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Vielleicht ist es, weil wir auf dem Wasser dahingleiten, dass uns der Morgen zuerst mal etwas neblig erscheint. Der erste Blick aus dem Fenster präsentiert uns gerade die Kulisse eines riesigen Schlosses. Wir müssen Aschaffenburg erreicht haben, denn auf unserem Programm steht die Besichtigung eines Schlosses. Der Ausflug beginnt schon um halb Neun. Wir müssen die im Ladegerät steckenden Audiogeräte mitnehmen und unbedingt die Landgangkarte. Nach Zimmernummer sortiert ist beim Ausgang für jede Person ein kreditkartengrosser Batch an eine Magnettafel geheftet, welchen man bei jedem Verlassen des Schiffes mitnehmen und beim Zurückkommen wieder an seinen Platz hängen muss. So kann kontrolliert werden, ob alle Ausflügler wieder zurück an Bord gekommen sind und das Schiff dann abfahren kann. Um die Leute bei den Stadtführungen in einigermassen gleichgrosse Gruppen einzuteilen, haben die Audiogeräte fünf verschiedene Kanäle, die eingestellt sind. Alle Stadtführer sind am Landungssteg erschienen, um uns in Empfang zu nehmen und mit uns die Stadt zu erkunden. Jeder von ihnen bekommt ein rotes Sendegerät und bald hat jeder das Grüppchen, welches seine Stimme hört, um sich versammelt. Zu Fuss geht's nun zum nahegelegenen Stadtzentrum. Während unsere Führerin, wie es scheint, vor sich hin babbelt und von früheren Hexenjagden erzählt, kann man sich mit dem Knopf im Ohr in aller Ruhe die schönen Fachwerkhäuser beschauen und auch ungestört ein paar Schritte zurückbleiben, um zu fotografieren. Man bekommt bestens mit, was es alles Interessantes über die Stadt und seine Leute zu erzählen gibt. Ohne dass ich mich wie sonst immer, möglichst nahe an einen Führer drängeln muss, damit ich verstehen kann, was er sagt, kann ich mir nun während den Erklärungen die geniale Sonnenuhr von allen möglichen Seiten anschauen, welche auf dem grossen Theaterplatz mit ihrem Schattenwurf die wahre Ortszeit von Aschaffenburg anzeigen könnte, so denn die Sonne scheinen würde. Das heisst, sie scheint zwar schon, aber es ist noch zu früh, als dass sie ihre Strahlen über die Dächer der Häuser werfen könnte, welche sich eng um den grossen Platz drängeln. Ob es dann auch funktionieren würde, bezweifle ich fast, denn die Zeichen und Linien verlieren sich auf dem grossen Platz, jedenfalls finde ich nirgends eine Perspektive, die ein Bild dieser Sonnenuhr mit meiner Kamera festhalten könnte, die etwas zu diesem gigantischen Ding aussagen würde.
Natürlich müssen wir auch die Stiftsbasilika gesehen haben, zwar nur von aussen, mit dem Brunnen auf dem Vorplatz und vor allem dem schönen Fachwerkhaus an der Ecke.

Schloss Johannisburg in Aschaffenburg der ganze Platz ist eine Sonnenuhr Stiftsbasilika in Aschaffenburg Schlappe-Seppl-Bier in jeder Kneipe

So kommen wir auch zum Schloss Johannisburg, welches uns am frühen Morgen bereits begrüsst hat, aber es ist nicht dieses Schloss, das wir heute besuchen werden. Hier drin befindet sich das Städtische Schlossmuseum und für uns gibt's lediglich einen Blick in seinen Innenhof und einen anderen von seiner Gartenterrasse, von wo man hinüber zum Pompejanum sehen kann, welches Ludwig I nach dem Vorbild einer Villa aus Pompej als Anschauungsobjekt zum Studium der antiken Kultur errichtet hat. Man kann von hier auch die grosse Schlaufe des Mains überblicken, auf welchem wir dahergeschippert kamen.
Zur Schlossbesichtigung geht's erst jetzt und dazu müssen wir in den Spessart fahren. Udo, ein neuer Führer wartet schon am Schlossplatz, wo eben alles mit Marktständen überstellt wird, so dass unsere drei bestellten Busse Mühe haben, uns aufzugabeln. Unterwegs klärt uns Udo über die Gefährlichkeit des Spessartwaldes auf und dass hier eine so mausarme Landesgegend war, so dass sich die Leute durch Räubereien durchs Leben schlagen mussten. Unser Weg führt uns ein gutes Stück durch diesen Wald, in welchem wir wegen Udos Erzählungen bald hinter jedem Baumstamm einen Wegelagerer oder Hotzenplotz zu sehen wähnen, bis wir nach einer guten halben Stunde unbeschadet zum märchenhaften Wasserschloss Mespelbrunn kommen.

Eckstein am Arbeitsgerichtshaus die Gartenterrasse beim Schlossmuseum Markt-Zeit märchenhaftes Wasserschloss Mespelbrunn der beste Standort für's Foto?

Wohl wegen den Räubern, die in dieser Gegend hausten, wurde dieser Gutsbesitz befestigt und ist seit fünfhundert Jahren Familiensitz der gräflichen Echter und Ingelheim. Ahnengalerien klären uns lückenlos über die Generationen auf und nun wissen wir, dass die Erbin des letzten Grafen, Albrecht von Ingelheim, der 2006 gestorben ist, seine älteste Tochter Marie Antoinette, Reichsgräfin von Ingelheim, genannt Echterin von und zu Mespelbrunn ist und die das Familienanwesen Schloss Mespelbrunn heute noch verwaltet.
Schon unterwegs wollte uns Udo auf märchenhafte Fotos des Wasserschlosses glustig machen und er zeigt uns auch, von welchem Platz aus es die besten Selfies gibt, oder er würde sich auch als Knipser betätigen, aber irgendwie passt mir das ganze doch nicht so recht, die Sonne macht mir zuviel Gegenlicht.
In die modernere Geschichte eingegangen ist dieses Wasserschloss auch durch den Film "Das Wirtshaus im Spessart" mit Liselotte Pulver. Das Hotel Post, eben diese Wirtschaft liegt auch an unserem Weg und auch als Kulisse im Film diente das Städtchen Miltenberg, unseres nächsten Ausflugsziels für heute Abend. Den Film habe ich noch nie gesehen und ich werde mich wohl bemühen müssen, diese Bildungslücke mal zu schliessen.

weiter geht's mit der Edelweiss schäumende Gischt in der Schleuse getroffen! zuschauen beim Schleusen ist spannend die Werft, welche Schrauben repariert

Mainaufwärts geht's weiter der Grenze des Spessarts entlang, wo die leicht hügeligen Ufer dem Main nicht nur ihren Räuberwald, sondern auch ihre Sonnenseite mit vielen Rebhängen zuwenden. Herrschaftssitze und Ruinen alter Burgen ziehen langsam vorbei, die Bayrische Schiffbaugesellschaft mit Kranen und ein auf Schienen aus dem Wasser gehobenes Transportschiff vor dem Gebäude und dazwischen immer wieder Schleusen, die uns zwischen zwei Toren wie in einer Badewanne, die man voll laufen lässt, jeweils eine Etage höher auf dem Main wieder entlassen.
Das Nachtessen wird heute etwas früher serviert, weil nochmals ein Stadtrundgang auf dem Programm steht. Es ist eben am Einnachten, als wir in Miltenberg anlegen, wo wir wiederum von Stadtführerinnen in Empfang genommen werden.

zusammengekoppelte Lastkähne Klingenberg Gasthaus zum Riesen Marktplatz in Miltenberg Nach dem nächtlichen Ausgang

Der nächtliche Spaziergang durch die Gassen zwischen all den schönen Fachwerkhäusern hat seinen besonderen Reiz. Mir war eigentlich gar nicht bewusst, dass Deutschland noch so viele wunderbare alte Städtchen aufzuweisen hat, welche nicht im Krieg zerstört worden sind. Stolz zeigt man uns das Gasthaus zum Riesen aus dem Jahr 1590, das durch Jahrhunderte Trinkstube des Adels, der Könige und Fürsten war und in seiner Form das älteste Wirtshaus Deutschlands sei. Als malerische Kulisse bestimmt auch für Filme wie das Wirtshaus im Spessart prädestiniert. Am Schluss der Führung kommen wir zum Marktplatz, welcher mit seinem grossen Sandstein-Brunnen inmitten all seiner schmucken Riegelhäuser, die ihn umrahmen und von der Burg aus der Höhe überwacht wird, auch in der Nacht noch bewundernswert und eindrücklich wirkt.
Irgendwie haben wir nun zum Schluss noch den Rest unserer Gruppe verloren und suchen uns den Weg zurück zum Schiff mit Abstechern unter anderem zum Tor auf der Mainbrücke zwecks nächtlichem Überblick über die Altstadt, der Mildenburg drüben am Berg und unsere Schiffsanlegestelle unten am Main und sind trotzdem noch lange vor Abfahrt wieder an Bord und träumen dem neuen Tag entgegen.


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