönen
Ausblick am Gestade eines neuen Stausees wiedererstanden ist.
Vor Tilaran gibt's bei einem Lookout nochmals einen Stopp für ein Bild über
den ganzen See und bis zurück zum Vulkan, wo wir hergekommen sind. Indios bieten
hier ihre Kunsthandwerke an. Marlis ersteht einen wunderschönen Armreif aus
Rosenholz. Bemalte Masken und Schalen oder Kaffeefilterständer aus verschiedenen
Tropenhölzern passen nicht so ganz ins Reisegepäck nach Übersee,
höchstens noch so kleine, bunt bemalte Flöten mit zwei Löchern in Form von
Tukanen, Schildkröten und Vögeln aller Art könnten ein Grossmutterherz
noch erweichen, den Enkeln etwas aus dem fernen Land mit heimzubringen.
Nach einem Kaffeehalt hier oben noch im Zentralen Hochland, wo kühlender Wind
über die Hügelkanten streicht und viele Windräder eines Windparks zur
Stromproduktion antreibt, wenden wir uns nun westwärts, den Weiten des Bezirks
Guanacaste zu. Ziemlich abrupt ändert sich das Landschaftsbild. Das satte Grün
der Weiden wird durch eher trockene und staubige Weiten abgelöst. Im Moment ist hier
eher Herbst und viele Bäume haben kein Laub mehr, aber trotzdem fallen mir viele
blühende Bäume auf. Hier ist es ein leuchtendes Gelb aus dem Wald heraus oder
dann ein zartes Rosa, das Orangefarbige hingegen, welches mir in San José
aufgefallen ist, oder gar die schönen Tulpenbäume, die gibt es hier nicht mehr.
Sehr schöne Bäume, mit weitausladenden Ästen und einer ebenmässigen
Krone, die manchmal sogar breiter ist, als der Baum selber hoch, spenden auf Weiden
willkommenen Schatten. Es sei der Arbol de Guanacaste, der Nationalbaum Costa Ricas,
erklärt uns Stephan und die Provinz, die nun vor uns liegt, wurde nach diesem Baum
benannt.
So haben wir in unserer Sammlung ausserdem noch die Gilbdrossel als National-Vogel, die
Cattleya als National-Blume und eigentlich auch noch die Nationalflagge, deren Bedeutung
uns Stephan erklärt hat, nämlich die Farben die da bedeuten: blau, das Meer,
weiss, der Friede und rot, die Arbeit. Auch den Nationalhelden hatten wir: Juan
Santamaria.
Bald haben wir die Ebene erreicht, dort wo in der Nähe von Cañas auch das Kraftwerk ist, welches sein Produkt aus dem grossen Stausee gewinnt. Wieder kehren wir bei einem Schweizer zum Mittagessen ein. Bei Werner Hagnauer gibt's in der luftigen Gartenwirtschaft zuerst wieder einen erfrischenden, kühlen Fresco natural aus Cas, den Limonen ähnlich aussehenden Zitrusfrüchten, bevor wir mit einem reichlichen Gericht des Hauses, gebratener Fisch mit Reis und den üblichen, roten Bohnen, neben Gemüse und Salat verwöhnt werden. Auch hier führt uns Stephan hinters Haus in den Garten, wo wundersame Bäume und Pflanzen, wie Karambolen oder Helikonien wachsen. In Terrarien kann man einige grosse oder auch giftige Schlangen bewundern. Es wurden alle im eigenen Garten "gesammelt". Als Werner Hagnauer vor über 50 Jahren von den Chemischen aus der Schweiz hierher gesandt wurde, begann seine Frau, sich um kranke oder verletzte Tiere zu kümmern, darunter waren manchmal auch Wildtiere, die man gesund pflegte und sie nach Möglichkeit später wieder auswilderte. So wuchs mit der Zeit ein kleiner Zoo heran, weil Tiere nicht mehr wieder in die Wildnis zurück kehren konnten. Zum Dessert besuchen wir also diesen kleinen Privatzoo mit seinen Pumas, Leoparden, Affen und Aras oder Tukanen, die man nun wenigstens aus der Nähe in aller Ruhe beäugen und, zwar mit Maschendraht im Hintergrund, auf den Chip bringen kann.
Ein gutes Stück fahren wir nun auf der Panamericana, der Schnellstrasse, welche
Alaska mit Feuerland verbindet und die sich über den gesamten Amerikanischen
Kontinent erstreckt. Die drei oder vier Vulkane, die sich in der Kette jener, die wir
besucht haben, anschliessen, ziehen sich immer mehr an den Rand der weiten Ebene
zurück, die wir nun durchfahren. Liberia ist der Hauptort der Provinz und sein
Flugplatz bringt die Touristen, die hauptsächlich zum Windsurfen am Pazifik
hierherkommen, ihrem Ziel näher. Auch unser Ziel, Tamarindo, rückt endlich
näher und ich bin gespannt, was uns dort auf unserer letzten Etappe wartet. Im Hotel
Barcelo Langosa Beach können wir nun noch bis Samstag "die Seele baumeln lassen". Es
sei "all inclusive", was immer das heissen mag. Der erste Grund scheint mir schon bei der
Anfahrt einleuchtend - man fährt, wie mir scheint, vom Dorf Tamarindo noch ziemlich
weit "in den Busch" hinein, also wohl keine Möglichkeit zu einem abendlichen
Flanieren im nahen Fischerdörfchen etc. Man braucht sich um nichts kümmern,
sondern kann sich einfach nur ausruhen und viel Spaß haben bei Animationen im und
um den grossen Pool, Frühstück, Mittag- und Abendessen im Buffetrestaurant oder
an der Snackbar, an abendlichen Veranstaltungen, im hauseigenen Casino und, und, und!
Beim Einchecken bekommt man zusammen mit dem Zimmerschlüssel zuerst ein farbiges
Armband aus Plastik ums Handgelenk genietet. Alle Bediensteten und sonstigen Mitmenschen
sehen mir nun von Weitem an, wohin ich gehöre und aufgrund der Farbe wohl auch, wie
lange ich das Recht habe, mir hier in diesem Schlaraffenland den Bauch vollzuschlagen,
ohne dafür weiter zur Kasse gebeten zu werden. Der Zimmerschlüssel im bequemen
Kartenformat, der in jedes Portemonnaie passt, öffnet uns ein schönes,
geräumiges, angenehm klimatisiertes Zimmer mit zwei grossen französischen
Betten und einem Balkon, der die Sicht zwar nicht aufs Meer, dafür in einen ziemlich
undurchdringlichen Dschungel freigibt. Immerhin - Natur pur!
Zuallererst sind wir zu einem Willkommensdrink an der Hotelbar eingeladen und die Gelegenheit wollen wir benützen, Stephan sein Gästebuch mit unserem Eintrag zu übergeben, den Annemarie in unser aller Auftrag perfekt formuliert hat. Sie hat in kurzen Worten zusammengefasst, wozu ich in meinem Bericht Seiten und Seiten brauche. Aber bei mir müssen eben noch Fotos Platz haben:
Eigentlich wollte uns Stephan als Willkommens- und Abschiedsdrink mit einem Pina
Colada überraschen, aber heute haben sie keine Ananas! Die farbenfrohe Bahama Mamma
ist aber auch perfekt.
Er überlässt uns hier ab morgen unserem All-inclusive-Schicksal. Aber damit man
den ganzen Tag nicht nur rumhängen muss, organisiert er für morgen eine Fahrt
in den Las Baulas National Marine Park, dort wo die Lederschildkröten an Land
kommen, um ihre Eier abzulegen und für Samstag eine Mangrovenfahrt mit dem Boot. Und
da habe ich nun ein Problem. Chancho, dem sie hier (habe ich das richtig notiert?)
grünes Schwein sagen, wird uns jeweils mit einem Bus abholen und beide Exkursionen
kosten je 35 $, welche man nicht mit der Karte bezahlen kann. Daran habe ich bei all dem
Inklusiven natürlich nicht gedacht und wie komme ich nun zu Bargeld? Mit dem Taxi in
die Stadt und ein nochmaliges Bank-Abenteuer? Aber Stephan schlägt mir vor, dass ich
morgen früh mit ihm und Ernesto bis ins Dorf mitfahren kann und er mir beim
Bancomaten wegen dessen komischen Behauptungen über die Schulter sehen wird.
Dann geht's endlich los zu den unendlichen Gelagen im Schlaraffenland. Von der
Wendeltreppe aus hätte man einen herrlichen Überblick auf das Tun und Treiben
in der Schlacht ums kalte und warme Buffet, aber strafenden Blickes befiehlt mir einer
der zuständigen Crew, meine erhobene Kamera nicht für solche Schandtaten zu
benützen, um vielleicht ein unangemessenes Bild in irgendwelcher Presse zu
veröffentlichen. So muss man es mir jetzt halt glauben, dass man vom Vorspeise- und
Salatbüffet allein schon genug gegessen hätte, würde man von allem auch
nur ein klein wenig schöpfen. Aber was täte man dann mit all dem Gemüse,
den Beilagen, dem Fleisch von Fisch und Vogel in Sauce oder frittiert. Oder soll man sich
doch lieber am Grill ein richtiges Steak nach seinem Gusto braten lassen? Sogar Wein kann
man sich einschenken lassen, soviel man will. Doch die Gefahr, dass man ins trunkene
Elend gerät, ist gering. Das, was sie einem vorsetzen, würde ich eher als Fusel
bezeichnen und die guten Tropfen für Weinkenner sind dann eben nicht all
inclusive.
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