zum vorherigen Tag 1. Oktober 2014 zum nächsten Tag

Der Morgen ist wieder etwas neblig, aber es scheint sich aufzuhellen. Geruhsam und langsam gleiten wir flussabwärts und dann legen wir bei Colllenberg am Ufer an. Ein Segelmast bei Kilometer 136.4, hätte der da vielleicht eine Schraube feil? Aber ein Sanitätsauto lähmt sämtliche makabren Gedanken. Mit Blaulicht kommt es an und bleibt und bleibt. Irgendwann geht es weiter. Grässliche Erinnerungen kommen hoch, aber dann ist doch beruhigend zu hören, dass ein Mann noch selber ausgestiegen sei und von seiner Frau begleitet wurde. Also muss er hier irgendwo noch ärztlich weiter versorgt werden, dieweil wir weiter mainabwärts gondeln.
Die grünen Ufer sind gesäumt von malerischen Bäumen und Büschen. Kormorane trocknen ihr Gefieder in der Sonne und auf staksigen, langen Beinen lauern die Reiher meist bei kleinen Inselchen an Ufernähe oder auf den ausladenden Ästen der Weiden auf ihr Futter. Gerne hätte ich einen auf dem Bild, der im Flug seinen Spiegelschatten aufs Wasser wirft, ich habe jedoch auch heute keinen Erfolg. Wertheim zieht vorbei, dann Miltenberg mit seiner Mildenburg und dem Brückentor zur Mainbrücke, wo wir am Sonntagabend waren. Irgendwo wieder ein Kilometerstein mit einem Segelmast. Am Uferweg ein Paar, der Mann sieht aus, als ob er im Morgenmantel wäre. Sie fixieren unser Schiff und wir fahren an den Landungsquai und unsere Mannschaft ist bemüht, abermals mit dem Kran den Landungssteg zu montieren. Nun sieht man es richtig, der Mann ist tatsächlich im Morgenrock oder Bademantel und im Pyjama. Es ist der Passagier, der am Vormittag mit dem Krankenauto abgeholt wurde. Das Hosenbein ist noch voller Blut. Er muss gestürzt sein und wahrscheinlich musste seine Wunde genäht werden. Nun sind die beiden wohl per Taxi hierher nach Wörth gekommen und er muss sich jetzt in Windeseile anziehen und nachher mit uns im Bus nach Wertheim kommen.

Schleuse um Schleuse Graureiher Mainbrücke mit Tor in Miltenberg Miltenberg und Mildenburg by day Anlanden in Wörth

Während das Schiff hier in die Werft muss, darf niemand an Bord bleiben. Die ersten Passagiere gehen nun von Bord und folgen einem Buschauffeur, der uns abholen kommt. Im Ort warten vier Busse und die Aufteilung wurde bereits allen eingetrichtert. Also erstürmen wir Bus 2. Unser Patient hat gerade den Sitz vor uns und die Beiden bekommen von unserem Chauffeur ein Lunchpaket ausgehändigt. Auch daran musste Ursula Müller denken. Wir beneiden sie überhaupt nicht, um ihren zusätzlichen Organisationsjob, der sie seit der Havarie in Trab gehalten hat. Es war nicht mal einfach, vier Busse so unvermittelt aufzutreiben. Dann musste die Reederei eine Ersatzschraube nach Wörth beordern. Das hat nun aber geklappt, wir haben sie dort drüben liegen sehen, bei den schrägen Schienen, auf welche unser Schiff nun gehoben werden wird. Am liebsten wäre ich gwundrig dageblieben um zuzuschauen, aber wir müssen nun wieder eine ganze Stunde zurückfahren, Main aufwärts nach Wertheim. Laut Programm hätten wir am Morgen dort angelegt und einen Stadtrundgang gemacht, aber wahrscheinlich war das Mittagessen der Grund, warum wir bis Wörth mitfahren mussten. So sind wir nun gut verpflegt und das Schiff hat ein paar Stunden, um verarztet zu werden.
Erstaunlich, wie auch dieses Städtchen Wertheim einen alten Stadtkern aufweisen kann. Ob sie wohl alles wieder rekonstruiert haben, was im Krieg kaputt ging. Vielleicht sind ja auch gar nicht alle Städtchen so zerstört worden, wie ich mir das vorstelle. Hochwassermarken an vielen Häusern auch hier, so wie wir diese bis jetzt auf allen Stadtrundgängen gesehen haben. Die Altstadt Wertheim ist von Tauber und Main umgeben und mit Hochwasser ab und zu muss man leben. Man schützt mit Stahl- oder Holzplatten die Schaufenster, aber dies nützt manchmal auch nichts, also flutet man von innen mit sauberem Wasser, so richtet es lange nicht soviel Schaden an, wie der Schlamm.

über den höheren Landungssteg in der Werft liegt die neue Schraube bereit Städtchen Wertheim Blick hinauf zur Burg beim Grafschafts-Museum

Unsere Führerin erzählt und zeigt uns viel Wissenswertes und Schönes in diesem ansprechenden Städtchen und In der Kirche lerne ich, wie Männer oder Fürsten ihre Macht mit dem Fuss auf dem Löwen demonstrieren, die Frauen hingegen ihre Treue mit dem Fuss auf einem Hundekopf.
Im Glasmuseum haben sie uns eigentlich heute Morgen erwartet, aber wir werden doch noch vor Museumsschluss durch die Exponate geführt. Ein Glasbläser gibt uns Einblick in sein Metier und vor unseren Augen entsteht im Feuer aus einem Klumpen Glas für einen Gast ein lustiger Kugelfisch.

sie gehören zum Alltag Engelsbrunnen unterwegs zum Glasmuseum Einblick ins Handwerk Kunstwerke von Jacky Teuchert-Rimkus

Im Nebenhaus kann man eine Sonderausstellung von Jacky Teuchert-Rimkus bewundern. Eine große Zahl an Motiven, Formen und Verarbeitungstechniken macht die Vielfältigkeit der Künstlerin deutlich.
Zum Schluss reicht es auf dem Marktplatz noch für ein Käffeli, wo uns überraschenderweise Udo, jener mit den Räubergeschichten vom Sonntag, nochmals begegnet und der heute einer kleinen Touristengruppe Wertheim zeigt.
Langsam versammeln sich vor den Toren der Stadt alle 150 oder mehr Leute, die auf die Busse warten - und warten. Ursula ist schon ganz nervös und versucht verzweifelt, irgendjemanden von der Firma Ehrlich Reisen ans Telefon zu bekommen. Eine Viertelstunde später erscheinen die vollbesetzten Busse, entlassen ihre Passagiere und nehmen die neuen an Bord. Zum 4. Mal die Strecke Wertheim - Wörth nun zurück. Über Land ergänzt die Sicht jene vom Schiff aus in einer erweiterten Perspektive. Das Schiff ist wieder am Landungssteg und von aussen kann man emsiges Treiben in der Küche ausmachen. Sie sind bereit fürs Nachtessen. Man hat nicht noch lange Zeit zum Fackeln, sprich stylen. Eine beruhigende und positive Durchsage vom Käpten stillt unseren Gwunder. Fast mit einem Achselzucken meint er, es sei eine Kleinigkeit gewesen. Ja, wenn man konkret sagen kann, was sein muss, kann man sich darauf einstellen und entsprechend vorbereiten.

vor unsern Augen angefertigt Udo vom Spessart ist auch da Warten auf die Busse Blick in die Küche Gewinn der Tombola-Lose

Bald legen wir ab und mit beiden Schrauben angetrieben, können wir den Rest der Reise nun wieder geniessen. Nach dem Nachtessen, heute gab's Bäremani (Barramundi, den interessanten Transvestitenfisch, den ich von Australien her kenne), lädt uns der Käpten ein: in der Bar ist bis 10.30 Uhr alles frei, Cocktail oder was immer man will.
Mit Foto bewaffnet finde ich mich dort zu einem Marillen ein. Ruedi hat heute Tombola Lose gekauft und da muss ich doch ein Beweisbild haben, wenn Ruth die Tasche aus der Bordboutique abholt. Dezent zur Barmusik aus Fifties und Sixties mit Boogie-Woogie und so, sollte auch getanzt sein. Immerhin hat die Dame ihre Wette gewonnen und sie kann mindestens zweimal ihr Tanzbein schwingen, wenn nicht mit denen die darum gewettet haben, so doch mit Frauen, welche sich ihrer erbarmt haben. Hätte ich auch nur ein klein wenig mehr Talent in Sachen Tanzen, ich hätte es auch gemacht.

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