Ich glaube, ich hab ihn, meinen Jet Lag, denn ich erwache erst um acht Uhr. Aber es
ist auch Regenwetter. Mein Konterfei sieht heute noch schlimmer aus im Spiegel.
Meine Augenlider sind ganz geschwollen.
Gemütlich machen wir uns auf den Weg ans Ende der Fenton-Strasse, wo die
schwefligen Dampf- und Nebelschwaden aufsteigen.
Die 50$ für den Entritt beinhalten eine Führung, um 12 Uhr ein Konzert,
Maiskolben im brodelnden Wasser gekocht und einen Regenschutz. Aus der Führung
klinken wir uns bald aus, wir verstehen den Guide zuwenig und weil es begonnen hat
zu regnen, vertrödeln wir die Zeit im Museum, bis das Konzert beginnt. Aus dem
gleichen Grund findet das Konzert auch im Wharenu, dem Versammlungshaus statt. Es
ist das grösste von drei mit reichen Schnitzereien ausgestatten
Maori-Häusern. Da Versammlungshäuser eigentlich heilige Orte sind, weil
sie den Vorahnen symbolisieren, indem der Firstbalken den Rücken bildet und
die Sparren die Rippen, muss man respektvoll die Schuhe draussen ausziehen. Und wir
sind vorher beim Herumtrödeln mit den Schuhen drin gewesen und haben
ungestört Fotos gemacht! Jetzt flieht aber René und will nicht ans
Konzert kommen. So komme ich halt allein in den Genuss einer
dreiviertelstündigen Touristen-Vorführung von Maori-Tänzen, wo sich
die jungen Krieger mit einem Speer in der Hand, Augen rollend und Zunge
rausstreckend bedrohlich auf ihre nackten Oberkörper schlagen. René hat
draussen unter einem schützenden Dach das Konzert natürlich auch
mitbekommen. Er gesteht mir, dass er nicht reingekommen sei, weil er am Morgen
nicht frische Socken angezogen habe!
Eingehüllt in die Plastik-Pelerine, die wir an der Kasse erhalten haben,
machen wir uns also auf zur nächsten Attraktion. Auf dem Weg werden wir
begleitet von Schwefelgestank und Dampfschwaden, welche überall zwischen
Gestrüpp aus Boden und kleinen weissgelben Vulkanhäufchen aufsteigen. Auf
dem auf der Karte eingezeichneten Platz, wo's gratis Corn gibt, steht ein
schützendes Zeltdach, wo man ein Stück heissen, frisch gekochten
Maiskolben erhält. Eine Maorifrau macht eben eine neue Charge bereit und
verpackt eine Portion Maiskolben in einen geflochtenen Flaxbeutel. Den wirft sie
nun, befestigt an einem Galgen, in den sprudelnden Kochtopf. Etwa zwei Meter im
Durchmesser ist das Loch hier im Boden, aus welchem das Wasser sprudelt und dampft.
Wir machen weiter einen Rundspaziergang, wo wir an Info-Säulen per Knopfdruck
Erklärungen abrufen können und lernen, wie der Tui Vogel tönt und
dass die Pflanzen, die hier wachsen, nur breite Wurzeln machen können weil sie
sonst verbrennen. Auch dass die Einheimischen hier ihre Toten nicht begraben
können, sondern Erdaufschüttungen machen müssen, meine ich
verstanden zu haben. Ab und zu sind im Gebüsch geschnitzte Maoriskulpturen
versteckt. Endlich kommen wir zu den Mudpools, auf die ich so giggerig war. Das
Blubbern im grauen Schlamm ist so faszinierend, dass ich sicher hundert Fotos
mache, um einen zu erwischen, dessen Blase gerade am Explodieren ist. Und erst beim
Pohutu Geysir, dessen heisses Wasser der 30 Meter hohen Fontäne über
einen riesigen, gelbgrau gesprenkelten Sinterfelsen rieselt! Schwefliger Dampf und
Nebel hüllt einen manchmal völlig ein.
Um dem Schauspiel ein bisschen zuschauen zu können, setzen wir uns auf der
windabgekehrten Seite auf eine grosse Steinplatte, die zu diesem Zweck ein bisschen
auszementiert wurde. Sie ist so warm, dass man sich Hände und Hintern ganz
schön erwärmen kann. Ein paar Chinesen ergötzen sich köstlich,
denn ich habe mich auf einen Haarriss gesetzt und jucke ziemlich schnell, den
Hosenboden reibend, auf. Jetzt habe ich nicht nur den Kopf, sondern auch das andere
Ende verbrannt.
Eigentlich wollen wir mal versuchen, im Internet einen Blick in unsere Mailbox zu
werfen. Aber das vergessen wir schnell, denn hier im Hotel wollen sie 26$ für
die Stunde!