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Wieder verhüllen morgendliche Nebelschleier die nähere und weitere oder jedenfalls höhere Aussicht von unserem Schiff aus. Wir sind erwacht ob einem ungewöhnlichen Krach, der das Schiff heute macht. Die Maschine klopft und vibriert, doch bald beruhigt sich wieder alles. Nach dem Frühstück sind wir gebeten, im Salon zu erscheinen, um neue Informationen des Kapitäns erhalten. Ein bisschen zerknirscht erzählt er uns, dass es heute Morgen in einer Schleuse etwas geknirscht habe. Es gibt Schleusen, wo man höllisch aufpassen muss, weil deren Seitenwände unter dem Wasserspiegel etwas abgeschrägt sind und um einem zweiten Schiff in der Schleuse noch etwas Platz zu machen, sind wir selber nun irgendwo aufgesessen und was uns heute geweckt hat, war unsere linke Schraube. Man kann im Moment noch nicht sagen, wie schlimm der Schaden ist. Man musste sie ausschalten und wir fahren nun nur noch mit einer Maschine. Das heisst also, halbe Kraft voraus. Es läuft immer noch ruhig, aber halt etwas langsamer.
Gegen halb zwölf, anstatt wie laut Fahrplan um 10 Uhr, erreichen wir Lohr, wo wir wiederum von einer Brigade von Stadtführern erwartet werden. Unsere Führerin ist sichtlich aufgeregt, weil sie zum ersten Mal ein Audiogerät benützt. Sie schnallt das noch nicht so gut und kann es nicht unterlassen ihren Schirm in der Luft zu schwenken, damit man sie sieht und merkt auch nicht, dass sie die Pausen, während denen man von der Fischergasse über pflastersteinbesetzte Gässchen und Gassen an den schönen Altstadthäusern vorbei zum Bayersturm schreitet, mit Allgemeininformationen über Lohr ausfüllen könnte. Darum werden wir auch Zeuge ihres Anrufs an ihren Liebsten, dass sie heute später zum Kochen heimkommt, weil die angekündigte Gruppe so viel später angekommen ist.
Immerhin ist sie stolz, uns erklären zu können, dass man herausgefunden hat, dass Schneewittchen eine Lohrerin war. Zweifelsfrei im Schloss zu Lohr geboren, wo man im Museum den sprechenden Spiegel neben Räuberutensilien aus dem Spessart bestaunen kann. Man wollte mit einer Skulptur in jüngster Zeit dieses Schneewittchen in der Stadt ins rechte Licht rücken, aber über die Resultate eines Künstlerwettbewerbs sind im Moment die Bürger unter sich sehr zerstritten und ich kann beim Schloss nur ein vorläufig allgemein toleriertes Schneewittchen mit seinen sieben Zwergen auf meinem Chip einfangen. Dann müssen wir uns beeilen, um zum Mittagessen wieder aufs Schiff zu kommen.
Vielleicht zum Trost oder weil wir gemotzt haben, wird das Sonnendeck wieder
aufgebaut. Ruedi meint, er habe einen mit 3 Streifen gesehen, Liegestühle
aufzustellen. Sei sicher seine Strafe, weil er auf Grund gefahren sei. Aber
eigentlich ist es so, dass hier alle mithelfen das Schiffchen zu steuern, habe er
nun drei goldene Streifen am Ärmel oder nicht.
Es ist wunderbar warm geworden und während wir auf Oberdeck nochmals Sonne
tanken können, zieht das Schiff ruhig an friedlich dahinträumenden
Dörfern vorbei. Der Main macht jetzt eine grosse Schlaufe von fast 180 Grad
und unser Kurs führt uns nun wieder in südlicher Richtung an Rebbergen
vorbei gegen Karlstadt, wo wir pünktlich ankommen. Auf einem Felssporn hoch
über dem Main hebt sich die Ruine Karlsburg gegen den Himmel ab, durch deren
garstige Fensterlöcher die Sonne eben ihre letzten Strahlen auf die Stadt
hinunter schickt. Vier Führer nehmen uns auch hier in Empfang und zeigen uns
grosso modo, was wir alles im Detail schauen könnten, wenn wir uns
entschliessen würden, mal in Karlstadt Ferien zu machen, in einer
romantischen, fränkischen Kleinstadt mit kunstvollen Fachwerkfassaden der
stolzen Bürgerhäuser und einem historischen Rathaus von 1422.
Beim Eichamt müssen zwei aus unserer Gruppe den Eid des Schröters
ablegen, der da lautet: Ich will meinem Eichamte und Schrotamte laut aufgerichter
Ordnung fleissig nachkommen, den Eicheimer in guter Verwahrung behalten und beim
Aufschroten und Aufladen mich nicht übertrinken. So wahr mir Gott helfe und
sein heilig Wort!
In der Pfarrkirche St. Andreas finde ich gleich zwei neue San Gieris, die Nummer 45
und 46 und einen Heiligen Sebastian, die Nummer acht in meiner Sammlung und etwas
weiter an einem Haus gleich noch einen weiteren St. Georg aus rotem Sandstein.
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