Wir geniessen wieder mal ein schönes Frühstück mit richtigem,
frischem Brot aus Marg's Backautomaten. Sie hat auch verschiedene Flocken, Joghurt,
Rhabarber und frischen Fruchtsaft bereitgemacht. Marc ist draussen
beschäftigt. Mit dem Velo fährt er durch die Reihen seiner Reben und
schaltet an verschiedenen Orten seine dort deponierten Radios ein. Das irritiert
die Vögel, denn sie meinen so, es sei jemand in der Nähe.
Auf Marg's Vorschlag besuchen wir ausserhalb des Städtchens beim kleinen
Flughafen das Aviation Heritage Museum. Zuerst waren wir skeptisch, denn wir haben
doch in Wanaka schon ein Kriegsveteranen-Museum gesehen. Aber Marg hat recht,
dieses ist ganz anders aufgebaut, noch nicht lange zugänglich und eigentlich
sehr interessant. Hier beleben lebensgrosse Wachsfiguren die düstere Szene.
Ein im tiefen Dreck notgelandeter Doppeldecker, aus welchem zwei Männer den
Piloten bergen und ihn zum Rotkreuz-Auto bringen wollen. Werkstätten, wo
Flugzeugteile bearbeitet werden, oder bei einer Bruchlandung, wo die Soldaten den
Flieger noch ausweiden und Kennzeichen und sonstige Teile des Flugzeugs als
Souvenir aus den Stoffplanen heraustrennen. Am meisten fasziniert mich jene
Maschine, die in einer Baumkrone hängt. Es ist Winter und eine neblige Szene.
Eine kleine Gruppe Soldaten steht ratlos unter dem Baum im Schnee und probiert den
Piloten zu beruhigen. Andere untersuchen inmitten abgebrochener Äste ein
herabgefallenes Rad. Ein anders Flugzeug hat daneben beim zu Hilfe eilen, selbst
eine tiefe Spur in den Schnee gemacht. Eigentlich kleine Spots, welche aber
ziemlich unter die Haut gehen können. Alte Plakate machen mir fast wie eine
Ungeheuerlichkeit bewusst, dass man Kriegsobligationen kaufen konnte.
Um die Mittagszeit finden wir uns beim Highfield Estate, einem weiteren Tipp von
Marg ein. Dies ist ein grosses Weingut, welches auf Besucher eingerichtet ist. Von
einer exquisiten Speisekarte, Weindegustationen und sogar von der
360-Grad-Rundumsicht über das weite Rebbaugebiet des Savignon Blanc auf einem
extra dafür gebauten Turm und auch einem Blick von einer Passarelle in den
Weinkeller, kann man profitieren. Wir haben Glück und erhalten gerade das
letzte Schattenplätzchen im Freien. Für Gäste, die nun an den
hölzernen Tischgarnituren sitzen müssen, stehen statt Sonnenschirme,
Strohhüte und eine grosse Flasche Sonnenschutzcrème zum Gebrauch zur
Verfügung.
Ehe wir überlegen, was wir als Nächstes unternehmen, müssen wir eine
Tankstelle finden. Das Benzin hat nämlich gestern schon gebimmelt und heute
Vormittag sind wir an keiner Shell Tankstelle vorbeigekommen. Jetzt zeigt der
Aktionsradius sogar Null an. Gottseidank ist bis Renwick nicht so weit. Dort ist
aber nur eine BP und René fährt weiter. Mich trifft fast der Schlag und
ich schwöre ihm, dass ich nicht helfe, das Auto zu stossen. Zu allem
Überfluss erwischen wir eine falsche Strasse, welche in einem Umweg nach
Blenheim hinein führt. 10 Kilometer lang fühle ich mich wie ein Fakir auf
einem Nadelkissen. Und alles nur wegen dem blöden Rabatt von 4 cts.! Endlich
kenne ich mich wieder aus. Wir sind dort nach der Bogenbrücke, direkt bei
einer Tip-Top, gleich neben der Shell Tankstelle wieder auf den HW1 gestossen. Nach
diesem Schreck ist mir nun gerade eine Boysenberry-Glacé noch wichtiger als
zuerst aufzutanken. Was sind eigentlich Boysenberries? Brombeeren oder Himbeeren?
Ich meine, beide heissen anders. Die Verkäuferin zuckt nur lachend die
Schultern. - Boysenberries eben! Bei Wikipedia finde ich später heraus, dass
dies eine Kreuzung zwischen Him- und Brombeere ist und fast nur in Neuseeland
kultiviert wird. Schmecken tut sie mir jedenfalls gut.
Ausser Wein degustieren, könnte man in Blenheim laut Karte noch Hiken und
Fischen. Wir entschliessen uns, noch ein letztes Mal ans Meer zu fahren. Die
nächste Möglichkeit ist etwas ausserhalb der Ortschaft in Rarangi. Dort
kann man ausser Fischen, auch noch Surfen und Schnorcheln. Auch hier finden wir
wieder einen einsamen, menschenleeren Strand und auf der Wanderung dem Wasser
entlang 1001 Sujet für Strandgut-Stilleben von Korallengerippen,
Schwämmen, Ledertang und Venus-Perlen. Eine Handvoll von Letzteren stecke ich
mal in den Hosensack. Vielleicht kann man was daraus basteln. Am Ende der Bucht
kommen wir zu einer zerklüfteten Klippe mit einer Höhle.
Ein kleiner Pfad führt etwas auf die Felsnase hinauf und an einem schönen
Tag wie er heute ist, kann man von hier aus die Hügel der Nordinsel sehen. Es
sind etwa 50 Kilometer bis dort.
Auf dem Heimweg beginnt mich plötzlich ein unangenehmer Fussgeruch zu
stören. Bis ich merke, dass der Duft nicht meinen Füssen, sondern dem
Hosensack entströmt. So schön wie die Venus Perlen sind, es ist halt doch
eine Braunalgen-Art und wenn sie trocken werden, beginnt sich ein Duft zu entfalten
wie Schnecken, die an der Sonne austrocknen.
Beim heutigen Angebot von Restaurants, muss es für mich wieder mal ein
T-Bone-Steak sein. Beim Steak Shed gibt es 400-Grämmige. Das haben wir auf dem
Menüaushang gesehen und deshalb vertreiben wir uns noch eine halbe Stunde, bis
dort geöffnet wird, zwischen den Marktständen, welche für heute auch
am Zusammenräumen sind.
Irgendwie bin ich aber auch vom heutigen Steak enttäuscht. Ein Stück zu
400 Gramm stelle ich mir grösser vor. Oder kann es sein, dass der Knochen so
schwer ist? Dabei war auch dieser nicht mal ein richtiges 'T'.