zum vorherigen Tag | Montag, 1. Oktober 2007 | zum nächsten Tag |
Wir können Isabella wieder unter den Lebendigen begrüssen. Jetzt strahlt
sie. Es war eine Wunderdroge und sie fühlt sich nun ganz fit.
Als Erstes will uns Detlef mal die Stadt etwas näher bringen. Wie so viele
Städte und Inseln im Mittelmeer, welche wir schon gesehen haben, hat auch
Alghero eine turbulente Vergangenheit und wurde nicht nur einmal von fremden
Mächten eingenommen und von Seeräubern heimgesucht. Im 14. Jahrhundert
eroberten die Katalanen die Stadt und bauten das Fort, durch dessen Mauern unsere
Stadtbesichtigung führt. Es wird hier heute noch zum Teil katalanisch
gesprochen und auch die Strassen und Plätze sind zweisprachig angeschrieben.
Es gibt noch viele sehr alte Häuser und die Lädelchen und Boutiquen sind
in steinernen Gewölberäumen eingerichtet. Natürlich gibt es auch
schöne Kirchen zu besichtigen und Detlef gibt uns einen Tipp, wo man sich
einheimisches Olivenöl und andere Sardische Spezialitäten, wie eben den
Peccorino besorgen kann.
Um zehn Uhr finden wir uns wieder am Hafen ein und Edith atmet etwas erleichtert
auf, dass das Schiff, welches uns zum Capo Caccia, zur Neptungrotte führen
wird, doch immerhin zweietagig ist und sie sich nicht allzu sehr dem Wasser
ausgesetzt vorkommen muss. Sie strebt einen Platz so ziemlich in der Mitte des
Schiffes an und ‚luegt' für die nächste Stunde einfach ‚echli
y'.
Schöner könnte das Wetter für eine Bootstour überhaupt nicht
sein: spiegelglattes, sanftes Meer und Sonnenschein. Marlis und ich haben uns einen
Platz ganz zuvorderst am Bug ergattert. Langsam nähern wir uns der
langgestreckten Insel, welche wie ein schlafender Riese vor uns im Meer liegt. An
seinem "Kopf" umrunden wir die sicher 100 Meter senkrecht aufragende Felswand, wo
zuoberst, hocherhaben ein weisses Gebäude thront. Auf der Rückseite setzt
sich die senkrechte Felswand fort und bald kann man einen eingehauenen Weg
erkennen, wo man mit 656 Stufen die ganze Höhe der Wand überwinden kann.
Schon beginne ich mir wegen Edith Sorgen zu machen, bis ich den Höhleneingang
am Ende der Treppe, direkt auf Meereshöhe entdecke. Wahrscheinlich ist hier
schon bei geringstem Wellengang ein Landen mit einem Schiff unmöglich und dann
muss man wohl den unbequemeren Weg von der andern Seite der Insel her nehmen. Wir
werden von einem Höhlenführer mit angeschnalltem Mikrofon an der Wange in
Empfang genommen. Detlef empfiehlt uns noch, erst auf dem Rückweg zu
fotografieren, damit man die Führung nicht aufhält. Also darf man
wenigstens!
Schon nach den ersten Metern bin ich wie hypnotisiert. Höhlen jeglicher Art
haben es mir angetan. Ich habe schon mal erklärt, dass ich nächsten
Leben bestimmt Höhlenforscher werde. Natürlich kann ich nicht warten,
bis wir zurückkommen.
Während der Guide viel Interessantes über die Höhle und deren
Entdeckung berichtet, lasse ich meine Kamera mit dem Selbstauslöser,
aufgestützt auf den Pfosten, an denen das Absperrseil angebracht ist, ihre
Bilder schiessen. Obwohl er jetzt behauptet, draussen sei ‚fotografieren
verboten' angeschrieben, leuchten dauernd unzählige Blitzlichter auf. Das
habe ich nun wirklich nicht gesehen und nun stehe ich einfach zu weit von ihm
entfernt, als dass ich es gehört hätte. Dabei überträgt sein
Mikrofon alles auf unzählige versteckt angebrachte Lautsprecher und er
erzählt alles auf Italienisch, Englisch und Deutsch. Man kommt durch riesige
Tropfsteinhallen und staunt über die enormen, bis zu dreissig Meter hohen
Tropfsteinsäulen und fabulösen Gestalten. Zauberhaft sieht das Ganze
auch aus, weil sich die bizarren Formen auf einer absolut ruhigen
Wasserfläche widerspiegeln, weil die Höhle auf Meereshöhe liegt.
Da muss ich einfach ein paar Fotos machen, allein schon für meinen Bericht.
Natürlich hüte ich mich pedantisch davor, die Stalagmiten zu
berühren, denn das hätte sich auf meiner Haut eingebrannt und wäre
mein Leben lang nicht mehr ausgegangen. Das hat er auch gesagt und da stand ich
näher und habe es gehört!!!
Ausserdem haben sie draussen für den Treppenzugang jahrelang mit Dynamit
gesprengt und haben früher täglich tausende von Kerzen angezündet,
um die ganze Pracht zu beleuchten. Die Russspuren sind noch überall deutlich
zu erkennen und nun soll ein Foto zu machen, schädlich sein. Der kann mir
mal. Der Steg führt einen aufwärts weiter, wie über eine Galerie
und auf dem Rückweg muss man sich doch sehr bücken, dass man mit dem
Kopf nicht gegen die Stalaktiten stösst. Ich bin wieder mal ganz
überwältigt.
Draussen in der Mittagssonne hat unser Schiff gewartet und nun will uns der
Kapitän noch eine weitere Sensation zeigen. Er umrundet die hinter dem
Riesen liegende Insel, welche die Form einer Schildkröte hat. Auch dieser
riesige Felsbrocken hat geheimnisvolle Löcher und Höhlen. Durch eine
kann man sogar durch die ganze Insel hindurch fahren. Sie ist aber von einem
besonderen Geist bewohnt. Langsam fährt das Schiff in den Höhleneingang
und von einer ganz bestimmten Position aus kann man den Wächter genau
erkennen. Ein Felsvorsprung in der Höhlenwand zeigt im Gegenlicht ein
markantes Profil eines dunklen Piraten. Eingefangen habe ich ihn, aber leider
nicht verstanden, um wen es sich handelt. Für die Isländer wäre
das bestimmt der Schildkröten-Troll.
Um die Mittagszeit ist unser Schiff wieder zurück im Hafen von Alghero. Der
Nachmittag steht zur freien Verfügung. Der Wunsch wurde kundgetan, noch
einen Blick auf den Markt zu werfen. Die Sonne scheint in den Innenhof der
offenen Markthalle auf den bunten Gemüsemärt. Erntefrische Trauben und
Feigen verlocken zum Konsum, da man die Sachen direkt am Brunnen waschen kann.
Unser Bauch schreit trotzdem noch nach einem feinen Fisch in einem entsprechend
gemütlichen Beizlein. Auch da kann uns Detlef dienen, ehe er entschwindet.
In einem steingewölbten Grotto lassen wir uns Fisch, Fischsuppe und Muscheln
schmecken. Edith behauptet zwar, Fisch stinke, aber trotzdem setzt sie sich mutig
zu uns an den Tisch. Die Katalanen machen nämlich gute Auberginen und
schliesslich die berühmte Crème Catalane. Durch einen blöden
Umstand sind wir doch damals in Mallorca um diese Spezialität herumgekommen
und seither nimmt mich immer noch wunder, wie diese mit dem Flammenwerfer
bearbeitete Köstlichkeit schmeckt. Das Versucherli aus Ediths Teller
lässt mich schwer bereuen, dass ich nicht auch eine bestellt habe. Sowas
Herrliches, Luftiges, das einem voll Wonne auf der Zunge zergeht. Aber ich habe
wirklich einewäg schon zuviel gegessen. Vielleicht gibt's heute noch einen
kleinen Nachtspaziergang.
Mühelos finden wir den Laden für einheimische Erzeugnisse, aber obwohl
halb vier Uhr ist, und eigentlich geöffnet sein sollte, ist kein Bein
zusehen, welches uns was verkaufen möchte. Weil wir mit Edith auf den Bus
möchten, der extra um vier Uhr ins Hotel zurückfährt, geben wir
die Warterei auf. Zuhause lockt der kühlende Pool. Nachher reicht die Zeit
noch lange, um den Weg dem Strand und dem Hafen entlang nochmals unter die
Füsse zu nehmen. Die Hafenpromenade besteht aus einer breiten Allee von
mächtig dicken und grossen Dattelpalmen. Nur für die Fussgänger.
Die Autos haben ihre Spur links und rechts davon und eher kopfschüttelnd
staunt man über den Bürgermeister, welcher sich mit der Illumination
ein Denkmal setzen wollte. Überdimensionierte Beleuchtungsmasten und
Strassenlampen in auffallend engem Abstand, dazu ausserdem noch Lichterketten,
man höre und staune, immerhin mit Stromsparlampen ausgerüstet, lassen
bestimmt diesen Winkel der Stadt des Nachts taghell erstrahlen. Es kommt einem
der Verdacht, dass der Chef der Stadt Aktien hat beim EW.
Der Laden ist jetzt offen und der Käse duftet schon weit auf die Strasse
hinaus. Vom Käse in verschiedenen Reifegraden, Trockenfleisch und Coppa oder
Mortadella gibt's Versucherli. Aber auch das Olivenöl darf man probieren.
Dazu leert der Verkäufer ein bisschen davon auf ein Stück Fladenbrot,
dem Carasau, welches man auch hier bekommen kann und gestikuliert, dass man ja
nur das Öl abschlürfen soll, um sich ein Urteil zu bilden. Marlis ist
begeistert und nimmt grad einen 3-Liter Kanister, also kann ich ruhig auch
zugreifen. Ein Liter reicht mir, mehr bringe ich nicht in meinen Koffer.
Dafür muss ich noch ein Stück von dem Peccorino haben, zum
Probieren.
Beim Frühstück mussten wir heute bereits auf einem Zettel das
Nachtessen auswählen. In Anbetracht dessen, dass man sich allein mit dem
Vorspeisenbüffet den Bauch randvoll schlagen könnte und der
Schwertfisch mit einem Sternchen bezeichnet war, haben Marlis und ich uns nur ein
Omelett bestellt. Zum Glück, das Sternchen heisst Tiefkühlprodukt und
scheint tatsächlich kein Hit zu sein. Ursi lässt ihren Fisch wieder
zurückgehen. Unglücklich darüber, dass er nicht geschmeckt hat,
will der Chef, der selber beim Abräumen hilft, sie mit einem
Käsedessert trösten, aber Ursi lehnt auch ab. "Natürlich -" ruft
Marlis ihm nach, "diese Dame hätte schon gerne einen Käse zum Dessert!"
Schliesslich haben wir unseren Wein noch nicht ausgetrunken. Das hat er gut
gecheckt, denn schon kommt er wieder mit etwa sechs Stück Käse auf
einem Teller, garniert mit einem Salatblatt und einer halben Tomate. Dann holt er
noch das Besteck und legt schön drei Gabeln in alle Richtungen auf den
Teller. Es ist wirklich ein hervorragender Peccorino, sogar noch besser als der,
den ich vorhin probiert und gekauft habe. Der ist allerdings etwas reifer und
härter. Trotzdem schlagen wir aber unser bestelltes Dessert nicht aus. Aber
die Crème Catalane in der Stadt lassen wir heute vernünftigerweise
vielleicht doch lieber bleiben.
zum vorherigen Tag | Montag, 1. Oktober 2007 | zum nächsten Tag |