Donnerstag, 31. Januar 2008 |
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Nachdem wir beim Auschecken an der Rezeption diesmal noch zuerst die Schiffahrt zu bezahlen hatten, machen wir uns um halb zehn gemütlich auf die Weiterfahrt. Das Wetter wird wieder zunehmend schöner. Wir haben ja Zeit und halten das erste Mal bei einer Wilderness Scientific Reserve an, einer Pflanzengemeinschaft, welche die Zeit vergass. Man überblickt hier eine Einöde, wie ein riesiger gelber Teppich aus Moos und Flechten, mit Inseln aus niederem Gestrüpp und kleinen Büschen. Ein Stück Naturschutzgebiet welches einem eine Ahnung gibt, wie die Welt vor 8 bis 10'000 Jahren nach der Eiszeit ausgesehen haben mag.
Dann kommt die Abzweigung zum Mavora Lake. Nach Dani's Bildern zu schliessen,
welche wir gestern von dort gesehen haben, muss es wunderschön sein. Die
Strasse dorthin ist aber nicht alsphaltiert, also lassen wir das lieber
bleiben.
Es ist nicht alles nur Einöde, die wir durchfahren. Man sieht auch
bewirtschaftete Felder. Immer wieder weiden in eingezäunten Feldern ganze
Reh-Herden. Manchmal sind die Schafe nun geschoren und jetzt sehen sie aus wie
weisse, glänzende Schweinchen. Mit Red Tussock durchsetzte Wiesen und
Hügel sehen auch fast aus, als würden tausend goldgelbe Schafe darauf
weiden. Die grossen, mehr als anderthalb Meter hohen Grasbüschel leuchten
jetzt im schönsten, goldenen Glanz. In einem solchen Tussock-Schutzgebiet
warten wir einmal am Wegrand, bis die Sonne hinter den Wolken hervorkommt und den
ganzen Berg in leuchtendem Gold erstrahlen lässt.
Wir sind nun schon bald achtzig Kilometer gefahren und auf meiner Karte ist
unterwegs eine einzige Ortschaft eingetragen. Viel hat man davon nicht gesehen.
Vielleicht ein oder zwei Briefkästen am Strassenrand, aber es wird einem kaum
bewusst, dass man durch ein Dorf fährt.
Mossburn fällt doch etwas auf. Nicht nur weil von seinen Hügeln vor der
Ortschaft die unzähligen Masten einer Windfarm in der Sonne glänzen,
nein, es hat sogar fast so was wie eine Hauptstrasse. Ein Café, wo's einen
Cappuccino, aber leider nur im Pappbecher gibt und man gerade noch eine Hokey Pokey
braucht, um das Gebräu hinunter zu spülen. Auf der andern Seite der
Strasse ist die Schule und ein paar weitere Häuser. Ein grosser steinerner
Rehbock und eine Inschrift lässt einen wissen, dass Mossburn die
Reh-Hauptstadt Neuseelands sei. Oder hat etwa Deer Capital etwas mit einem
kapitalen Hirsch zu tun?
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Wieder einsame Weiten über die Five River Road. Wir haben Zeit und geniessen. In der Ferne werden die Berge langsam immer höher. Dann begleitet uns plötzlich wieder eine kurze Strecke ein Bahngeleise neben der Strasse. Wir folgen dem Wegweiser Richtung Kingston. Vielleicht gibt es dort einen schönen Bahnhof mit was zu essen, denn wir sind nun schon wieder fast achtzig Kilometer weiter gekommen. Wir finden wirklich, was wir uns vorgestellt haben. Einen liebevoll restaurierten Nostalgiebahnhof mitsamt Restaurant und davor eine abfahrtbereite, wunderschön glänzende, alte Dampflock, vorgespannt vor vier hölzernen, dampfgeheizten Oldtimerwagons, welche zum Teil noch aus dem Jahre 1898 stammen. Der Kingston Flyer, die Eisenbahnattraktion und wir kommen nichtsahnend gerade just zur Abfahrtszeit hier an. Natürlich lösen wir, anstelle des Mittagessens in der Beiz, ein Billet zu 44$ nach Fairlight retour und geniessen die zweimal 14 Kilometer Fahrt in den liebevoll zurechtgemachten, gehegten und gepflegten Nostalgiewagen durch den schönen Sommertag.
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Die erschreckten Schafe auf der Weide rennen vor dem fauchenden Ungeheuer in Sicherheit und überholen dabei fast unseren Zug. Ein gutes Stück hinter uns ist nochmals jemand auf den Schienen, ein Auto. Mit Schaufeln bewaffnet hat der Fahrer die Aufgabe, hinter dem Zug die dürren Wiesen zu beobachten, ob nicht ein gefährlicher Funkenflug ein Buschfeuer entzündet hat. Dass dies mehr als nur möglich ist, beweisen die garstigen, schwarzen Brandflecken, welche sich auf beiden Seiten der Geleise schon mehr oder weniger ausbreiten konnten.
Die Railwaystation in Kingston liegt direkt an den Gestaden des Lake Wakatipu.
Dieser hat die Form, wie unser Urnersee. Kingston wäre Altdorf und Queenstown,
unser heutiges Ziel, liegt wie Brunnen, an seinem Knie. Dort, wo etwa der
Bürgenstock ist, macht der See nochmals ein Knie und bildet hier nur einen
Arm, der bis Glennorchy reicht, nicht wie der Vierwaldstätdtersee, der hier
bis Luzern deren vier aufweist.
Der Lake Wakatipu ist ein geheimnisvoller See. Einer Maori Legende zufolge ist er
das Loch eines Riesen, das entstand, als ein mutiger Jüngling den Giganten im
Schlaf anzündete, um seine Braut zu retten, welche ihm dieser geraubt
hatte.
Dieser erstickte im Rauch und starb, die Beine im Schmerz angezogen. Sein Fett
brannte weiter, die Hitze bohrte ein tiefes Loch in die Erde und schmolz das Eis
auf den umliegenden Bergen, dessen Wasser dann das Loch auffüllte. Das Herz
aber hat nie aufgehört zu schlagen. Alle fünf Minuten steigt und
fällt der Seespiegel mit jedem Herzschlag um sieben Zentimeter.
Die Fahrt seinem in der Sonne glänzend blauen Wasser entlang, sozusagen auf
der Axenstrasse, nur ohne Tunnel, dafür etwa 40 Kilometer, ist
wunderschön.
Auch Queenstown wird wiederum mit der Schweiz verglichen, man nennt es das St.
Moritz von Neuseeland. Nur, an Verrücktheit stellt es alles in den Schatten.
Hier hat man fast das Gefühl, man werde zum Bungeejumping, Gleitschirmfliegen,
Jetbootrasen, im Klettergarten oder zum Wildwasser-Canyoning erwartet. Es ist der
Wintersportort schlechthin. Jetzt ist aber Sommer, man hat etwas weniger Rummel und
wir richten uns für zwei Nächte im Millenium Hotel in einem super
schönen Zimmer ein.
An der Info finden wir aber trotzdem noch Aktivitäten, welche unseren
Bedürfnissen eher entsprechen. Zum Beispiel ein Blick über die Gegend von
Bob's Peak aus, welchen man mit einer Gondelbahn bequem erreicht. Das ist auch das
Allererste und zwar noch heute, denn für morgen ist nicht so gutes Wetter
angesagt. Also entschweben wir doch bald in luftige Höhen, wo man wirklich
einen fantastischen Ausblick hinunter auf die Stadt hat, auf die bemerkenswerte
Bergformation der 'Remarkables' und auf den See, wo sich die TSS Earnslaw gerade
mit einer mächtigen, schwarzen Rauchwolke aus dem Hafen entfernt. Es ist ein
richtiges, kohlenbefeuertes Dampfschiff aus dem Jahr 1912. Eine Kreuzfahrt mit
diesem Raddampfer wird eine unserer morgigen Unternehmungen sein.
Wir möchten von hier noch einen kleinen Spaziergang machen, dort hinauf, wo
der Startplatz für die Gleitschirmflieger ist. Nach dem Situationsplan,
welcher einem unten bei der Talstation in die Hand gedrückt wurde, ist es etwa
eine Viertelstunde und führt ein Stück durch den Wald. Mit einem
Gratis-Sessellift kommt man noch ein Stück weiter hinauf. Nur, um jetzt den
Einstieg auf diesen Wanderpfad zu finden, ist mit Hindernissen verbunden. Beim
ersten Durchgang will man unser Billet sehen. Von da beginnt eben die Rodelbahn, zu
welcher der Sessellift gehört. Weiter drüben endet der Weg auch auf der
Plattform zum Bungeejumpen. Auch das wollen wir ja nicht. Schliesslich werden wir
doch noch fündig und auf diesem Trampelpfad begegnet man auch keiner
Menschenseele, ausser einem dahinsegelnden Matratzenflieger über uns in der
Luft.
Da die Bergstation der Gondola wenigstens ein schönes Restaurant verspricht,
wollen wir doch mal die Karte begutachten. Sie verköstigen hier eine ganze
Gesellschaft und wir können mal einen Blick auf das Buffet machen.
Renés Geschmacksnerven finden eigentlich eine mässige Auswahl. Und
für diese sind 52 Dollar ohne Getränk zuviel.
Unten im Hafen, wo die Earnslaw inzwischen wieder am Pier liegt, finden wir ein
gemütliches Beizlein. Ich bestelle mir Lammrippli, welche auf dem Teller
wunderschön angerichtet sind. Beim Ausbeineln habe ich aber ziemlich
Mühe, vor allem weil man nicht nach Herzenslust daran nagen kann.
Nächstes Mal bestelle ich mir doch lieber wieder ein Steak. Renés
Teigwaren seien jedenfalls gut und vom Garlic schmecke man nichts. Er nervt sich
wegen den fantasievollen Menünamen, worunter man sich nichts vorstellen kann
und nie weiss, was man bekommt. Da habe ich es schon einfacher. Ich bin neugierig
und probiere auch exotische und fremde Sachen mit Wonne aus.
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