Invercargill - Owaka
In Invercargill und nicht am Bluff gewesen zu sein, das gibt es gar nicht.
Darum gilt unsere erste Fahrt diesem südlichsten Zipfel, wo der State
Highway 1 beginnt, der über beide Inseln bis zum Nordkap führt.
Ausserdem ergänzt hier ein Leuchtturm unsere Sammlung der vier
äussersten Zipfel der Inseln. Der Wegweiser, der von hier nicht nur zum
Südpol, Äquator, sondern auch nach London New York und viele andere
Orte weist, steht auf 46°36' 54" südlicher Breite und 168°22' 26"
östlicher Länge.
Es ist da, wo wir letztes Mal über die riesigen Ausmasse der breiten
Bänder der Lederalgen gestaunt haben. Seither hat man hier einen
schönen Pfad angelegt, auf welchem man gut zum Leuchtturm gelangt.
Riesige Kettensegmente, welche wohl die symbolische Verankerung der Insel hier
andeuten wollen, sind auch neu dazugekommen.
Auf dem SH1 geht es also wieder nach Invercargill zurück, wo immer noch
dieselbe Weihnachtsdekoration wie vor vier Jahren, die Strassen ziert. Von der Stadt haben wir ja
gestern nicht viel gesehen, alle Campgrounds, die wir gesucht haben, lagen
etwas ausserhalb. Der Grund, dass wir uns für jenen am Schluss
entschieden haben, waren ja die vier Klötzli am Handy, weil ich meine
Daten hochladen wollte. Als es aber soweit war, liess mich wieder alles im
Stich. Ein einsames Klötzli und die Verbindung wurde bald unterbrochen.
Deshalb fahren wir nun in die Stadt, auf den Parkplatz des Warehouses und
während René sich endlich mal nach einem Thermometer umsieht, kann
ich nun von einer guten Verbindung profitieren und bald ist mein Tagebuch
wieder à-jour.
Von heute an geht's nun wieder nordwärts und zwar der Ostküste
entlang auf dem SH92 oder wie es auch heisst: ‚Southern Scenic Tourist
Route', die wir seit Te Anau genommen haben.
An einer Strassenbaustelle muss ich wieder einmal ein Bild von einem 'Flagman'
machen. Ganz selten wird der Verkehr mit Lichtsignalen geregelt. Immer stehen
Männer oder Frauen mehr oder weniger gelangweilt mit ihren mannshohen
Kellen mit dem roten Stop- oder grünen Go-Schild. Der Anvisierte merkt es
natürlich und kommt ans Auto und wir kommen ins Gespräch
daüber, dass ich Flagmans sammle. Er verrät mir, dass sie hier eben
die Lollypop-Boys seien. Da muss ich doch bestimmt noch eine Fotosammlung von
Lollipop-Boys und -Girls anstreben.
Den versteinerten Wald in der Curio Bay haben wir letztes Mal nicht gesehen.
An dieser Stichstrasse bei Waikawa hat es gleich fünf rote
Sehenswürdigkeiten in meinem Handy-Atlas eingetragen: Niagara Falls, eine
Anglikanische Kirche, das Waikawa-Museum, ein Delfin-Infozentrum und ganz am
Meer der versteinerte Wald. Vor 180 Millionen Jahren muss hier ein Wald
gestanden haben. Noch heute liegen ganze Baumstämme, zu Stein erstarrt
da. Man sieht die Struktur , als ob es noch Holz wäre. Mehrere Schichten
in der Klippe sehen aus wie Kohle. Eine solche Schicht habe ich doch auch
schon an einer einsamen Bucht am Ende der Ninety Mile Beach entdeckt, wo aber
kein Mensch auf solch ein Wunder aufmerksam gemacht hat. 180 Millionen Jahre
machen schon ein bisschen ehrfürchtig, wenn man es dann weiss. Was es
hier in dieser Bucht auch noch hat, sind die ganz seltenen, scheuen
gelbäugigen und blaue Pinguine, Pelzrobben und Seelöwen und auch die
verspielten, ebenfalls sehr seltenen Hectors Delfine. Wir haben aber das
Glück, dass ausgerechnet heute einer der nicht einmal mehr 5'000
Gelbaugenpinguine hier auf einem Stein schlafen geht, sodass ich mit dem Tele
ein Foto von ihm machen kann. Diese Spezies gibt es nur hier und sie ist
extrem vom Aussterben bedroht. Auch eine Pelzrobbe lässt sich hier auf
den zu Stein gewordenen Baumstämmen bei seinem Mittagsschläfchen von
den Fossilsuchenden Menschen nicht stören.
Auf dem Rückweg halte ich nochmals Ausschau nach dem Niagara Fall.
Natürlich wieder ein Wasserfall, unten am Meer, wo es kaum einen
Hügel hat, wie kann das denn sein? Hatten wir doch auch schon! Aber wir
finden ihn - ein Landvermesser mit Sinn für Humor, der die Niagarafalls
in den Staaten gesehen hatte, gab diesem Wasserfall den Namen. Die frühen
Siedeler verluden hier ihre Wolle aufs Schiff und heute ist hier der Fang von
Whitebaits sehr populär und wir können nun sagen, dass wir die
Niagarafälle gesehen haben, ohne zu lügen. Sie sind wohl keinen
Meter hoch.
Die heutige Fahrt führte uns eigentlich durch erstaunlich viel
grünes Landwirtschaftsland und es ist so schön frisches Grün,
dass ich mich frage, ob es sein kann, dass der Regen, der uns nun mehr oder
weniger über die ganze Insel begleitet, dem Boden doch gut getan hat?
Wir lassen es heute drauf ankommen, wo wir einen Schlafplatz bekommen. Sie
sind nicht sehr dicht gesät, aber in Owaka hinter dem Catlins Inn kann
man tatsächlich von etwa 10 Steckdosen eine aussuchen und hat dann seine
Ruhe bis am Morgen. Wir sind wieder froh um den Strom, mit welchem das
Heizöfelchen betrieben werden kann. Wir haben immer noch die
Thermosocken- und Faserpelzphase.
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