Samstag, 19. Januar 2008 |
zum vorherigen Tag | zu den einzelnen Reisetagen | zum nächsten Tag |
Das Frühstück geniessen wir nochmals auf dem Balkon. Fast wehmütig stimmt es, schon wieder abzureisen. Noch ein Eintrag ins Gästebuch und als Dankeschön drapiere ich auf der Bettdecke mit den Girlanden zwei grosse Herzen, wenn man es schon niemandem persönlich sagen kann. Zuerst fahren wir noch die ein, zwei Kilometer bis ganz zur Spitze der Landzunge, zu Scotts Landing. Wer immer dieser Scott war, der hier gelandet ist, er hat sich für seine Bleibe ein wunderschönes Plätzchen ausgesucht. Sein Haus neben drei mächtigen, uralten Bäumen ist, soviel ich begriffen habe, integriert in diesem geschützten, parkähnlichen Insel- und Wassergebiet. 'Mahurangi Regionalpark am Scotts Point' heisst es und seinen Besucher beschenkt es mit einem friedlichen, glücklichen Sonntagsgefühl. Oder ist heute nicht Sonntag? Ich habe den Bezug zum Normalschema schon ganz verloren und geniesse, was mir der Tag in den Schoss legt.
Auch in der Algies Bay, auf dem Rückweg, halten wir wegen des einsamen,
türkisfarbenen Meeres kurz an. Zurück bei Warkworth fädeln wir
wieder in den heavy Ferienverkehr Richtung Whangarei im Norden ein. An seiner Skala
kann man eher ablesen, dass heute Samstag sein muss. Erst nach etwa 50 Kilometern,
nachdem wir in den State Highway 12 abgezweigt sind, bessert es sich. Wir wechseln
an die einsamere Westküste hinüber, wo man durch letzte, noch bestehende
Kauriwälder kommt.
Die Cars vor dem Kauri Museum lassen uns zögern, hier einzutreten. In seinem
Souvenirladen finden wir jedoch den Prospekt eines Drechslers in Dargaville, dem
man in seiner Kauri Gallerie bei der Arbeit zusehen kann. Er ist ein richtiger
Künstler und wir finden diesen sympathisch aussehenden, weisshaarigen Mann in
seiner kleinen Boutique. Jetzt kann ich mir endlich ein Bild machen, von dem
wunderbaren Kauri Holz, das so seiden schimmert und eine so vielfältige
Maserierung aufweist. Gerne dürfen wir seine gedrechselten Kunstwerke
bestaunen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass mir schon mal eine Dose aus
solchem Holz begegnet ist. War sie wohl im Besitz der Mutter und die wir in
Unwissenheit dem Brockenhaus überlassen haben? Rick Taylor probiert uns etwas
über seine Arbeit zu erklären und ich staune nur, dass sein Holz zum Teil
mehr als 45 000 Jahre alt sein soll. Es sei in Sumpfland konserviertes Holz.
Erst jetzt beim Schreiben, begreife ich die Zusammenhänge richtig, weil ich bei Wikipedia herausfinde, dass Kauri-Holz heute generell geschützt ist und nur das "Swamp Kauri" , welches man aus alten Sümpfen ausgräbt, bearbeitet werden darf. Weil ich mich nicht getraut habe, in seinem Laden ein Foto von den herrlich schimmernden Sachen zu machen, habe ich jetzt von seiner Homepage das Bild von seinem sensationellen, gedrechselten Hut kopiert. Ich habe sogar seine Erlaubnis erhalten, dieses Bild in meinem Bericht zu verwenden.
|
Nebenan im Take Away gibt's Fish'n chips. Etwas Warmes wäre nicht schlecht.
Vom Wind etwas geschützt, warte ich am Bistrotischchen vor dem Laden auf mein
Mittagessen. Während René sich an einer Glacé festhält,
kann ich aus der Zeitung, welche meinen Pommes hätte warm geben sollen, neben
Börsendaten auch noch lesen, dass Ron und Elsi ihren 60. Hochzeitstag feiern
konnten und die ganze Geschichte, wie sie sich kennen gelernt und wo sie ihre
Hochzeitsferien verbracht haben.
Solche Sachen sind ja sicher hier wichtig. Was passiert denn schon in diesen
scheinbar unbewohnten Gegenden, welche wir durchfahren. Sie sind zwar
bewirtschaftet und nur ab und zu verrät mal ein Briefkasten am Weg, dass sie
doch besiedelt sind.
|
Dann durchwindet die Strasse in unendlich vielen, engen Kurven den Waipoua Forest,
da wo noch Kauri Bäume wachsen. Hier steht der grösste Kauri, den man
kennt. Die Maori nennen ihn 'Tane Mahuta' das heisst Gott des Waldes und er muss um
zweitausend Jahre alt sein. Nur etwa fünf Minuten entfernt von der Strasse
führt ein Weglein durch das geheimnisvolle Dickicht. Dort steht er -
majestätisch. Eine kleine Bresche wurde geschlagen, damit man einen besseren
Blick auf ihn werfen kann. Trotzdem kann man ihn nicht in seiner ganzen Grösse
von 51 Metern überschauen. Ein Zauber geht von ihm aus und seine Nähe
löst eine Hühnerhaut am meinem ganzen Körper aus und regelrechte
Tränen bahnen einem ehrfürchtigen Gefühl den Weg ins Freie. Und das
noch bevor ich die Geschichte in der Mythologie der Maori gelesen habe.
"Tane Mahuta, der Gott des Waldes, ist im Maori-Kosmos der Sohn von Rangi und Papa,
dem Himmelsvater und der Mutter Erde. Tane drückte seine Eltern auseinander,
die in Liebe eng umschlungen waren und damit die Erde in Finsternis ließen.
Dadurch brachte er Licht, Raum zwischen Himmel und Erde und Luft zum Atmen an die
Erde. Tane ist danach der Lebensbringer, alle lebenden Kreaturen sind seine
Kinder".
|
Sein Stammumfang misst 13,8 Meter und das Stammvolumen beträgt 244 m3. Auch
das liest man auf einer Tafel. Die Maori wollen aber von einem noch älteren
Kauri wissen, verschweigen aber wohlweislich dessen Standort, um ihn vor
Touristenströmen zu bewahren.
Dann verlassen wir den Wald wieder und kommen an den Hokianga Harbour. Das ist ein
tief ins Land hineingreifender, ziemlich verästelter Fjord oder Meeresarm oder
-busen oder wie immer man ein solches Gewässer bezeichnen kann. Eine
Fähre bietet die Möglichkeit, den Weg in den Norden etwas
abzukürzen. Der Himmel hat sich verdüstert und es ist kühl geworden.
Wir sind auch langsam müde und entschliessen uns deshalb für die
kürzere Variante.
Bei unserem Eintreffen, verlässt die Fähre eben den Hafen... In dieser
Stunde, welche wir nun warten müssten, haben wir aber den Umweg auch, also
fahren wir die kurze Stichstrasse wieder zurück zum Highway. René
meint, es sollte doch eine Verbindung geben, welche noch vor Ohaeawai zum HW1
abzweigt. Auf dem Routenplaner, welchen wir vom i-site haben, ist tatsächlich
eine weisse Nebenstrasse eingetragen. Wir finden diese auch problemlos, nur habe
ich wegen einer Sehenswürdigkeit, welche unterwegs eingezeichnet ist,
übersehen, dass diese Strasse ein Stück weit gestrichelt dargestellt ist.
Zurückfahren lohnt sich jetzt auch nicht mehr, also nehmen wir halt das
unasphaltierte Teilstück in Angriff. Die Wairere Boulders, eigenartige
Basaltkugeln oder -Formationen, eben die hiesige Sehenswürdigkeit, mögen
wir auch nicht mehr beschauen. Obwohl eigentlich praktisch kein Gegenverkehr
herrschte, hat die staubige Naturstrasse doch ziemlich gestresst. Dies alles noch
nach den Urwaldkurven. Das erste Mal, dass ich am ausrechnen bin, wie weit es noch
ist bis Taipa. Endlich ist Kaitaia. Es geht immer noch 40 km. Ein Zwischenhalt mit
einem Kaffee und René mit einer Glacé. Heute hat er noch nicht viel
anderes gegessen, wir haben auch keine grossen Alternativen gefunden und wir
plangen, bis wir am Ziel sind.
Das Taipa Bay Resort bietet eigentlich ein grosses Zimmer mit ganzer Kücheneinrichtung mitsamt Abwaschmaschine, vielleicht für Badeferien gut geeignet, aber wir können uns fassen. Eine grosse Guest-Laundry hat es auch, aber die wollen 6$ für eine Wäsche. Da bin ich gerade froh, dass ich das gestern erledigen konnte, da hätte ich sogar noch Waschpulver zur Verfügung gehabt! Wir sind wohl bereits recht verwöhnt. Auch im Restaurant bekommt man heute nichts zu essen, wegen einer geschlossener Gesellschaft. Dabei hätte ich jetzt Lust auf etwas Gutes. Die nächste Gelegenheit, etwas zu futtern zu kriegen, ist 10 Kilometer weiter in Mangonui. Nein - wir sind heute entschieden genug gefahren! Wie wär's mit Noodels? Dann könnte man für 4$ ins Internet, aber es gibt keinen USB-Anschluss. Draussen hat es zu nieseln begonnen. Gibt es noch mehr Unangenehmes von diesem Ort zu erzählen? Ich glaube wir sind einfach müde und verziehen uns bald ins Bett.
zum vorherigen Tag | zu den einzelnen Reisetagen | zum nächsten Tag |
Samstag, 19. Januar 2008 |