Whangamata - Tairua
Es ist noch dunkel, als mich etwas Beunruhigendes aus dem Schlaf reisst. Eine
Sirene! An- und abschwellender Alarm! Auf dem Heimweg gestern Abend haben wir
uns noch über das Symbol an unserer Strasse unterhalten, welches diese
als die Tsunami-Evakuationsroute bezeichnet. Tsunamis wären also hier
absolut möglich. Wir sind in den Kleidern, noch bevor der Heulton nach
etwa vier- oder fünfmal wieder verstummt. Draussen ist alles ruhig. Keine
Menschenseele ausser uns scheint geweckt worden zu sein. Von weit weg das
Rauschen des Meeres, das normal zu sein scheint. Es sind immerhin etwa 10
Marschminuten bis zum Strand. Aber am Himmel hinter einer Strassenlampe
scheint eine Rauchsäule zu stehen. Es ist gerade die Zeit, wo die
Dämmerung beginnt. René meint sogar einen flackernden Feuerschein
gesehen zu haben. Irgendwie beruhigt das sogar ein bisschen, auch die
Tatsache, dass der Alarm wieder verstummt ist. Über den Gartenzaun sehe
ich auf der Strasse das rote Blinklicht der Feuerwehr und bald darauf sogar
zischende Geräusche, die von einem Feuerlöscher stammen könnten
und gleich darauf weissen Rauch, der sich nun beim langsam Hellerwerden gegen
den nahen Hügel abhebt. Definitiv beruhigt, legen wir uns nochmals eine
Runde zum Schlafen.
Bevor wir auschecken, will ich es aber wissen. Der Mann an der Rezeption
erklärt mir nun, dass ein Tsunami-Alarm ein andauernder Ton sei. An- und
abschwellend sei entweder ein Brand oder ein Unfall. Sollte White Island
explodieren, was übrigens vor nicht mal hundert Jahren auch passiert ist,
würde es zwanzig Minuten dauern, bis die Flutwelle hier wäre. Er
weiss jedenfalls nicht, was passiert ist. Wir kommen aber ein paar hundert
Meter nach unserer Abfahrt an der Unfallstelle vorbei. Es ist ein total
ausgebrannter Wohnanhänger. Noch liegt ein Rest vom Löschschaum am
Boden und ein Mann, der wohl die Bescherung erst jetzt zu Gesicht bekommt,
steht ziemlich konsterniert daneben.
Auf dem State Highway 25, auch als Pacific Coast Tourist Route bezeichnet,
kommen wir weiter nordwärts nach Tairua, dem Gebiet mit den spitzigen
Bergen, wo wir letztes Mal ganz zu Beginn unserer Reise zwei Tage stationiert
waren. Von hier aus haben wir den Ausflug an die Hot Water Beach gemacht. Wir
legen hier eine Kaffeepause ein und kommen gerade zur richtigen Zeit, um zu
sehen, wie hier der Samichlaus mit dem Feuerwehrauto mit tatü-tatoo beim
Spielplatz aussteigt, wo die ganze Bevölkerung auf ihn gewartet hat. In
voller Montur mit rotem Mantel, Mütze und mit einem mit Elast
umgebundenen weissem Vollbart verteilt er allen Kindern Süssigkeiten,
während ein Bub mit Trompete, begleitet von einem Klarinettisten und
einem Mann mit Guitarre barfuss im Rasen 'leise rieselt der Schnee' spielt.
Später kommt der Weihnachtsmann auch ins Café, wo wir eingekehrt
sind und ich bekomme persönlich auch noch ein Däfi von ihm.
An der Hot Water Beach gibt es ein Top 10, darum fahren wir dorthin. Zuerst
aber machen wir die Wanderung zur Cathedral Cave, welche wir letztes Mal
abbrechen mussten, weil wir zu wenig gegen die Sonne gerüstet waren und
uns bereits den ersten Sonnenbrand geholt hatten und dann freue ich mich
eigentlich auf ein Bad im Meer an der Hot Water Beach, aber das Wasser ist mir
definitiv noch zu kalt. Warme Füsse kann man sich zwar an zwei oder drei
Stellen nur etwa fünf Zentimeter unter der Oberfläche im Sand holen.
Da verbrennt man sich fast die Füsse, wenn man sich nur etwas das Wasser
um die Knöchel spülen lässt.
Das Top10 hier verleitet uns aber überhaupt nicht zum Bleiben. Wir
entschliessen uns deshalb, den verwaisten Camper-platz, den wir in Tairua
gesehen haben, zu berücksichtigen und fahren also wieder bis dort
zurück. Dafür gehen wir heute mal im Restaurant drüben, wieder
wie vor vier Jahren am gleichen Tisch den Fisch des Tages essen.
|