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Wir liegen in Florø. Ich habe gut geschlafen und nichts gemerkt vom Halten. Viertel nach acht ist Abfahrt im letzten Hafen. Der Koffer ist bereit, nur noch Zähne putzen nach dem Morgenessen. Bis 10 Uhr muss die Kabine geräumt sein. Den Rucksack könnte man im Konferenzraum deponieren, aber ich schleppe ihn lieber mit. Ein letztes Mal sitze ich auf Deck 7 im Panoramastuhl und möchte die Fahrt vom Kapitänsstand aus geniessen, aber ich muss immer wieder hinaus, denn ich will doch die steinernen Hügel mit einem einzigen Haus oder einem Leuchtturm drauf ohne Scheibenreflex auf dem Bild haben. Und überhaupt, es ist nicht soo kalt und in einer Phase, wo es nicht regnet, hat man hinten beim Spa auch seine Ruhe, um die letzte Strecke mit ihren vielen abwechslungsreichen Inseln zu geniessen. Ein letztes Mal noch unter die Brücke in den Windkanal. Tief einatmen und sich durchbeuteln lassen. Man sollte jedoch die Tücken dieses Genusses nicht unterschätzen. Esther hat ihren Rucksack mit Flugticket, Voucher für Oslo und allem Geld bei sich und stellt ihn, noch im Windschatten stehend, nur kurz zu ihren Füssen ab. Schon hascht eine Böe danach und rollt die Beute drei, vier Meter weit über den Boden. Zum Glück haben danebenstehende Passanten eine schnelle Reaktion.
Beim Mittagessen zieht draussen langsam eine Bohrinsel vorbei. Geduldig warte ich wieder mal, bis sich diese meiner Kamera in idealer Nähe präsentiert. Leider nimmt der Kapitän die parallele Wasserstrasse dazu und eh ich es realisiert habe, hat sich schon eine langegezogene Insel dazwischen geschoben und mein Bild des Tages ist dahinter verschwunden. Macht nichts, ich habe ja sicher schon 1000 Fotos gemacht und wer schaut diese am Schluss an?
Langsam merkt man jetzt auch die stärkere Besiedlung der Gebiete, wo auch wieder mehr Landwirtschaft und Ackerbau betrieben wird. Auch sind die Inseln höher und bewaldet, aber der Herbst ist hier mit seiner Farbenpracht noch nicht so weit fortgeschritten.
Unter einer eher trüben Wolkenschicht erscheint langsam in der Ferne Bergen, wo
unsere Seereise nun zu Ende geht. Um 14.15 tanzt die Nordkapp für uns zum letzten
Mal um ihre Achse und fährt rückwärts an die Anlegestelle heran.
Diesmal müssen wir wieder auf Deck fünf über die angedockte Passerelle
austreten und unten beim Ausgang wie im Flughafen unsere Koffer vom Laufband in Empfang
nehmen. Lykke-Lise wird abgeholt. Sie ist auf unserer Zugreise nach Oslo nicht mehr
dabei. Das ist gerade eine gute Gelegenheit, so haben wir jemanden, dem wir die
Fotoapparate in die Hände drücken können, damit diesmal alle Acht mit auf
dem Bild sind.
Die Busse stehen bereit, angeschrieben, welche Hotels angefahren werden und wir probieren
gerade unserer Koffer auch noch irgendwo in den Laderaum zu buxieren. Die Hostess
verwirft alle Hände - das hat doch alles seine Ordnung und jedes Hotel sein
Plätzchen hier.
Die Voucher werden eingezogen und wir haben auch diesmal wieder keinen. Doch auch beim
Aussteigen, als wir unseren Obolus entrichten wollen, winkt sie diesmal ab. Das letzte
Mal hat der Chauffeur immerhin die 50 Kronen eingesteckt.
Im Hotel First Marin bekomme ich zusammen mit Esther diesmal ein grosses Zimmer mit Blick
auf den Hafen, also in einem dieser schönen Häuser mit den historischen
Fassaden.
Zuerst geht's auf Inspektion der Strecke zum Bahnhof. Leider verpasse ich die
Gelegenheit, in der Martkhalle meine Rentierwurst zu kaufen, wie ich mir das letzte Woche
fest vorgenommen habe. Bis wir nämlich von unserer Erkundungstour zurück sind,
ist alles geschlossen.
Wir haben den kürzesten Weg zum Bahnhof und ein Thairestaurant in welchem wir
Nachtessen wollen nun gefunden. Es ist aber noch ein bisschen zu früh und es reicht
noch, ein wenig durch die Stadt zu flanieren. Eine Variante ist auch eine Tramfahrt bis
zur Endstation und zurück und Lydia und Silvia melden sich dazu ab. Ein Kaffee
wäre schon lange fällig. Vorhin im Bahnhof hat es so gut danach geduftet.
Endlich wieder mal ein guter Kaffee! Aber Fehlanzeige, der in dem anvisierten Café
ist auch nicht viel besser als jener auf dem Schiff. Esther und Margrit lassen wir den
Kaffee noch etwas auskosten und wir drei wollen nur noch schnell die Kirche besichtigen,
die dort so schön oben auf einer Anhöhe thront. Natürlich ist sie auch
schon geschlossen, dafür entdecken wir gerade in der Nachbarschaft die
Universität und in deren Park den Botanischen Garten.
Ein allerletztes Mal probiere ich mein Glück mit meiner Travelcash. Immerhin
begutachtet einer dieser Maschinen nun endlich die Karte, speit sie aber mit dem
lakonischen Satz wieder aus: "Kortet Deres kan ikke brukes i dene automaten". Ikke
brukes! na dann halt, ich habe Gottseidank noch meine Visakarte.
Wir treffen uns zur verabredeten Zeit alle wieder vor dem Thairestaurant und weil wir
heute vom Wasser wieder aufs Land gewechselt haben, gibt's keinen Fisch, sondern eine
prima Ente.
Es hat in der Zwischenzeit wieder zu regnen begonnen und ihren Schirm hat Esther doch in
der Kabine unter dem Bett "vergessen"- und das in Bergen! Zum Glück hat jemand eine
von diesen Coop-Pelerinen vom Tattoo her im Rucksack. Wir nehmen uns vor, uns morgen beim
Transfer mit dem Röllelikoffer nicht überraschen zu lassen und ein Taxi zu
bestellen.
Wir sind wohl auf unserer Reise zu solide gewesen und Lykke-Lise ist ihren Gamaldansk und
Baileys nicht ganz losgeworden. Wieder heimnehmen wollte sie ihn auch nicht und deshalb
kommen wir nun alle in unserem Zimmer nochmals zu einem Schlummertrunk zusammen.
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