So komfortabel und gediegen sich das Hotel ja sonst gibt, ihre Anpreisung im
Prospekt darf man nicht wörtlich nehmen. Es heisst dort nämlich:
Geniessen sie den traumhaften Ausblick auf den Hafen.... Die Scheiben jedoch sind
sooo dreckig, dass man nicht mal sieht, wie das Wetter draussen ist. Bestimmt sind
die Fenster seit das Hotel steht, von aussen noch nie geputzt worden. Dafür
hat es im Bad einen beheizten Spiegel!
Es ist aber auch draussen heute wirklich grau, trüb und kalt. Ich hätte
nicht gedacht, dass ich in diesen Sommerferien mal richtig froh um meine Windjacke
bin. Es ist so richtiges Museums-Wetter. Das Te Papa Tongarewa Nationalmuseum wird
einem empfohlen und wirklich, es kann sogar mich, als Museumsmuffel begeistern. Man
lernt alles was Neuseeland ausmacht, die Maorikultur, Erdbeben, welches nun die
Kauri-Bäume, oder was eben Gegenwartsfossilien sind. Die unzähligen
überfahrenen Possums nämlich, welchen wir auf unserem Weg schon begegnet
sind. Ihr Leichengift mache den Asphalt weich und die Reste werden plattgewalzt,
fossilartig konserviert.
Dann schlendern wir noch durch die City zurück Richtung Regierungsviertel und
begegnen in einer Seitengasse John Plimmer, einem Stadtvater. In Bronze gegossen,
spaziert er mit Zylinder und Hund in Lebensgrösse durch seine von ihm
gegründete Stadt.
Das Old Governement Building, so behauptet mein Polyglott, sei aus Kauriholz gebaut
und der zweitgrösste Holzbau der Welt. Heute ist ein Teil der Universität
darin untergebracht, jedoch lässt seine weiss gestrichene Fassade eher auf
einen Steinbau, als eine Holzkonstruktion schliessen. Eine Informationstafel
lässt uns aber wissen, dass in den Jahren um 1876 eine Million Fuss Kauriholz
zu dessen Bau verwendet wurde.
Ein im Jahre 1958 gepflanzter Kauri Baum zeigt mir nun aber endlich, wie diese Art
Bäume aussieht, an welchen man früher soviel Raubbau betrieben hat. 1,2
Millionen Hektar Kauri-Holz gab es um 1850 und übriggeblieben sind heute noch
gerade etwa 11'000.
Das heutige Regierungsgebäude ist nicht mehr aus Holz, sondern ein moderner,
runder Glas- und Betonbau. Beehive oder Bienenkorb sagt man ihm landläufig,
wegen seiner Form, nicht wegen der emsigen Arbeit im Innern. Auf seinem gepflegten
Rasen wird fotografiert. Auch ich soll von einer ganzen Gruppe Japanern ein Foto
machen mit dem markanten Hintergrund. Japaner machen bestimmt eben so viele Fotos
wie ich, aber dort müssen immer als Beweis, dass man dort war, lächelnde
oder auch grimasseschneidende Japaner mit im Bild sein.
Ein Blick in die nahe New St.Paul's Cathedral ist eigentlich nicht so
spektakulär, dafür nimmt mich das Innere der alten St.Paul's Kathedrale
wunder und wir nehmen sogar in Kauf, ein paar Minuten zu warten, bis die
Hochzeitsgesellschaft herauskommt. Es ist ein beeindruckendes Erlebnis, die auch
aus einheimischen Hölzern im neugotischen Stil erbaute Konstruktion aus den
Jahren um 1860 zu bewundern.
Auf dem Heimweg kommen wir am Bahnhof vorbei. Vielleicht kann man dort zu einem
Kaffee kommen. Züge sind glaub hier in Neuseeland nicht so sehr wichtig. Man
kommt zwar mit dem Zug von Wellington nach Auckland.
Auch von Gisborn her haben wir die Bahnlinie immer wieder gesehen. Einmal hat die
Eisenbahnbrücke ein ganzes Tal überspannt und ihre Gittermast-Pfeiler
haben sich sicher hundert Meter tief unten im Flussbett abgestützt, aber wenn
immer man die Geleise sah, machten die halb rostigen Schienen nicht den Eindruck
einer vielbefahrenen Strecke. Der Bahnhof ist allerdings schön neu renoviert,
auf einem Perron steht sogar ein Zug, aber zu einem Kaffee kommt man hier nicht,
ausser man will ihn im Stehen trinken. Hingegen ist Wellington wohl der einzige
Ort, von welchem man nach Hogwarts gelangen kann. Zwischen den Ausgängen zu
Gleis 5/6 und 7/8 ist Plattform 9 ¾ klar und eindeutig angeschrieben.
Eigentlich hätte ich probieren sollen, ob der Trick funktioniert, durch die
Mauer hindurch zu gehen.
Auf der Suche nach einem Kaffee sind wir nun schon wieder fast beim Hotel
angekommen und dort um die Ecke bietet ein Café die verschiedensten
Varianten an. Den Neuseeländischen Cappuccino habe ich nun kennen gelernt,
jedoch einen Moccaccino habe ich noch keinen gehabt. Dazu lassen wir uns jedes ein
Raspberrymuffin mit weisser Schoggi geben. Eins allein von diesen hätte
für uns beide gereicht. Der Moccaccino ist eine Mischung aus einem Drittel
Schokolade, einem zweiten Drittel Kaffee und einem weiteren Drittel
wohlpräpariertem Milchschaum. Das Ganze ist so sättigend, dass ich heute
getrost ohne Nachtessen schlafen gehen kann.