Richmond - Collingwood
Der Sternenhimmel in der Nacht und die Wetterprognosen für heute scheinen
wieder nur leere Versprechungen zu sein. Der Himmel ist wiederum grau. Das scheint
halt einfach Neuseeland-Wetter zu sein. Deshalb fahren wir auch heute wieder frisch
drauflos Richtung Norden und ziemlich dem Meer entlang. Das heisst, nein vor
Motueka ist es nicht gerade Meer, sondern wieder ein Inlet, das scheint so etwas
wie eine Lagune zu sein, ganz flach und nur bei Flut steht hier vielleicht ein oder
zwei Meter Wasser. Nur eben, immer wenn wir kommen ist Ebbe! Motueka wirbt beim
Dorfeingang wieder mit Kajaks und Kajak-Adventures. Drei, vier Kilometer weiter in
Marahau ist der Ausgangspunkt für d i e Wanderungen durch den Abel Tasman
Nationalpark. Vielleicht, wenn's auf dem Rückweg besseres Wetter ist - aber
jetzt fahren wir mal weiter und hier finden wir endlich auch die Apfelbaumkulturen,
Kiwi- und Aprikosenplantagen, welche alle sorgfältig mit feinen Netzen
überdeckt sind und bewässert werden. Dann geht's wieder bergauf, wo wir
oben dem braunen Schild folgen und die zehn Minuten durch ein Wäldchen
wandern, das von karstigen Felsen wie auf dem Pragelpass durchsetzt ist und in
seinem Untergrund geheimnisvolle Höhlen verbirgt, bis zu einem Lookout, der
die Sicht bis hinunter über die Plantagen und den Ort Motueka bis zum Meer
freigibt. Hier gibt es eine andere Erklärung für das zerfurchte Gestein
der Karstlandschaft: Te Ngararahuarau war ein schrecklicher Drache, der nur darauf
aus war, Männer zu verschlingen und Frauen einzufangen. Er versklavte auch die
schöne Ruru, aber sie war zu klug für ihn, lullte ihn mit
leistungsstarken Karakia ein und floh aus seiner Höhle als er schlief. Die
Leute von Whakatu halfen ihr, eine Falle zu stellen, lockten ihn in ihr befestigtes
Dorf und zündeten es an. Er floh auf die Spitze der Takaka Hill und versucht
verzweifelt, seinen Weg nach Hause zu graben, wurde aber von den Flammen verzehrt.
Seine verkohlten Schuppen und Krallen wurden zu Stein und wurden über den
ganzen Hügeln verstreut, einschließlich der Gegend, die heute als Hawkes
Lookout bekannt ist
Immer meint man, man sei nun auf dem Pass angelangt, aber irgendwie lieben es die
Neuseeländer, Kreten Highways zu bauen. Es geht wieder eine ganze Weile alles
in der Höhe den Gipfeln entlang, bis sich die Strasse wieder fast
beängstigend in die Tiefe stürzt. Ich möchte diese Kürvlete und
Spitzkehren definitiv nicht fahren müssen und bin froh, dass es wenigsten
René Spass macht. Ich kann ja daneben die Beine anziehen und die Augen
zumachen.
Takaka heisst uns an der Golden Bay willkommen. Also legen wir mal einen Stopp
für einen Kaffee ein. Im Dangerous Kitchen gibt es ein richtig gutes Brioche
mit Raspberries drin. Mit ihren Slices und süssen Schnitten in allen Farben,
die mir einfach immer zu süss und zu staubig sind, kann ich nämlich meist
nichts anfangen. Ich bekomme diesmal einen richtig schönen Moccachino, aber
dazu ein so rosarotes Ding, das wie ein Schaumgummikügelchen aussieht und auch
so schmeckt - wäh! Wenigstens hat es René gern. Immerhin liegt es neben
der Tasse und nicht wie damals in Wellington, als es sich i m Kaffee
unwiederbringlich auflöste.
Wir fahren doch noch etwas weiter bis nach Collingwood, wo wir einen Platz in
einem Campingpark bekommen. Hier hat diese Woche die Schule wieder begonnen und es
ist eigentlich kein Problem, auf irgendwelchem Platz eine powered Site zu bekommen.
Auch Collingwood liegt an einem Inlet und auch hier ist das Meer fort, was uns die
Gelegenheit zu einem ausgedehnten Marsch dem Ufer entlang gibt, wo René
wieder unendlich viele Motive für seine Kamera findet.
Ich habe gelesen, dass hier im Tasman Distrikt Godwits (Kuaka), das sind grosse,
braune, watschelnde (oder wohl Wattvögel?) aus Alaska den dunklen Monaten vom
September bis Februar daheim entfliehen und sich hier wiederum eine gute Kondition
aneignen müssen, um den Heimflug im März wieder zu überstehen.
Daheim wird dann in den 24 Tagstunden wieder gebrütet und Jungmannschaft
aufgezogen.
Ich habe Glück, der erste Vogel, der mir begegnet ist ein solcher Godwit,
neben vielen andern, den schwarzweissen Muschelfessern, welche dort in Scharen
warten, bis ihnen die Flut wieder frisches Futter hereinbringt.
Während ich probiere, die heutigen Erlebnisse wieder ein bisschen geordnet zu
Compi zu bringen, verhüllen sich die Hügel, in welchen wir morgen noch
gerne etwas gewandert wären, immer mehr, bis man ausser dem Wasser, das
inzwischen wieder bis fast vor unsere Haustüre gekommen ist, nichts mehr
sieht.
|