zum vorherigen Tag | 24.September | zum nächsten Tag |
Bin ich nun erwacht, weil die Geräusche doch etwas anders sind als normal? Es ist
5:20 und laut Fahrplan sollten wir um 6 Uhr in Trondheim ankommen und bei einem Blick aus
dem Fenster sieht man, dass der Kapitän am Manövrieren ist, vom
offensichtlichen Hafengelände aus in einer Rückwärtsfahrt in die dunkle
Nacht hinein. Ich schlafe noch eine Runde und bis ich wieder erwache, liegt das Schiff
wieder an der zuerst anvisierten Anlegestelle, wo es nun auch bis um zwölf Uhr
bleibt.
Man hatte heute drei Ausflüge zur Auswahl. Ein Stadtrundgang, das Freilichtmuseum
Trøndelag oder mit dem Bus die Besichtigung des Nidaros-Doms und auch das etwas
ausserhalb gelegene Ringve-Museum, für Letzteres wir uns heute angemeldet haben.
Der erste Eindruck von Trondheim ist beim Hellerwerden die kleine vorgelagerte Insel
Munkholmen draussen im Meer, die mich sehr an Alcatraz in San Franzisco erinnert. Ihren
Namen Mönchsinsel hat sie von ihrer ersten Zweckbestimmung als Benediktinerkloster
ums Jahr 1100. Später war es dann wirklich auch eine Strafanstalt und heute werden
hier Kaffee und Kuchen serviert. Der Bus führt uns zuerst zum eindrücklichen,
gotischen Nidaros-Dom mit seinen wunderbaren, farbigen Glasfenstern, wo Olav der Heilige
‚geheimnisvoll' begraben liegt und sieben Könige gekrönt wurden. Um seine
ganze Schmuckfassade aus Speckstein auf ein Bild zu kriegen muss man fast Akkrobatik
üben oder ein extra Weitwinkel im Apparat haben. Trondheim, in der Mittte des
Landes, von einem Wikinger gegründet, war lange Hauptstadt, wurde dann aber von
Bergen abgelöst und nun führt der König halt ins Oslo das Szepter. Auch
Trondheim ist Ende des 17. Jahrhunderts abgebrannt, darum hat es jetzt hier überall
recht breite Strassen.
Dann steht auf unserem Fahrplan noch das Musikinstrumentenmuseum in Ringve. Vielleicht
wegen ungenauen Bestellungen gibt es hier wie vorhin im Dom, etwas Probleme mit den
Führungen. Französisch ist nämlich überhaupt nicht gefragt,
dafür ist die deutsche Gruppe viel zu gross. Lykke-Lise kommt mit Norwegisch ganz
gut zurecht und ich schliesse mich mit Marie-Louise der Englisch sprechenden
Führerin an. Ich als Museumsbanause bin ganz begeistert, denn all die historischen
Instrumente hier in diesem schön gelegenen Herrenhof werden kompetent in Wort und
Ton vorgeführt. Was bin ich wieder stolz, dass ich dem Englischen Vortrag eigentlich
problemlos folgen kann. Eine weitere gute Übung für meinen
Neuseeland-Winter/Sommer.
|
Bis wir von unserem Ausflug wieder auf dem Schiff zurück sind, herrscht blauer
Himmel und auf Deck 7 haben sich die Leute auf den Liegestühlen in Hamol-Stellung
gebracht. Blau in Blau erscheint auch die Mönchsinsel, an der wir nach dem Ablegen
vorbeiziehen. Bald werden nun die Inseln felsiger und auch flacher. Bewundernswert, wie
die Kapitäne immer genau den richtigen Weg und befahrbaren Durchgang durch all die
tausend Gefahren sicher finden. All die vielen Leuchttürme helfen ihnen sicher auch
heute noch dabei. Der Leuchtturm Kjeungskjær, der 1880 erbaut wurde zählt zu
den schönsten an der Küste und unser Tourmanager Johan Pearson, bei dem ich
gerade in seiner deutschen Information über Fahrt und Ausflüge sitze, hebt
gerade rechtzeitig das Rollo vor dem Fenster, so dass man seine malerische Schönheit
draussen an uns vorüberziehen sehen kann. Ringsum liegen flache steinige Inselchen
und ich frage mich, ob die bei Flut wohl gar nicht sichtbar sind. Überhaupt, auf
einem Schiff merkt man nichts von dem Gezeiten-Phänomen. Höchstens beim
an-LandGehen, über den Einsteige-Steg, geht es manchmal die Treppe hinunter oder
ebenaus und gar einmal sogar die Treppe hinauf, je nach Verhältnis des Wasserstandes
zum Pier.
Einmal kommen wir nahe an so einer kahlen Felseninsel vorbei, auf welchem einsam ein
Leuchtturm und ein kleines Häuschen steht.
Eine Gruppe von Leuten hat sich dort versammelt und sie winken uns zu. Dreimal hupt unser
Schiff, es sind wohl Bekannte vom Kapitän. Ich meine mitbekommen zu haben, dass man
diesen Leuchtturm als Ferienhaus mieten kann. Da hätte man ja seine Ruhe - ringsum
nichts als ein paar flache Felsen, die bei Flut wohl auch noch untergehen, ein paar
Seevögel, die einen besuchen und einmal im Tag ein Hurtigruteschiff das hornt.
Bei gutem Wetter fahren wir durch den engen Stokksund, heisst es auf unserem Tagesplan
und gutes Wetter ist sicher insofern, wenn das Meer fast ölglatt daliegt. Der blaue
Himmel ist zwar inzwischen wieder verschwunden und eigentlich sieht es nun fast
bedrohlich aus, wie unser grosses Schiff nahe an steil aus dem Meer aufragenden Inseln,
unter Brücken durch und an ins Wasser abfallenden Berghängen entlang navigieren
muss. Es ist direkt spannend, welche Abzweigung hinter welcher Insel es nun wirklich
nehmen wird. Es ist auch unübersichtlich, so dass sich unser Riese mit seinem
mächtigen Horn bemerkbar machen muss. Herrlich tönt das sagenhafte Echo lange
von den nahen Bergen und Felsen überall nach.
Dann erobere ich mir einen Sessel zuvorderst in der Lounge und geniesse das Dahingleiten.
Man kann sich da richtig als Kapitän fühlen. Für Paparazzi hat man auch
ein kleines Podest eingerichtet mit einem mächtigen, richtig seemännischen
Steuerrad. (Hat ein solches überhaupt einen speziellen Namen?) Dabei habe ich im
Film gesehen, dass die Nordkapp mit einem winzig kleinen Hebelchen gesteuert
wird….
Das Meer ist spiegelglatt und es ist windstill und ich will gerade duschen, als der
Kapitän in einer Durchsage Wale auf Steuerbord meldet. Schnell bin ich wieder
angezogen und stürze mich nach draussen. Ich habe Glück, ich sehe noch zwei
mächtige Rücken über die Wasseroberfläche gleiten und ein Geplantsch
und Gepuste, aber es ist doch recht weit entfernt. Jetzt wäre doch mein Fernglas
angebracht, aber in der Eile habe ich natürlich meinen Kabinenschlüssel, den
ich an einem Bändel immer schön um den Hals trage, vergessen wieder anzuziehen
und so tummeln sich die Wale ohne mich dort draussen, bis wir vorbei sind und bereits
wieder beginnen Folda, eine offene Seestrecke zu überqueren und ich mich auf die
Suche nach meiner Zimmerkameradin machen muss.
Zum Nachtessen gibt es heute einen wunderbaren Fisch und Lykke-Lise spendiert uns
allen den passenden ‚Hurtigruten White Wine' dazu.
Morgen zwischen 6:30 und 8:00 Uhr werden wir den Polarkreis überfahren. Ein
spannendes Ereignis. Man fand an der Kabinentür das Angebot, für nur 55 Kronen
einen Gutschein zu kaufen, mit welchem man morgen um sieben Uhr auf Deck 7 ein Glas Sekt
kredenzt bekommt. Ausserdem gibt es einen Wettbewerb, wo man erraten muss, um welche Zeit
genau dieses Ereignis stattfindet. Wir beschliessen unisono, zwar dabei zu sein, aber
für Sekt ist es uns dann doch zu früh.
Während des Nachtessens sind wir in Rørvik angekommen. Das Schiff verlangsamt
seine Fahrt indem es wohl die Schubkraft der Schrauben umkehrt. Dieses Manöver merkt
man nun im Gegensatz zu den Kabinen, hier im Heckteil wohl über den Maschinen
besonders gut. Ein Rütteln und Lärm erfüllt den gediegenen Essraum und man
versteht überhaupt kein Wort von den Durchsagen über Ort der Landung und
Abfahrtszeit.
zum vorherigen Tag | 24.September | zum nächsten Tag |