zum vorherigen Tag 28.September zum nächsten Tag

Für Ute heisst es heute Morgen bereits um sechs Uhr das Zimmer zu räumen. Ihren Koffer musste sie noch gestern spät vor dem Lift deponiert haben. Bis wir um Viertel vor Eins Kirkenes wieder verlassen werden, müssen die Kabinen für neu zusteigende Gäste wieder bereit sein.
Zum Frühstück sind wohl alle gleichzeitig gekommen und wir haben Glück, dass Ute und ich zusammen überhaupt einen Platz finden. Sie hat unser Treffen sehr genossen und ich will nicht vergessen, ihr auch eine Mitteilung zu machen, wenn mein Reisebericht dann fertig sein wird. Dazu musste sie mir ihre E-Mail-Adresse geben. So hätte dann ihre Mama doch auch noch etwas von der Reise, welche sie eigentlich für sich gebucht hatte und dann im letzten Moment an Ute stellvertretend weitergeben musste.
In Kirkenes gehen viele Leute zuerst von Bord, weil sie aufs Flugzeug müssen. Die beiden Busse für die von uns diesmal gebuchte Fahrt an die Russische Grenze, fahren eine Viertelstunde später. Wir finden noch Plätze im Bus für Deutsch und Norwegisch, und unser Guide, Ernst Sneve versteht es, uns seine Heimat richtig nahe zu bringen. Die Farben des Herbstes sind im Moment auf ihrem Höhepunkt. Irgendein Reiseleiter im Süden hat gesagt, dass wir mit Glück hier oben den Herbst antreffen werden, der dauere aber nur 36 Stunden und diese wunderbare Zeit hat genau auf uns gewartet. Vielleicht als Entschädigung wegen dem Nordlicht. Trotz des rauen arktischen Klimas sind die Hügel buschbewachsen und auf der Fahrt bis Storskog fahren wir an Seen und Moorlandschaften und auch ganzen Birkenwäldern vorbei. Alles ist in herbstlich bunte Farben getaucht und manchmal scheinen in der Ferne lodernde gelbe Feuer zu brennen. Wenn, anstatt wie jetzt der Regen seinen feinen Schleier über alles zieht, die Sonne scheinen würde, wäre es wohl so schön, dass es nicht mehr auszuhalten wäre!!

jetzt kommt... ...Kirkenes sie wird warten Busfahrt... ...durch den Regen...

Bevor wir zum Grenzposten kommen, wo ein kurzer Stopp eingeplant ist, warnt uns Ernst eindringlich davor, ja nicht über die Grenze und erst recht nicht weiter als die grosse Verbotstafel zu gehen, wir müssten sonst auf unsere Weiterreise auf der Nordkapp verzichten und im grossen Einkaufscenter sollen wir auch aufpassen, dass wir uns nicht verirren. Aber dort hat man schon gar keine Chance, hinein zu kommen, wenn zwei Busse voller Touristen gleichzeitig ankommen. Man könnte Babuschkas und Mitbringsel aus beiden Ländern erstehen und ich begnüge mich mit einem Bild vom malerischen Schaufenster.
Margrit hingegen schockiert mich gerade mit ihrer Forderung, ein Foto von ihr zu machen, wie sie hinter die Grenzlinie geht. Ihren Schalk sieht man nun auf dem Bild, aber meine Nerven….

...entlang des Fjords... einfach Herbst Souvenirshop Margrit ist in Russland die heis nid gseh!

Weiter fahren wir noch an einen andern Fjord nach Bjørnevatn, eine kleine Bergbaustadt. Die Gegend hier um die Barentsee ist äusserst reich an Bodenschätzen, darum war es im letzten Krieg auch so umkämpft und die Bevölkerung musste grausam leiden. Bei einem weiteren Stopp auf einem Rastplatz hoch über dem Fjord wird Ernst geheimnisvoll. Er verehrt nämlich jeder Frau einen magnetischen Stein und verspricht in die Hand jeder einen Diamant, die ihm diesen irgendwann wieder zurückbringt. Aber, er will dafür einen Kuss! Clever, wie der zu so vielen, freudigen Küssen kommt!

jetzt sollen die Vandalen mal... herbstliche Farbenpracht Wer mir diesen Magnetstein wieder zurückbringt... ...bekommt einen Diamant... ...aber zuerst ein Kuss!

Er erzählt uns unterwegs viel über diese Gegend und ihre Leute, wie auch er als Kind im Krieg gelitten und nur überlebt hat, weil sie sich in einer Höhle versteckt hatten, während draussen alles total zerstört wurde. Jetzt schreitet die Zusammenarbeit mit den Russen voran, was hier in der Barentsee eine Rolle spielen wird. Arbeitskräfte werden hier gesucht und das Zusammenleben mit 51 Ländern und Kulturen funktioniere bestens und ohne Probleme und sie sind stolz darauf.

darf i nomol en Stei ha? Kirkenes der clevere Ernst Heimkehr Vardø

Von Bergen bis Kirkenes sind wir nun 2481 Kilometer gefahren. Unter den 1339 Nautischen Meilen können wir Landeratten uns weniger vorstellen. Jetzt beginnt die Rückreise. Es ist so organisiert, dass man jene Häfen nun bei Tag anläuft, von welchen man in der Nacht nichts gesehen hat. Nur die letzte Station Vadsø im Varangerfjord wird ausgelassen, so dass es wieder stimmt - jeden Tag ein Postschiff in jeder Richtung.
Deshalb fahren wir ziemlich weit über offeneres Meer bis Vardø, wo mir riesige Kuppeln auffallen. Es sind wahrscheinlich Radaranlagen, denn Vardø war ein wichtiger Stützpunkt in der Barentsee für das Frühwarnsystem der NATO im kalten Krieg. Um an Land zu gehen ist es mir zu nass. Zu besichtigen wäre hier u.a. die achteckige Festung Vardøhus. Marie-Louise und Lykke-Lise finden dort auch den meistgehüteten Baum Norwegens. Bäume sind hier in dieser arktischen Gegend Seltenheit und Soldaten würden diesen Vogelbeerbaum im Oktober sorgfältig einpacken und im April wieder enthüllen.
Das Wetter bleibt den ganzen Tag düster und regnerisch. Abends um halb elf sind wir an der Stelle, wo man normalerweise die Nordlys kreuzt. In Memoriam der beiden Mitarbeiter wird nicht gehupt, man hat zu einer Manifestation aufgerufen und zusammen mit der ganzen Belegschaft steht man mit Wunderkerzen an der Reeling. Damit alle gleichzeitig leuchten, wird auf Befehl angezündet und so grüsst man still die anstelle der Nordlys vorüberfahrende Nordnorge. Ein eindrückliches Erlebnis zum Ausklang des Tages.


zum vorherigen Tag 28.September zum nächsten Tag