Die Sonne scheint noch nicht ins Zimmer, aber bis wir uns zum Bluff, dem
südlichsten Punkt, wo die Fähren nach Stewart Island ablegen, auf den Weg
machen, ist es doch schön warm. Ein Besuch hinüber auf diese
Naturschutzinsel haben wir uns zwar überlegt, die Wetterprognosen haben jedoch
eher Aussichten auf grüne Männchen bei der Überfahrt prophezeit.
Also haben wir uns erst mal nur für den Bluff entschieden. Der Begriff Bluff
wird im Englischen für eine Felsklippe verwendet, hat aber mit seiner
geologischen oder gar vulkanischen Entstehung zu tun. Eine steile Strasse
führt auf diesen Berg, wo man eine wunderbare Aussicht hinüber nach
Stewart Island hat, welche nur leicht mit Wolken bekränzt ist und auch das
Meer hat gar keine Rösslein.
Vom Fährhafen in Bluff fahren wir noch weiter bis zum Stirling Point. Dort ist
der Kehrplatz der Strasse und hier beginnt eigentlich der Highway 1, auf welchem
man durch ganz Neuseeland bis zuoberst an die Nordinsel kommt. Ein Wegweiser zeigt
an, dass es bis dort zum Cape Reinga 1401 km, zum Südpol 4810 und bis zum
Aequator 5133 Kilometer sei. Genau sind wir hier auf 46Grad 36Minuten 54Sekunden
südlicher Breite. Mich nimmt wunder, wo dies der nördlichen Breite etwa
entspricht. Also: es ist auf der Linie Cossonay, Bulle oder S-chanf. Die gleiche
Distanz wie zum Cape Reinga würde ungefähr auf den Breitengrad von Zypern
reichen.
Hier ist das Ufer voll von riesigen gelben Gumminudeln, welche sich
dichtgedrängt mit ihren Saugnäpfen mit einem Klebstoff-Sekret an den
Felsen bei der Wasserlinie verankert haben. (Herausgefunden: Ledertang oder
Bullkelp, eine der grössten Braunalgen) Es sieht aus wie gelbes Geweihfarn und
mit jeder Welle, die sich am Ufer überschlägt, schwappt das ganze
Gemüse auf die Felsen und wieder zurück ins Wasser. Zum Anfassen graust
es mich ein bisschen, aber damit ich sagen kann, dass sie etwa vier bis fünf
Meter lang und zehn bis zwanzig Zentimeter breit sind, muss ich doch eine
hochheben.
Im Restaurant hier an Lands End gibt's noch einen Cappuccino. Leider nur einen ganz
gewöhnlichen, nicht für die Sammlung. Dieser Brauch mit dem schönen
Schoggi- und Zimtverzierten Milchschaum scheint auf der Nordinsel üblicher zu
sein. In ihrem Gästebuch kann ich denen aber einen Eintrag für einen
excellenten Cheescake machen.
Was könnten wir heute noch für Stricke verreissen? Mich würde
eigentlich mal ein Bad im Meer glusten. Oreti Beach, westlich von Invercargill,
sieht nach einem Badestrand aus, wo man mit dem Auto sogar auf einer roten, also
geteerten Strasse bis zum Meer fahren kann. Wir holen Badkleid und Sonnenschutz im
Hotel. Wir finden einen unendlich weiten, flachen Strand, wo man einfach bis ganz
zum Wasser fährt. Das getrauen wir uns nun aber nicht, und wir lassen das Auto
auf dem geteerten Reststück stehen, welches noch nicht von Sand zugeweht
worden ist. Obwohl es heute fast heiss ist, geht hier am Wasser doch ein ziemlicher
Wind, welcher auch von Stewart Island leichtes Gewölk daherbringt.
Während René es nun doch vorzieht, lieber sandige Idyllen zu
fotografieren, kann ich nicht an mich halten, ich muss diese schönen Wellen
auskosten. Durch den flachen Strand sind sie nämlich gerade so, wie ich sie
liebe. Ein kleines Bisschen Herausforderung, aber nicht gefährlich.
Beim kleinen Seitensprung zum Flugplatz, welcher am Heimweg liegt, fallen wir
gerade auf und jemand meint, wir seien verloren gegangen. Dabei ist das doch gar
nicht möglich bei einem solch 'riesigen' Flugplatz, dessen
Flughafengebäude aus einem zweistöckigen Kontrollturm und einer niederen,
barackenähnlichen Abfertigungshalle besteht.
Eigentlich wäre ja wieder Zeit für eine Glacé. Ob man wohl im
Queenspark eine bekommt? Auch hier hat es nämlich einen Rosengarten. Auch
Tuataras, die Brückenechsen gibt es dort zusehen. Das seien die letzten
lebenden Dinosaurier. Wir finden ihr Gehege und staunen - Zwanzig Zentimeter lange
Dinosaurier!! Gehören denn die Basilisken auch zu den Dinosauriern? Die sehen
für mich etwa gleich aus, man könnte denen geradeso gut Miniatur-Drachen
sagen.
Dann finden wir im Park noch ein paar verblühte Rosen und eine friedliche
Sonntagsstimmung, aber keine Glacé oder Ähnliches. Wir machen wieder
die Runde durch das Städtchen wie gestern, aber auch heute haben wir nicht
viel mehr Erfolg. Dafür sind wir heute zum Glockenschlag beim Uhrwerk, welches
früher mal die Turmuhr an der Post war. Es ist das gleiche Geläute wie
bei Big Ben. Heute ist unser Hotel in jenem Postgebäude und das Uhrwerk
gesellt sich zu den Denkmälern und Monumenten hier unten auf öffentlichem
Stadtgrund.
Da auch heute ausser einem Take Away keine offenen Restaurants zu finden sind,
holen wir unser Dinner halt nochmals im Pack'n Save.